Himmel und Erde sind verbunden

Die Bauern räuchern ihr Wohnhaus und auch die Ställe
In der Silvesternacht zieht das Wilde Heer herum – Der 31. ist auch der Orakeltag.

Vom 24. Dezember bis zum 6. Jänner sind die Raunächte, die eine besondere Zeit sind. In diesen zwölf Tagen wird traditionell geräuchert. "Das Räuchern bedeutet ebenso wie die Raunächte die Verbindung von Himmel und Erde. Man hat etwas Materielles, das in Rauch aufgeht. Es ist ein Opfer für die Götter, für Gott, für das Heilige, was wir über das Jahr angesammelt haben", erläutert Nina Stögmüller, die zu diesem Thema zwei Bücher verfasst hat. "Ich räuchere am liebsten mit Weihrauch. Man will das Alte, das Schwere vom Vorjahr binden und dann freilassen. Der Weihrauch hat antibiotische Wirkung. Man hat in den Stallungen und in den Kirchen desinfiziert. Räuchern war auch in ein wichtiges gesundheitliches Ritual."

Die Wilde Jagd

Einer der wichtigsten Tage in den Raunächten ist der 31. Dezember. Am Silvestertag hat die Wilde Jagd ihre hohe Zeit. Darunter hat man sich ein Heer aus unerlösten Geistern vorgestellt. Das hat auch den Brauch ausgelöst, dass man keine Wäsche aufhängen soll. Weder im Haus noch außer Haus. Der Überlieferung nach zieht das Wilde Heer herum und könnte sich in einem Wäschestück verfangen. Das Heer könnte dann während des neuen Jahres zurückkehren und den Besitzer holen. Das Wäschestück wird dann das Leichentuch.

Himmel und Erde sind verbunden
Nina Stögmüller
Stögmüller: "Wenn ich in meinen Lesungen davon erzähle, merke ich, dass noch viele diesen Brauch kennen. Vor allem Frauen. Die Regel hat auch einen praktischen Hintergrund. Die Frauen mussten eine Zeit lang nicht zum Bach gehen und bei der Kälte Wäsche waschen. Das war eine harte Arbeit und die Regel eine Erleichterung." Das Wilde Heer hat in den Häusern nachgesehen, wie es dort ausschaut. So hat sich der Brauch des Weihnachtsputzes entwickelt. Vor Weihnachten sollten Haus und Hof in Ordnung sein. Wenn das Wilde Heer Unordnung sieht, dann kommt es und teufelt wild um. Stögmüller: "Den Weihnachtsputz können wir auch auf uns Menschen ummünzen. Wir sollen schauen, dass wir uns wohlfühlen und alles in Ordnung haben."

Lärm gegen Dämonen

Aus der Wilden Jagd haben sich die Lärmbräuche entwickelt. Da es noch kein Böller- und Raketenschießen gab, haben die Menschen mit allem Möglichen Lärm gemacht. Sie griffen unter anderem zu Dreschflegeln, um das Böse und die Dämonen abzuwehren und sie auszutreiben. Die Bräuche sind unterschiedlich. In Salzburg schießen beispielsweise die Weihnachtsschützen.

Orakeltag Silvester

Der 31. Jänner ist auch ein wichtiger Orakeltag. Das beste Beispiel dafür ist das Bleigießen. Stögmüller: "Blei ist wieder ein gutes Beispiel für die Verbindung von Himmel und Erde. Es ist zuerst fest, wird dann flüssig und wieder fest. In manchen Regionen hat man die Art des Schattens einer Kerze gedeutet."

Der Neujahrstag ist ebenfalls wichtig. Denn es heißt, was man am Neujahrstag macht, das tut man das ganze Jahr. Auch das sich gegenseitig Gute-Neue-Jahr-Wünschen hat nach wie vor Tradition. Stögmüller: "In meinem Märchen zum neuen Jahr geht es um einen grantigen Bauern, der nur zum Neujahrstag freundlich ist. Dann kommt die Frau Percht und liest ihm die Leviten. Der Bauer ändert sich. Im Märchen geht es immer gut aus. Der Neujahrstag ist dazu da, um das neue Jahr zu begrüßen und um Reflexion zu betreiben." In der Zeit der Raunächte habe man eine bessere Verbindung zur eigenen Intuition, zur Anderswelt. "Man kann zu sich selbst besser Kontakt aufnehmen."

Perchttag am 5. Jänner

Der Höhepunkt der Raunächte ist der 5. Jänner, der Perchttag. Die Perchten haben ihren Auftritt. Bekannt ist zum Beispiel der Glöcklerlauf. Das sind die Schönperchten. Die Schiachperchten sind jene, die gruselig ausschauen. Die Schön- und Schiachperchten kommen alle von der Frau Percht. Sie haben sich von ihr abgespalten. Die Frau Percht ist ganzheitlich und hat Gutes und Böses in sich. Sie ist eine Muttergöttin, die den ganzen Jahreskreis mitgeht. Stögmüller: "Im Winter ist sie die Greisin, deshalb ist sie auch so dämonisiert worden. Eigentlich ist sie aber eine Lichtgestalt.Sie hilft dabei, das Jahr abzuschließen und den Frühling zurückzubringen. Sie hat auch viel mit der Frau Holle zu tun. Die Perchten sollen die Dämonen vertreiben, obwohl sie selbst so dämonisch ausschauen. Das bot den Menschen die Möglichkeit sich mit den Tierfellen in Dämonen zu verwandeln und etwas zu unternehmen, die kalte Jahreszeit zu vertreiben. Man hat sich früher auch das Kalte und Raue als Geistwelt vorgestellt. Es gab noch keine Wissenschaft, man konnte sich die Dinge nicht erklären. Die Menschen haben eigene Ideen entwickelt, was man dagegen tun kann."

Die Perchten haben auch dazu gedient, die Menschen gesund zu schlagen. Die Erde ist bestampft worden, die Menschen haben ihre Tänze vollzogen, damit die Erde wieder aufwacht. Man hat immer alles im Jahrkreis gesehen. Im Winter war es wichtig, einen Schutz zu haben. Besonders in den Raunächten. Deshalb haben sich viele Abwehrbräuche entwickelt.

Der 6. Jänner, der Dreikönigstag, bildet den Abschluss der Raunächte. Hier geht es um die Haussegnung. Stögmüller: "Die Heiligen Drei Könige waren früher die Heiligen Drei Madeln und noch früher die Heiligen Drei Bethen. Das sind drei Schicksalsgöttinnen, die für die Haussegnung zuständig waren und ihre Wurzeln in der Frau Percht haben. Es ging hier auch um die Kreidezeichen. Mit Kreide schreiben die Heiligen Drei Könige ihren Glücksspruch an die Tür. Kreide war immer etwas Magisches und Heiliges, mit Kreide hat man einen Bannkreis gezeichnet."

Am 7. Jänner darf man gestärkt ins neue Jahr starten.

Der Verlag Pustet hat drei Raunächte-Tagebücher zur Verlosung zur Verfügung gestellt. Die ersten drei Mails an oberoesterreich@kurier.at gewinnen.

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