„Je größer die Probleme, umso stärker lief ich warm“

Polytec ist durch Zukäufe groß geworden. Haupteigentümer Huemer setzt auf weitere Akquisitionen.
Der Gründer und Haupteigentümer des Autozulieferers Polytec Friedrich Huemer kommt aus armen Verhältnissen und hat sich durch Learning by Doing hochgearbeitet.

Die Polytec Group ist ein börsennotierter österreichischer Automobilzulieferer und Kunststoffverarbeiter mit Sitz in Hörsching. Friedrich Huemer (61) hat gemeinsam mit seiner Frau das Unternehmen gegründet und aufgebaut. Es beschäftigt rund 4500 Mitarbeiter und machte 2018 rund 637 Millionen Euro Umsatz. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) betrug 40 Millionen. Ende des Jahres hat Huemer den Vorsitz an seinen Sohn übergeben. Er hat in Immobilien investiert und das Marriott in Linz, das Falkensteiner in Bad Leonfelden, das AVIVA in St. Stefan am Walde, das Balanceressort Stegersbach, das Carinthia am Nassfeld, das Falkensteiner in Katschberg und in Marienbad gekauft.

KURIER: Fällt es Ihnen schwer loszulassen?

Friedrich Huemer: Ich habe nicht das Unternehmen, sondern die Position des Vorstandsvorsitzenden an meinen Sohn Markus übergeben. Das fällt mir überhaupt nicht schwer, weil es der Abschluss einer Transformation ist, die schon 2014 begonnen hat, als Markus Vorstandsmitglied geworden ist. Ich habe mir in der Zwischenzeit auch andere Aktivitäten gesucht.

Sie kommen noch immer jeden Tag ins Büro?

Für die ersten paar Wochen gilt dies tatsächlich. Ich erlaube mir vielleicht den Luxus in der Früh ein paar Minuten später zu kommen und auch früher das Büro zu verlassen. Durch die Aktivitäten, die ich mir in den letzten Jahren aufgebaut habe (Immobilien, GlobeAIR), werde ich auch in der Zukunft im Wesentlichen einen Fulltime-Job haben.

Die Automobilindustrie ist eine harte Branche, wie sehen Sie dies aus Ihrer Erfahrung?

Sie ist sicher eine der härtesten Branchen, die es gibt. Es ist die besondere Position unserer Kunden, wir sind auf Grund weniger, dafür aber sehr großer Kunden natürlich in einer gewissen Abhängigkeit und bewegen uns nicht wirklich auf Augenhöhe. Innovationen, Kostenstruktur, aber auch der generelle Umgang auf persönlicher Ebene mit den Kunden sind wichtige Voraussetzungen für den Erfolg. In Kurzform: Man braucht den Daumen der wichtigsten Kunden nach oben.

Was ist der Grund für Ihren Erfolg?

So eine Frage ist grundsätzlich schwierig zu beantworten. Meiner Meinung nach ist es eine Mischung aus harter Arbeit, Risikobereitschaft, natürlich auch Gespür für ein Geschäft inklusive Verhandlungsgeschick, auch Glück und zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein gehören dazu. Was mich vermutlich jedoch am meisten auszeichnet und von vielen unterscheidet ist, dass ich immer nach dem Grundsatz gelebt habe, Chancen nützen und Probleme meistern. Jeder Mensch hat in seinem Leben Chancen und jeder hat Probleme. Ich habe meine Chancen genützt, die Probleme gemeistert, viele andere lassen Chancen vorbeigehen und jammern über die Probleme. Ein weiterer Faktor ist bei mir wahrscheinlich auch meine extrem ausgeprägte Einsatzbereitschaft, welche meiner Herkunft entspringt. Ich komme aus ganz armen Verhältnissen, mir wurde nichts geschenkt und habe mir alles selber erarbeitet.

Wie hat sich Ihre Herkunft aus einfachen Verhältnisse in der Firma ausgewirkt?

Natürlich war ich auf Grund meiner Herkunft nicht gerade zum Unternehmer geboren. Als ich mich 1986 mit damals 29 Jahren selbstständig gemacht habe, war mein Ziel, ein Unternehmen mit 20-30 Mitarbeitern aufbauen zu wollen. Da ich dieses Ziel nach zwei Jahren schneller als geplant erreicht hatte, habe ich mir neue Ziele gesetzt und so ist das schrittweise weitergegangen. Meine persönliche Weiterentwicklung kann ich mit „Learning by Doing“ beschreiben. Ich bin mit der Aufgabenstellung gewachsen, meine überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft hat sich immer dann gezeigt, wenn Probleme anstanden. Je größer die Probleme waren, umso stärker bin ich warmgelaufen. Das hat mich geprägt und ist Basis für den Erfolg.

