„Kein Ausbau auf dreispurige Autobahnen“
Auf den 2.300 km Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs werden jährlich 32 Milliarden Kilometer zurückgelegt: 27,7 Milliarden km durch Pkw und 3,8 Milliarden durch Lkw. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft AG (Asfinag) hat nun einen neuen, modernen Truck-Stopp mit 112 Stellflächen an der Innkreisautobahn A8 bei Haag am Hausruck eröffnet, an dem E-Lkw aufladen können sowie Ladegut gekühlt werden kann. Grüner Strom kommt von der Photovoltaikanlage. Hartwig Hufnagl ist seit Februar 2019 Asfinag-Vorstandsdirektor. Der 47-Jährige stammt aus Vöcklabruck.
KURIER: Auf der Innkreisautobahn ist sehr viel Lkw-Verkehr. Der Wunsch nach einem dreispurigen Ausbau ist groß. Infrastrukturlandesrat Günther Steinkellner plädiert dafür. Ist der Wunsch realistisch?
Hartwig Hufnagl: Die A8 zählt mit rund 30.000 Fahrzeugen am Tag und einem Schwerverkehrsanteil von 33 Prozent zu den größten europäischen Transitrouten. Die subjektive Wahrnehmung täuscht nicht. Die Asfinag muss aufgrund sachlicher Argumente entscheiden, ob wir ausbauen oder nicht. Wir arbeiten derzeit am Verkehrsmodell 2040 mit, das Ende des heurigen Jahres bzw. zu Beginn des kommenden Jahres vorliegen wird. Es werden alle unterschiedlichen Korridore betrachtet und analysiert.
Ihre Schlussfolgerung?
Wir müssen noch zuwarten, bis dieses Verkehrsmodell 2040 erstellt worden ist. Darauf aufbauend wird entschieden, ob ein Ausbau in den nächsten Jahren erfolgt oder nicht. Derzeit ist eine Spurzulegung im Bauprogramm nicht vorgesehen.
Als die A8 vor einigen Jahren saniert worden ist, hat die Landespolitik betont, man könne von der Breite her jederzeit einen dritten befahrbaren Streifen einführen, indem man die bestehenden Fahrbahnen verschmälert.
Unsere Dimensionierung lässt eine Erweiterung der Strecken immer zu. Jede Erweiterung eines Streckennetzes bedarf aber einer fundierten Grundlage nach Schwellenwerten, auf der man die verkehrliche Zukunft prognostizieren kann. Wenn wir das Verkehrsmodell erarbeitet haben, haben wir fundierte Parameter.
Laut Asfinag-Statistik war 2023 die A1 bei Traun mit fünf Millionen Lastern die am stärksten befahrene Lkw-Strecke Österreichs. Bei der Abfahrt nach Linz kommt es täglich zu Staus. Morgens ebenso wie nachmittags von Linz auf der A7 Richtung A1. Hier ist eine eindeutige Überlastung feststellbar. Wann kommt es zwischen dem Bindermichl-Tunnel und der A1 zum dreispurigen Ausbau, der ebenfalls von Steinkellner gefordert wird?
Auch hier gilt es, diese Prognose für die Zukunft abzuwarten, dann wird entschieden.
Wie ist der Stand bei der künftigen Anschlussstelle Traun-Haid?
Das Land OÖ projektiert die Umfahrung für Haid und wir bauen deren Anbindung an die A1 bzw. A25. Es muss für Letztere aber zuerst ein Finanzierungsübereinkommen zwischen der Asfinag und dem Land OÖ erfolgen. Politisch kann es sein, dass es in den nächsten Monaten im Landtag ist. Dementsprechen werden die nächsten Verfahrensschritte unternommen, Einsprüche sind möglich. Wir rechnen mit einem Baustart für 2025, mit der Verkehrsfreigabe etwa 2027, 2028.
Wo besteht aus Ihrer Sicht die stärkste Notwendigkeit für einen Ausbau in Oberösterreich?
Mein Fokus ist g’scheiter statt breiter. Er muss immer im Jetzt liegen. Welche kurzfristigen Maßnahmen können wir ergreifen, um die Kapazitäten über unser Netz zu bringen? Da gibt es einige innovative Ansätze, vor allem in Oberösterreich, die wir hier erfolgreich getestet haben, Stichwort Ramp Metering (Zuflussregelungsanlage, Anm. d. Red.).
Wo fand diese zum Beispiel statt und wo kommt sie?
Von der Autobahnauffahrt Linz-Franzosenhausweg auf die Mühlkreisautobahn A7. Für den Ballungsraum Linz werden jetzt neue Zuflussampeln geprüft. Was man auch andenken muss, ist die Besetzung von Kraftfahrzeugen mit mehreren Personen. Pro Auto sind 1,14 Personen zu verzeichnen. Wir setzen das durch die Erweiterung des Angebots an Parkplätzen um.
