"Neues Lehramt stärkt Ausbau der Geisteswissenschaften"

Kalb will sowohl Maschinenbau als auch Geisteswissenschaften für die Kepler Universität .
Wohin soll sich die Uni Linz entwickeln? Vizerektor Herbert Kalb antwortet.

KURIER: Die zehn Hochschulen und Universitäten von Salzburg und Linz schließen sich zusammen, um ab 2016 gemeinsam ein einheitliches Lehramtsstudium anzubieten. Das senkt doch den Druck, in Linz Geisteswissenschaften zu installieren?Herbert Kalb: Das ist eine missverständliche Sichtweise. Ich bin ein großer Befürworter der Stärkung der Geisteswissenschaften. Wir haben schon einige Institute im kulturwissenschaftlichen Bereich wie die Philosphie, die Zeitgeschichte und die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Durch diesen neuen Verbund mit Salzburg ist es uns möglich, in langsamen Schritten den geistes- und kulturwissenschaftlichen Bereich zu stärken. Der Verbund ermöglicht es uns nun beispielsweise, ein Lehramt in Geschichte bei uns in Linz zu absolvieren. Diese PädagogInnenausbildung ist neu und ein gewisser Entwicklungsmotor.

Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat gesagt, dass in Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium Verbünde gestärkt werden. Das ist auch ökonomisch sinnvoll.

Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger möchte die Sprachausbildung stärken. Das ist für einen internationalen Standort wichtig. Sehen Sie hier Möglichkeiten?

Wir haben an der Universität ein Zentrum für Fachsprachen. Es wäre denkbar, dass mittelfristig darauf aufbauend beispielsweise im Bereich Anglistik etwas getan wird. Man kann bestehende Ressourcen weiterentwickeln. Es macht aber wenig Sinn, zum Beispiel jetzt in Linz eine Germanistikausbildung wie in Salzburg aufzubauen. Bei der Forderung nach einer Volluniversität hat man zum Beispiel die Universität Salzburg im Auge und stellt sich Romanistik und Germanistik vor. Das ist es aber nicht.

Franz Winkler, Dekan der technisch-naturwissenschaftlichen Fakultät, wünscht sich Institute für Maschinenbau, den Ausbau des Leichtbaus und der Medizinmechatronik.

Die Forderung nach dem Maschinenbau ist eine langjährige, insbesondere eine der Industriellenvereinigung. Es wird acht bis zehn Jahre dauern, bis das eingerichtet ist und die ersten Absolventen fertig sind. Wirtschaft und Industrie sollten hier entsprechende Unterstützungen und Finanzierungen anbieten, dass wir etwas derartig Kostenintensives entwickeln. Wirtschaft und Industrie sind hier gefordert. Auch durch entsprechende Jobangebote für Absolventen.

Ich wehre mich aber gegen eine verkürzte Argumentation Maschinenbau oder Kulturwissenschaft. Das halte ich für vollkommen daneben. Der geistes- und kulturwissenschaftliche Bereich kann auch einen wesentlichen Beitrag leisten. Die Geisteswissenschaften stehen unter einem unverhältnismäßigen Rechtfertigungsdruck. Ein theoretisches Beispiel sind die Neurowissenschaften. Hier sind die unterschiedlichsten Disziplinen beteiligt. Das reicht von den Geisteswissenschaftlern, den Technikern bis zu den Psychologen und Juristen.

Der im nächsten Jahr aus dem Amt scheidende Rektor Richard Hagelauer schlägt eine Neugliederung der Fakultäten vor.

Ich halte sowohl den Vorschlag als auch die Diskussion darüber an der Universität für wichtig. Der unmittelbare Anlass dafür ist die neue medizinische Fakultät. Das vor 50 Jahre entwickelte, mittlerweile statische Profil soll in neue Bahnen gelenkt werden. Die Grundidee ist, eine kompetenzorientierte Gliederung vorzunehmen. Über Details kann man diskutieren, ob das eine oder andere Institut da oder dorthin gehört.Der Vorschlag sieht sieben Fakultäten vor: die Rechtswissenschaften, Sozial- und Kulturwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Computer and Information Science (Informatik), Technik (Ingenieurswissenschaften), Naturwissenschaften, Medizin.

Der Kepler Universität wird die mangelnde Internationalität vorgehalten. Sie sei lediglich eine Regional-Uni.

Ich tue mir mit den beiden Begriffen in der verkürzten Weise schwer. Die Universität hat eine enorme Sogwirkung und eine hohe regionale Verankerung. Wenn man sich die Erfolge und die Forschungskooperationen ansieht, sind wir in der internationalen Forschungsgemeinschaft bestens verankert. Die Universität steht ausgezeichnet da und sollte die Internationalisierung weitertreiben. Es wäre schön, wenn mehr Studenten technische Studien bevorzugen würden. Das ist aber kein hausgemachtes, sondern ein generelles gesellschaftliches Problem.

Eine TU Wien oder eine TU Graz ist stärker in den Köpfen verankert. Man müsste mehr ins Bewusstsein rücken, dass wir hier in Linz auch Technik haben. Die Neugliederung in Technik, Informatik und Naturwissenschaften ist ein begrüßenswerter Ansatz. Wenn man Studenten fragt, wo man in Linz Informatik studiert, antworten die meisten mit Hagenberg und nicht mit der Kepler Uni. Die Informatik-Fakultät soll das in Zukunft sichtbarer machen.

Werden Sie nächstes Jahr als Rektor kandidieren?

Kein Kommentar zur gesamten Nachfolgediskussion.

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