„Dinge heute für viele schwieriger“

„Nach 28-jähriger politischer Tätigkeit sind Dinge wie die Sanierung der Linzer Luft für die Jungen Geschichten des roten Großvaters“: Josef Ackerl
Der scheidende SPÖ-Vorsitzende über seine Nachfolger und die Herausforderungen

Josef Ackerl legt am 23. November den Vorsitz der oberösterreichischen Sozialdemokraten zurück. Der 67-Jährige wird am 22. Jänner auch aus der Landesregierung ausscheiden.

KURIER: Sie haben eine neue Parteiführung installiert. Was waren Ihre Beweggründe, gerade Reinhold Entholzer und Gertraud Jahn an die Spitze zu bringen?Josef Ackerl: Ich war der Meinung, dass es wichtig ist, jemand aus der Gewerkschaft zu holen. Sie ist ein Bestandteil der Sozialdemokratie. Entholzer brachte noch den Vorteil mit, dass er als ehemaliger Eisenbahner sich im öffentlichen Verkehr auskennt. Zudem ist er ein Mensch, der ordentlich mit Leuten umgehen kann, er ist ein guter Kontakter und wirkt auch aus der Nähe. Gerti Jahn kenne ich aus den 1970er-Jahren. Sie ist eine extrem gute und in die politische Tiefe gehende Frau. Ihr traue ich am ehesten zu, sozialdemokratische Sozial- und Wirtschaftspolitik zu verbinden. Sie ist eine empathische Person, die sich in andere hineinversetzen kann. Ich wünsche ihr, dass es ihr gelingt, die notwendige professionelle Distanz aufzubauen, wenn sie es mit vielen Menschen zu tun hat, die etwas wollen und mit denen man in ihren Schicksalen mitleidet. Sowohl Entholzer als auch Jahn decken das städtische und das ländliche Milieu gut ab. Wir sind ganz gut aufgestellt. Auch mit Klubobmann Christian Makor und der Landtagspräsidentin Gerda Weichsler-Hauer.

Die SPÖ ist 2009 mit 25 Prozent an einem Tiefpunkt angelangt. Was ist die Aufgabe der neuen Führung?

Es geht darum, die Situation der Partei zu verbessern. Ich werde sie dabei weiterhin unterstützen, allerdings nicht in der Form, dass ich direkt eingreife. Ich werde mich mehr um die Jungen und um die Inhalte kümmern. Wir sollten den morgen.rot-Prozess (ein Reform-prozess, Anm. d. Red.) fortsetzen. Wir müssen offener werden. Wir müssen nicht nur zu den Menschen gehen, sondern sie müssen auch zu uns kommen können, weil wir einladend sind. Unser Spektrum liegt derzeit zwischen 27 und 33 Prozent. Wir haben ein Problem, zu den Wahltagen die Menschen so zu motivieren, dass sie die SPÖ wählen. Unser Potenzial ist größer als das, was wir derzeit abrufen können. Hier muss die Bundespartei stärker arbeiten. Es müssen die Bedingungen für die Ortsorganisationen und für die Landesparteien passen. Die ÖVP liegt bei den Menschen, die sagen, sie ist für sie wählbar, zirka zehn Prozent vor uns. Die Frage wie man dieses Spektrum nutzt, hat die ÖVP auf Landesebene besser beantwortet als die SPÖ. Umgekehrt hat das die SPÖ bei der Nationalratswahl besser beantwortet als die ÖVP. Bei den Kernwählern sind ÖVP und SPÖ ungefähr gleich stark. Die SPÖ muss in der gesamten Fläche schlagkräftiger werden.

Die SPÖ hat den Wechsel in Linz und in der Landespartei gut bewältigt. Wels ist weiterhin eine Baustelle.

Ich schätze Bürgermeister Peter Koits sehr. Es ist richtig, wenn er sagt, er bleibt bis zur Wahl. Es besteht in der Welser SPÖ eine zu große Uneinigkeit. Sie hat mit den handelnden Personen zu tun, wo Uneinsichtigkeit eine Rolle spielt. Das ist nicht ohne Weiteres aufzulösen. Es wird noch einige Zeit dauern, bis die personelle Weichenstellung erfolgen kann. Es reicht, wenn das 2015 passiert. Man unterschätzt aber die Bereitschaft von Stadtparteiobmann Vizebürgermeister Hermann Wimmer, auch hier zu arbeiten. Er bezieht auch andere mit ein.

Wie sieht Ihre persönliche Bilanz aus?

Ich habe eine Mitarbeiterin in meinem Büro, die ist 25 Jahre jung. In Brüssel haben sie ihr erzählt, dass ich einmal Linzer Umweltstadtrat war und damit wesentlich mitveranwortlich für die saubere Linzer Luft. Nach 28-jähriger Tätigkeit in der Politik sind das schon die Geschichten des roten Großvaters, die da erzählt werden. Ich habe mit meinen Mitarbeitern bewirkt, dass es einen Paradigmenwechsel in der Pflege und für Menschen mit Beeinträchtigungen gegeben hat. Es wurde ein neues Sozialhilfegesetz, das Sozialberufegesetz und ein neues Chancengleichheitsgesetz beschlossen. Dazu kamen die Frauenhäuser und die Schuldnerberatung. Wir haben Reformen bei der Jugendwohlfahrt durchgeführt. In meiner Zeit sind 80 Alten- und Pflegeheime gebaut worden. Wir haben die mobilen Dienste ver-x-facht. Es gibt heute mehr als 750 Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen gegenüber früher 70. Bei allem muss man aber sagen, dass eine Kluft besteht zwischen dem, was postuliert wird, und dem, was finanziell möglich ist. Wir treten jetzt ein von der Phase des „Schöner Lebens“ in die Phase, dass man leben können muss. Die Dinge sind für viele Menschen schwieriger geworden. Für mehr Leute geht es heute darum, wie überlebe ich die nächste Zeit, als darum, was ich mir leisten kann.

Wir haben die gesetzliche Basis geschaffen, jetzt muss das Geld folgen.

Sie gelten als streitbarer Geist, Sie nennen die Dinge beim Namen.

Ich bin kein Streithansl, aber ich nenne die Dinge beim Namen. Ich bin in Wirklichkeit ein konsensualer Typ. Was mir wichtig ist, das vertrete ich auch. Für viele habe ich über das Ziel geschossen. Ich habe Dinge schon zu Zeiten zugespitzt, wo andere aus strategischen Überlegungen noch lieber Ruhe gehabt hätten. Das hat mir auch geschadet, aber es wäre nicht so viel weitergegangen, wenn ich zu den Friedfertigen gehört hätte.

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