„Hier geht ordentlich die Post ab“
Das neue Nationalstadion bekommt die weltgrößte Überdachung." So titelte am Freitag „The Straits Times", die dominierende Zeitung des Stadtstaates, über die neueste Errungenschaft Singapurs. Die Spannweite werde 310 Meter betragen, allein das computergesteuerte Schließen und Öffnen des 75.000 großen Daches werde 25 Minuten dauern. Im November 2013 soll der eine Milliarde Euro teure Bau fertig sein. Das Stadion steht für das, wonach Singapur strebt: Man will sich mit den Spitzen der Welt messen.
Um als so kleiner Staat überleben zu können, bedarf es großer Anstrengungen. Diese bauen auf drei Grundsätzen auf: Alle sozialen, religiösen und ethnischen Kulturen sind gleich. Keine Korruption, wir wollen ein sauberer Staat sein. Daher gibt es auch kein Trinkgeld. Militärische Stärke. Wehrpflicht ist zwei Jahre, dazu kommen bis zum 40. Lebensjahr jährliche Übungen.
„Singapur ist wie ein nordeuropäisches Land", sagt Volker Ammann, der österreichische Wirtschaftsdelegierte. Der Stadtstaat ist bekannt als Finanzzentrum und Umschlagplatz für Schiffsgüter. Ausländische Firmen sind von Singapur begeistert. So wird beispielsweise Rolls-Royce hier ein Werk für Flugzeugturbinen eröffnen. Investitionen machen sich bezahlt. Das 2600-Betten-Hotel Marina Bay Sands, das auf den Dächern seiner drei Türme einen 150 Meter langen Swimmingpool hat, spielte die Kosten von 4,5 Milliarden Euro bereits nach einem Jahr herein.
Für Geschäfte ist Singapur ein idealer Standort. Die Steuern sind niedrig, erst ab einem jährlichen Einkommen von 200.000 Euro werden 20 Prozent fällig. Alle sprechen Englisch, die Stadt hat westlichen Standard. Weil die Nachfrage hoch ist, steigen die Immobilienpreise jährlich um vier bis fünf Prozent. Das Leben ist teuer, eine 100--Wohnung kostet vier bis fünf Millionen Euro.
Toyota Camry
Autofahren ist ebenfalls nicht gerade billig. So kostet ein Toyota Camry zwar nur 25.000 Dollar, aber die Steuern und Fahrbewilligungen ergeben schließlich einen Kaufpreis von 120.000 Singapur-Dollar. Ein Road-Pricing-System verteuert das Autofahren nochmals. Ammann erzählt, dass ihn das nochmals 200 Dollar im Monat koste. Österreichische Firmen nutzen bereits die sich bietenden Chancen. Raiffeisen International ist mit 150 Mitarbeitern vertreten, Miba verkauft von hier aus seine Gleitlager nach ganz Asien. Andritz und Engel aus Schwertberg tun dies ebenso. Alpine Salzburg hat beim U-Bahnbau fünf Tunnelbohrer im Einsatz. Das Ingenieurbüro Geoconsult plant mit seinen 60 Mitarbeitern Highways, Kabelschächte und U-Bahnen. Rosenbauer adaptiert Feuerwehrfahrzeuge für den asiatischen Markt.
Die Firma AMST aus Ranshofen betreibt Flugsimulationsanlagen für Kampfpiloten. „Man muss vor Ort sein und Präsenz zeigen", erläutert Ammann die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Auftritt. Es seien bereits mehr als 8000 europäische Firmen hier vertreten. „Ich bin gerne da, hier geht ordentlich die Post ab."
Bilanz: "Wir können uns viel abschauen"
Welches Fazit zieht die Wirtschaftsdelegation aus Oberösterreich, die in den vergangenen acht Tagen Malaysia, Indonesien und Singapore bereist hat? „Es handelt sich um eine Region mit überdurchschnittlichem Wachstum", sagt Wirtschaftslandesrat Viktor Sigl. Es bieten sich Chancen für Unternehmen im Infrastrukturbereich, in der Erneuerbaren Energie, der Wasserversorgung und der Medizintechnik.
Die Einwanderungspolitik Singapurs hat den ÖVP-Abgeordneten Michael Strugl zum Nachdenken gebracht. Jeder Vierte der fünf Millionen Einwohner ist kein Einheimischer. Gut Ausgebildete dürfen im Stadtstaat auf Dauer bleiben, schlecht Qualifizierte müssen nach drei Jahren gehen. „Dieses System hat Vor- und Nachteile", sagt Sigl. „Man muss die Leute extrem gut bezahlen, damit sie kommen."
FPÖ-Klubobmann Günther Steinkellner hat gesehen, wie erfolgreich sich der Wettbewerb im Bildungssystem auswirkt. Der Konkurrenzgedanke zwischen den Schulen solle gesteigert werden. Er schlägt vor, in Österreich die Kompetenz für die Schule bis zur Matura an die Länder zu übertragen, damit sich hier ein Wettbewerb entwickeln könne. Als weiteren Aspekt hat er von Singapur mitgenommen, wie man Projekte langfristig plant und Schritt für Schritt konsequent umsetzt. „Bei uns diskutiert man 30 Jahre lang Verkehrslösungen und letztendlich wird nichts gemacht. Da können wir uns viel abschauen."
Gerti Jahn, Klubobfrau der Sozialdemokraten, ist beeindruckt von der Vision Singapurs. Der Markt werde genützt, um gesellschaftliche Ziele zu erreichen. Es gehe um grünes Wachstum, besonders im Gesundheitsbereich bestehe eine hohe Nachfrage. „Die Zeit, dass Asien die verlängerte Werkbank des Westens war, ist vorbei", sagt Jahn.
Gottfried Hirz, Klubobmann der Grünen, ist überrascht, wie harmonisch das Zusammenleben der verschiedenen Religionen sei. „Das ist ein Zeichen, dass eine multikulturelle Gesellschaft funktionieren kann." Allen drei Ländern sei gemeinsam, dass sie in grüne Technologie investieren wollen. „Hier ist ein Absatzmarkt für oberösterreichische Firmen."
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