Die Automobilindustrie ist wegen des Dieselskandals in der Krise. Wie stark spüren Sie sie?

Bis Anfang letzten Jahres haben wir erfreulicherweise praktisch nichts gespürt, obwohl wir bekanntlich einen nennenswerten Anteil unsers Umsatzes mit Motorteilen aus Kunststoff und überwiegend für Dieselmotoren herstellen. Erst in Verbindung mit dem Thema WLTP-Prüfnorm (Messung des Fahrzeugverbrauchs und des Ausstoßes) sind wir zuletzt sehr deutlich und negativ betroffen. Vor dem in Kraft treten wurden Autokäufe vorgezogen, durch die Tendenz zum Benzin- anstelle Dieselmotor, konnten wir davon leider nicht profitieren. Mit Inkrafttreten von WLTP haben uns teilweise stark rückläufige Absatzzahlen unserer wichtigsten Kunden, insbesondere im letzten Quartal sehr deutlich negativ getroffen.

Wie wird es weitergehen?

Wir gehen davon aus, dass sich das Ganze in der nächsten Zeit normalisieren wird. Auch wenn unsere Umsätze und Ergebnisse im letzten Jahr im Vergleich zu 2017 spürbar zurückgegangen sind, darf man nicht übersehen, dass dies von einem sehr hohen Niveau ausgegangen ist, mittelfristig gehen wir wieder von Ergebnisverbesserungen aus. Es gibt andere Zulieferer, die vorher schon schwächer waren und die diese Krise unter Umständen nicht überleben. Bekanntlich hat sich die Polytec Group über viele Jahre vor allem über Akquisitionen entwickelt. Das Thema Akquisitionen, wenn andere in der Krise sind, war immer schon meine Leidenschaft und hat sich zu einer DNA unseres Unternehmens entwickelt. Wir sind zuversichtlich, dass sich in der nächsten Zeit Möglichkeiten ergeben.

Welche Firmen haben Sie im Auge?

Wir haben immer irgendetwas im Auge, in letzter Zeit waren wir diesbezüglich nicht so erfolgreich, weil es allen zu gut gegangen ist und es deshalb Preisvorstellungen gegeben hat, bei denen wir nicht zusammengekommen sind. Wir sind aber optimistisch, dass wir in nächster Zeit wieder Steigerungen durch Zukäufe haben werden. Wir haben 40 Prozent Eigenkapital und ausreichend Cash.

Die Autoindustrie steigt nun voll in die Produktion von Elektroautos ein. Was halten Sie davon?

In Relation zum derzeitigen Hype bin ich diesbezüglich zurückhaltend. Derzeit ist ein Bashing gegen den Verbrennungsmotor im Gang, welches die Wurzeln in populistischer Politik hat. Die deutsche Politik, hat hier Maßnahmen gesetzt, die nicht nachvollziehbar sind. Sie hat die deutsche Autoindustrie stark geschädigt. Die Einführung von WLTP ohne ausreichender Übergangszeit und vor allem auch Fahrverbote, welche durch völlig ungerechtfertigte Grenzwerte begründet werden, schädigen Autohersteller, aber auch Autobesitzer. Auch wenn der ursprüngliche Schwindel mit Abgaswerten ein unverzeihlicher Fehler der Autoindustrie war, sollte nicht übersehen werden, dass der Schaden bei den Autokäufern nicht durch die Automobilkonzerne, sondern aus meiner Sicht durch diese falsche Politik entstanden ist.

In Deutschland haben sich nun mehr als hundert Lungenfachärzte zusammengeschlossen, welche belegen, dass die Grenzwerte viel zu niedrig sind, trotzdem ist die Politik nicht bereit Entscheidungen zurück zu nehmen, vermutlich weil sie dann Fehler eingestehen würden. Ich bin fest davon überzeugt, dass Elektroautos (reine Elektroautos und nicht Hybrid) im städtischen Bereich Sinn machen, um lokal Menschen und Umwelt zu schonen. Ein Elektrofahrzeug mit Batterie wird jedoch auch in Zukunft kein vollwertiger Ersatz für Fahrzeuge, welche lange Strecken zu jedem Zeitpunkt zurücklegen müssen. Ich persönlich glaube, dass langfristig dafür die Brennstoffzelle auf Solar bzw. Wasserstoffbasis der Ersatz sein wird.

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