Wir haben mit dem Land OÖ sechs Park-and-Ride-Anlagen mit 360 Stellplätzen errichtet, es gibt acht weitere Pendlerparkplätze im niederrangigen Netz mit 350 Stellplätzen. Weitere werden folgen. Zum Beispiel in Enns mit 100 Stellplätzen. Eine zusätzliche Maßnahme ist die Freigabe von Pannenstreifen für Linienbusse. Zum Beispiel von Gallneukirchen nach Linz mit neuen Anzeigen für den Frühverkehr.
Die Linzer Westringbrücke ist vor der Fertigstellung.
Ja, im November.
Der gesamte Westring sollte 2027 fertig sein.
Wir werden mit dem Tunnel Freinberg 2026 starten. Er wird um das Jahr 2032 fertig sein. Mit der Anbindung an die A7 wird das noch einmal eineinhalb Jahre dauern.
Die Mühlviertler Schnellstraße S10 wird von Freistadt nach Rainbach fortgesetzt, und dann weiter bis zum Grenzübergang Wullowitz.
Im November 2023 war der Spatenstich in Freistadt. Die sieben Kilometer lange Strecke bis Rainbach teilt sich in zwei Baulose. Das Erste ist der Tunnel 14, der zweite ist der Freilandbereich. Von Rainbach-Nord bis Wullowitz sind es noch einmal 8,5 Kilometer. In den ersten Teil werden wir 346 Millionen Euro investieren, er wird Mitte 2027 fertig sein. Für Rainbach-Nord bis Wullowitz hoffen wir auf einen Start 2028.
Das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren (UVP) wird 2025 eingereicht. Damit wir dann die Anbindung an die tschechische Autobahn haben. 2031 oder 2032 werden wir fertig sein.
Die Strecke dürfte sich dann zu einer Transitroute von Berlin über Dresden, Prag, Linz bis ans Mittelmeer entwickeln, weil sie durchgehend Autobahn ist. Rechnen Sie mit einer Zunahme des Verkehrs?
Wenn eine Strecke neu ist, bedeutet das eine Attraktivierung des Verkehrs. In den nächsten zehn Jahren müssen wir uns natürlich vorbereiten, was das uns bedeutet. Da gibt es von Oberösterreich die Idee mit der Linzer Osttangente. Sie ist gerade im strategischen Prüfungsverfahren Verkehr des Landes Oberösterreich.
Das Land hat bereits 2015 unter Landesrat Franz Hiesl die Freihaltung einer Route für die Osttangente verordnet.
Zuerst muss man eine strategische Prüfung verordnen. Erst dann könnte es so weit kommen, dass ein neuer Streckenabschnitt ins Bundesstraßengesetz überhaupt aufgenommen wird. Derzeit ist für uns als Asfinag nur wichtig, jene Projekte zu berücksichtigen, die im Bundesstraßengesetz Absatz 2 verzeichnen sind.
Die Baukosten sind in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Was wird der Linzer Westring tatsächlich kosten?
Wir haben derzeit Gesamtkosten von 1,2 Milliarden Euro veranschlagt. Wir beobachten genau die Steigerungen bzw. Senkungen. Die Baukostenindizes sind im Oktober 2023 leicht gesunken. Im Februar war wieder ein Anstieg zu sehen. Wir haben das in allen Kostenschätzungen immer berücksichtigt.
Infrastrukturlandesrat Günther Steinkellner will auch die Westautobahn von Sattledt bis Radau dreispurig ausbauen. Wie sehen hier die Asfinag-Pläne aus?
Es ist keinerlei Ausbau auf dreispurige Autobahnen in Planung. Es ist von eminenter Bedeutung, dass wir ein fundiertes Prognosemodell zur Verfügung haben, auf dessen Basis wir Entscheidungen treffen.
Sie haben am Montag in Haag am Hausruck einen neuen Lkw-Abstellplatz eröffnet. Diese Art von Abstellplätzen nehmen zu. Warum errichtet die Asfinag so viele? Die Attraktivität unserer Rastplätze macht den Halt hier angenehmer als in anderen Ländern. Verkehrssicherheit ist das oberste Gebot. Ausgeruhte Lkw-Lenker geben ein Mehr an Verkehrssicherheit.
Das kostet Geld, die öffentliche Hand kommt dafür auf.
Ja, es kostet Geld. In Haag investieren wir 19 Millionen Euro. Wir haben ein zukunftsweisendes Konzept erarbeitet, wo wir neben den Stellplätzen Aufenthaltsräume zur Verfügung stellen, Duschen, einen Sportpavillon, Möglichkeiten zum Wäschewaschen und Trocknen, einen kleinen Kiosk, eine All-in-Ruhezone für Lkw-Fahrer.
Die öffentliche Hand kommt dafür nicht auf, denn wir sind rein nutzerfinanziert. Es ist im Asfinag-Interesse den Rastplatz auszubauen. Wir haben zehn Ladesäulen für Lkw geschaffen, zwei mit 350 kW für High-Power-Charging und acht Ladesäulen für das Over-Night-Charging.
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