„Ich habe Zahlen gern, und ich glaube, sie mich auch“
Stefanie Christina Huber ist seit Jahresbeginn Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Oberösterreich. Die Bank beschäftigt mehr als 1.700 Mitarbeiter und führt 162 Filialstandorte. Die Bilanzsumme betrug 2018 rund 12,7 Milliarden Euro, der Gewinn 62 Millionen Euro. Die 45-Jährige lebt mit ihrem Partner in Wilhering, wo sie am Stiftsgymnasium maturiert hat. Nach dem Studium der Angewandten Statistik an der Johannes Kepler Universität ist sie 1999 über ein Traineeprogramm in die Sparkasse eingetreten. „Ich habe die Zahlen gern, und ich glaube, sie mich auch.“
KURIER: Es gibt nur ganz wenige Frauen an der Spitze einer Bank. Warum ist das so?
Stefanie Christina Huber: Vielleicht trauen wir uns zu wenig zu, und wir wollen alles perfekt machen, bevor wir den nächsten Schritt wagen. Es fehlt uns Frauen manchmal ein Stück Mut. Überbordender Perfektionismus behindert uns auch.
Das Bankwesen hat ein konservatives Image, weil es wesentlich um die Sicherheit des Geldes geht. Liegt es an diesem Konservativismus, dass es für Frauen an der Spitze schwieriger ist?
Ich muss das für unser Institut verneinen. Ich hatte von Anfang an Menschen, die an mich geglaubt haben. Das ist ein Punkt, der auch entscheidend ist. Man muss es sich selbst zutrauen und man braucht Förderer.
Was sind die Gründe, warum Sie Chefin geworden sind?
Ich bringe das nötige Talent mit und meine Stärken sind genau zu dem Zeitpunkt gefragt ...
... welche sind die?
Sie liegen sicherlich im Zwischenmenschlichen. Das ist einer der wesentlichen Punkte in der Leadership, nämlich Menschlichkeit und Teamfähigkeit. Weiters Mut zusprechen zu können und nicht nachzulassen, sondern Durchhaltevermögen zu zeigen. Sich selbst herauszufordern und selbstkritisch zu sein sind wichtige Punkte, um weitere Schritte in der Karriere gehen zu können.
Wo sind Ihre Schwächen?
Vielleicht manchmal in einer zu überbordenden Selbstkritik. Man sieht sich vielleicht selbst kritischer als andere einen sehen. Deshalb sind Förderer auch so wichtig.
Die Digitalisierung verändert das Bankgeschäft ähnlich tief greifend wie andere Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft. Die Hypo NÖ gab nun bekannt, das papierene Sparbuch einzustellen. Wie lange wird es das papierene Sparbuch in Ihrem Haus noch geben?
Wir haben überhaupt keine Tendenzen, etwas abzuschaffen. Es gibt zwei Welten, die nebeneinander bestehen können: die analoge und die digitale. Hier gibt es unterschiedliche Bedürfnisse bei unseren Kunden. Wir wollen die Technologie dort einsetzen, wo sie Kundenbedürfnisse abdeckt, aber nicht dadurch Dinge abschaffen, die Bedürfnisse für andere Kundengruppen deckt.
Sie lassen das also den Kunden entscheiden?
Richtig. Wir sind sehr kundenzentriert. Wir wollen das Vertrauen nicht durch voreilige Schritte verletzen.
Wo werden Sie als neue Chefin Schwerpunkte setzen?
Sie haben den laufenden Transformationsprozess schon angesprochen. Wir sind gerade dabei, eine Strategie zu entwickeln. Wir werden dann sehen, wo die Schwerpunkt sind. Der Kernpunkt ist die Kundenzentrierung. Dann vereinbaren sich auch Wirtschaftlichkeit und Kundennähe sehr gut.
Gibt es nicht Punkte, wo Sie sagen, da muss ich als neue Chefin draufgehen?
Wir müssen die Digitalisierung vorantreiben. Nicht nur für die Kunden, sondern auch im Sinn der Steigerung der Effizienz. Die Schnelligkeit wird dann für die Kunden spürbar.
Und auch in der Gewinnsteigerung für die Bank.
Wenn wir die richtigen Prozesse angreifen, die die Kundenbindung verstärken und gleichzeitig Wirtschaftlichkeit bringen, dann gehen wir die richtigen Schritte in die Zukunft.
Die traditionellen Bankhäuser sind aufgrund neuer Bezahlmodelle und Internetbanken unter Druck. Die Erste Bank ist an Ihrem Haus beteiligt und sie kooperieren mit den Wienern. Kann unter den neuen Voraussetzungen Ihr Haus die Selbstständigkeit auf Dauer bewahren?
Ich bin davon überzeugt. Denn genau diese Gruppenkooperation, aber auch Kooperationen mit Fintechs (Finanztechnologie, Anm.) und Partnerschaften mit sehr innovativen Firmen werden unsere Selbstständigkeit sichern. Wir sehen unsere Zukunft zumindest ebenso lange gesichert wie wir schon bestehen. Wir blicken auf eine 170-jährige Geschichte unseres Hauses zurück und auf eine 200-jährige der Sparkasse. Wir haben Transformation gelernt. Die Weiterentwicklung ist ein stetiger Prozess. Es war einmal das Sparbuch die Innovation, jetzt ist es George (Internetbanking, Anm.). Ich sehe die Sparkasse noch immer mit ihrem Gründungsgedanken verankert, für den Wohlstand der Menschen zu sorgen und niemanden auszuschließen.
Die moderne Bankenwelt ist auch von Fusionen geprägt. Werden Sie kleinere regionale Sparkassen übernehmen?
Wenn dort Tendenzen und Wünsche entstehen, weil sich die Wirtschaftlichkeit nicht mehr rechnen würde, sind wir nicht abgeneigt. Aber es sind wirtschaftlich erfolgreiche, kleinere Sparkassen.
Wie wollen Sie die Sparkasse im oberösterreichischen Wettbewerb mit Raiffeisen, der Oberbank und den kleineren Häusern positionieren?
Wir sehen uns als eine der drei starken Banken bzw. Bankengruppen. Wir wollen unsere Position nicht nur verteidigen, sondern ausbauen. Wir sind vor Ort, wir holen die Kunden bei Ihren Bedürfnissen ab. Das gibt uns die Chance, noch weiter zu wachsen.
Manchen Banken setzen stärker auf das Firmengeschäft als auf den Einzelkunden (retail), weil die Gewinne höher sind. Werden Sie das ebenfalls machen?
Bei uns sind das zwei gleiche Säulen. die das Haus tragen. Man muss vorsichtig sein zu sagen, das Retailgeschäft ist mit den klassischen Produkten nicht mehr so ertragreich. Wir fühlen uns der finanziellen Gesundheit aller Kunden verpflichtet. Alles, was für den Kunden etwas bringt, ist meist auch für uns wirtschaftlich erfolgreich.
Es gibt Banken, die ihre Filialen reduzieren. Werden Sie das auch machen?
Wir optimieren unsere Filialstruktur laufend. Wir schauen, wo wir die größten Kundenströme haben. Wir versuchen regional verankerte Kundencenter zu schaffen. Wir wollen dorthin, wo das größte Kundenaufkommen ist, damit es die Kunden bequem haben. Die Wege dürfen nicht zu weit werden.
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