Im Mekka der Literatur angekommen

Autorin Karin Peschka
Die gebürtige Eferdingerin räumt bei der Bachmannpreis-Verleihung 2017 ab.

Früher war für Karin Peschka die Literatur eine wichtige Tür zur Außenwelt. Heute bietet sie selbst Lesestoff . Damit ist sie nun im Mekka der deutschsprachigen Literatur angelangt. Bei der 41. Verleihung des Bachmannpreises hat die in Wien lebende Oberösterreicherin gleich zwei Preise eingeheimst. Für ihre Erzählung "Wiener Kindl" erhielt sie im Rahmen der renommierten Literaturveranstaltung den mit 7000 Euro dotierten Publikumspreis sowie das Stadtschreiberstipendium der Stadt Klagenfurt im Wert von 5000 Euro.

"Ich bin mit keinen großen Erwartungen hingefahren, allerdings hatte ich Vertrauen in meinen Text, was meine Nervosität zügelte", sagt die 50-Jährige im Gespräch mit dem KURIER.

Ingeborg Flachmann

In ihrer Nervosität wurde Peschka rührend von ihrer Eferdinger Fangemeinde aufgefangen. In ihrer alten Heimat hält sie sich häufig am Wochenende auf. Im Rahmen einer Feier ist hier der Ingeborg Flachmann entstanden, also Hochprozentiges für die Nerven. "Die Unterstützung meiner Freunde hat mir sehr geholfen. In der Sekunde des Vortrags war ich ganz ruhig. Die Leute im Publikum haben den Text mitgelesen, es wurde sogar gemeinsam umgeblättert", erinnert sie sich an ihren Auftritt im ORF-Theater Klagenfurt.

Ihre Kindheitserlebnisse im elterlichen Gasthaus "Zum Roten Krebs" in Eferding haben sie zum Schreiben gebracht. Das Lesen sei eine Art Flucht gewesen, erklärt sie. "Wir mussten im Betrieb viel mitarbeiten und führten kein gewöhnliches Familienleben." Um diese Zeit zu überstehen, zieht sie sich in ihre eigene Bücherwelt zurück. Sie denkt in Bildern und schreibt diese bereits als zehnjähriges Mädchen auf. In der Pubertät werden die Gedichte immer dramatischer. Peschka schreibt Schmerzgedichte. Zu diesem Zeitpunkt fühlt sie sich äußerst missverstanden von der Welt. Heute sieht sie ihre frühen Werke mit viel Skepsis: "Meine Mutter mag ein Gedicht aus dieser Zeit sehr. Ich persönlich nehme sie nicht mehr zur Hand."

Für Peschka bedeutet das Schreiben nicht nur Hinsetzen und etwas zu Papier zu bringen. Sie versucht einen bestimmten Zustand in Worte zu fassen. "In einem Text aufgehoben zu sein, bedeutet für mich eine sehr hohe Spannung und etwas ungemein Erfüllendes. Es ist ein gesamter Prozess. Er führt vom Impressionen sammeln bis zum Aufschreiben", verrät sie. Schreiben kann sie überall. "In Wien habe ich zwischen Bett und Wäschetrockner meinen Schreibtisch. Ich kann aber auch im Kaffeehaus arbeiten. Lärm ist mir dabei egal. Ich habe auch schon in der Straßenbahn getextet." Gerne schreibt sie auch in Eferding. Dort haben ihr die Eltern ein Arbeitszimmer eingerichtet und im Sommer wird bei Schönwetter im Garten unter den Obstbäumen gearbeitet.

Bescheidenes Leben

Seit zehn Jahren kann sie von der Schriftstellerei leben. "Dank Glück und bescheidenem Lebensstil", wie sie erklärt. Basis ihrer Existenz sind Preise und Stipendien. Für ihr Erstlingswerk "Watschenmann" erhielt sie 2013 den Literaturpreis Wartholz. Für das Nachfolgewerk "FanniPold" wird sie 2015 mit dem Elias-Canetti-Stipendium ausgezeichnet.

Die Autorin hat aber immer auch einige Stunden pro Woche abseits des Literaturbetriebs gearbeitet. In der Lebenshilfe betreute sie Jugendliche. Heute wartet die Autorin auch Homepages. "Grundsätzlich kann man als Autor in Österreich eher schwer leben. Bei mir hat sich das eben gut gefügt."

Peschka schreibt am liebsten über Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen. So auch in der Kurzgeschichte "Wiener Kindl". Hier erzählt sie das Schicksal eines Kleinkinds, das in Wien zur Zeit des Zweiten Weltkriegs durch einen Bombeneinschlag ihre Eltern verloren hat. Auf sich alleine gestellt und inmitten eines Hunderudels muss es nun überleben.

Die Autorin widmet sich in ihrem Werk auch der Gewalt und Aggression. Inspirationen für ihre Themen hat die studierte Sozialarbeiterin genug gesammelt. Peschkas Lebensgefährte, ein Architekt, gestaltet die Buch-Covers. Sohn Anton ist in der Gastronomie tätig. Hier schließt sich der Kreis. Die Großeltern haben das Eferdinger Gasthaus 1931 gekauft. Als wegen der neuen Autobahn immer weniger in die Stadt kamen, war es nicht mehr zu halten, erzählt die Autorin. Gemeinsam mit ihrer Schwester hat Peschka das alte Gasthaus in die Kulturstätte "Eferdinger Gastzimmer" umfunktioniert. Für eine geringe Miete können hier seit November 2016 Künstler ihre Werke ausstellen. Das Haus ist auch offen für Lesungen und Konzerte.

Auch Vater Peschka greift regelmäßig zur Feder bzw. in die Tastatur. Mit 84 Jahren ist er einer der ältesten Blogger weltweit. Unter dem Titel "Herr Peschka kocht" schreibt er Kochrezepte und teilt sie mit seinen Anhängern. "Für den Bachmannpreis hat er sein Kärntner Reindling-Rezept veröffentlicht", erzählt sie stolz. www.gastzimmer.at

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