"In Oberösterreich spielt die industrielle Musik"

Thomas Stelzer
Thomas Stelzer. Der Landeshauptmann will Oberöstreich neben Wien zum zweiten pulsierden Zentrum in Österreich machen.

Thomas Stelzer (50) ist seit 6. April 2017 Landeshauptmann von Oberösterreich.

KURIER: Ludger Wößmann, Bildungsökonom an der Universität München, der soeben den renommierten Gustav-Stolper-Preis der deutschen Wirtschaftswissenschafter erhalten hat, hat in internationalen Vergleichsstudien belegt, dass ein sehr enger Zusammenhang zwischen mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen und dem Wohlstand eines Landes besteht. Länder mit guter Mathematik-, Physik-, Chemie-, Bio- und IT-Bildung werden reich, bei einem schwachen naturwissenschaftlichen Bildungsniveau bleibt man arm. Sehen Sie sich dadurch in Ihrem Bestreben bestätigt, die Technik auszubauen, um damit den Standort zu stärken?

Thomas Stelzer: Wir stehen am Standort Oberösterreich vorvielen Herausforerungen. Eine ganz zentrale ist, genügend gebildete Menschen für den wirtschaftlichen Aufschwung zu haben. Ich kenne fast kein Unternehmen, das nicht Mitarbeiter sucht. Vor allem in den technisch-naturwissenschaftlichen Bereichen. Darum bemühen wir uns, hier Schwerpunkte zu setzen. Wir bemühen uns die Linzer Kepler Universität so attraktiv zu machen, dass sie in diesem Themenfeld nationale und internationale Anziehungskraft ausübt. Wir reden von der Linzer Ingenieurskunst.

Auch die Lehre ist mir ganz wichtig. Wir sehen, dass sich zuwenig junge Menschen für die Lehre entscheiden.Wir benötigen sie ganz dringend. Das ist eine andere Facette derselben Diskussion.

Ist es realistisch, angesichts des Budgetlage zusätzliche Gelder für die Linzer Universität zu bekommen?

Es muss realistisch sein, denn das ist kein regionalpolitisch oder provinzgetriebener Gedanke. Oberösterreich ist für den Standort Österreich sehr wichtig, hier spielt die industrielle Musik. Wir sind für die Wirtschaftskraft und das gesame Steueraufkommen von großer Bedeutung. Damit wir das in der Dimension bleiben können, brauchen wir die Weiterentwicklung. Die Investition in den Universitätsstandort hilft nicht nur dem Bundesland, sondern ist für den gesamten Wirtschaftsstandort Österreich wichtig. Wir fordern das vehement und lautstark ein. Die Kepleruniversität wird mit einem Anteil von fünf Prozent am gesamtuniversitären Kuchen ohnehin ein wenig stiefmütterlich behandelt.

Behindern die Investitionen für die neue Medizinfakultät den geplanten Ausbau der Technik?

Das glaube ich nicht, denn wir benötigen die zusätzlichen Mediziner. Diese werden in ganz Österreich gesucht. Wir, das Land und die Gemeinden, tragen finanziell selbst kräftig zur Medizinfakultät bei. Daher darf uns das nicht zum Nachteil gereichen, das werden wir uns auch nicht gefallen lassen.

Das Land hat eine Schuldenbremse beschlossen, es wird in allen Bereichen gespart. Wird es weniger Museen geben?

Es ist wichtig, dass wir zuerst definieren, wohin wir wollen. Wir wollen den Standort festigen, damit es genügend Arbeitsplätze gibt. Das braucht gewisse Schwerpunkte und Investitionen, wie zum Beispiel in das Breitband. Wir wollen zusätzliche Wohnplätze n für Menschen mit Behinderungen schaffen. Wenn man Schwerpunkte setzt, kann man nicht so tun, als könne man sich alles wie bisher im selben Ausmaß leisten. Deshalb ist die Schuldenbremse von Vorteil, denn es sind in der Regierung alle verpflichtet, ein Null-Schulden-Budget zu erstellen. Jeder muss beitragen, dass wir uns die Schwerpunkte leisten können. Das bedeutet, dass in gewissen Bereichen reformiert und gespart werden muss. Daher schließe ich auch meine eigenen Ressorts nicht aus, auch nicht die Kultur. Wir wollen uns so aufstellen, dass wir auch glänzen können. Wirwollen in den einzelnen Häusern Schwerpunkte setzen. Unabhängig davon, ob sie der Stadt Linz oder dem Land OÖ gehören.

Bei der Diskussion im Landtag haben Sie gemeint, es sei nicht hinnehmbar, dass der Bund für die Bewohner von Wien 35 Euro pro Kopf in der Kultur ausgibt und für die Oberösterreicher lediglich 11 Euro.

Es ist leider so. Für den Bau des Musiktheaters hat das Land nur 25 Millionen Euro erhalten, obwohl es mehr als 180 Millionen gekostet hat. Ich kann die derzeitige Aufteilung nicht akzeptieren. Denn Wien hat sowieso schon die Staatsoper, das Burgtheater und die Bundesmuseen. Und darüber hinaus erhält es nochmals drei Mal so viel für die Kultur wie Oberösterreich. Das ist höchst ungerecht.Ich kann es daher nicht akzeptieren, wenn der Kulturminister meint, das Land macht das nicht gut. Ich lade ihn ein, sich selbst einzubringen. Da kann er viel aufholen.

Wien wird stets bevorzugt. Der Bund bezahlt die U-Bahn, wenn Linz eine Straßenbahn benötigt, bekommt die Stadt vom Bund nichts.

Das sind genau die Themen. Das Steueraufkommen wird von den erfolgreichen Wirtschaftsstandorten wie Oberösterreich wesentlich erbracht. Deshalb muss vom gesamten Kuchen mehr für die Wirtschaftsstandort Oberösterreich kommen. Wir setzen auf die neue Bundesregierung, dass das gerechter gestaltet wird. Wir wollen neben Wien das zweite große pulsierdende Zentrum in Österreich werden. Ein Land der Möglichkeiten.

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