„Habe mir Querdenken bewahrt“
Der ehemalige Agrarlandesrat Josef Stockinger (54) ist seit Oktober 2012 Generaldirektor und Vorstandsvorsitzender der Oberösterreichischen Versicherung.
KURIER: Wie viel Revolutionär steckt noch in dem Ex-Studentenfunktionär Stockinger?
Josef Stockinger:Churchill sagte, wer als Junger kein Revolutionär ist, hat kein Herz. Wer als Alter noch einer ist, hat kein Hirn. Es geht nicht darum, revolutionär zu sein, sondern manchmal querzudenken. Eine Portion Querdenken habe ich bewahrt.
Wo zum Beispiel?
Etwa die Frage der Zukunftsvorsorge oder des Funktionierens der Pflege im Alter. Die öffentlichen Systeme können sich angesichts der Bevölkerungsentwicklung die Pflege langfristig nicht mehr leisten. Ich habe schon als Politiker unangenehme Dinge ausgesprochen. Da hat man sich schnell die Finger verbrannt.
Sie waren immer Vollblutpolitiker. Fehlt etwas?
Absolut nicht. Ich wusste, wenn ich nicht mehr in der Politik bin, sitze ich nicht mehr in der ersten Reihe. Es ist ganz angenehm, nicht überall dabei sein zu müssen. In der Politik musst du, um wahrgenommen zu werden, täglich den Zirkus heizen. Ich möchte aber keinen Tag in der Politik missen.
Zurück zur Altersvorsorge. Es wurden Hoffnungen geweckt, dass geförderte Zusatzrenten die Defizite, die durch geringere staatliche Pensionen entstehen, auffangen können. Die Erwartungen treten aber nicht ein.
Versicherungen sind dazu da, Risiken zu nehmen. Das wurde in den vergangenen Jahren in den Hintergrund gedrängt. Die Kapitalveranlagung hat die erste Rolle gespielt. In Wirklichkeit versichern wir das Unfallrisiko oder das Risiko, erwerbsunfähig zu werden. Das größte Risiko ist die steigende Lebenserwartung und die Geldverdünnung bei Pensionen.
Die deutsche Regierung hat prognostiziert, dass die Durchschnittspension 2025 nur noch 46 Prozent vom Aktivbezug sein wird.
Natürlich ist die staatliche Pension immer die Versorgungsgrundlage. Es wird aber für jene, die besser verdienen, um das Jahr 2025 zu einer deutlichen Senkung der staatlichen Pensionen kommen. Viele werden zwischen Aktivbezug und Pension eine Lücke von 50 Prozent haben. Und diese Lücke muss man schließen. Die Frage ist, mit welchen Methoden. Jetzt ist die klassische Lebensversicherung wieder hoch im Kurs. Dort übernimmt der Versicherer die Zinsgarantie. Wir verzinsen derzeit 3,3 Prozent.
Das ist aber nicht wirklich viel.
Das heute zu bekommen, ist angesichts des Niedrigzins-Szenarios relativ viel. Bei Fonds und aktiengebundenen Produkten kann man bis zu acht Prozent verdienen. Aber es gibt auch eine andere Richtung, wie das momentan der Fall ist. Bei unseren Produkten hat man die Wahl:Setze ich auf Sicherheit oder gehe ich in das Risiko der Kapitalmärkte. Darum ist Beratung wichtig.
Es wird eine staatliche Grundversorgung geben. Wer sich ein bisschen bewegen will, muss sich umsehen.
Wer an das Geld aus der Aktivzeit herankommen will, muss etwas tun. Es wird auch vermehrt betriebliche Vorsorgen geben. Unternehmen werden, wenn sie gute Leute halten wollen, zusätzlich etwas geben müssen.
Thema Pflege. Die derzeitige Lösung ist auf Dauer nicht finanzierbar.
Wie haben eine Pflegeversicherung angeboten. Das heißt, die Versicherung bezahlt, wenn man zum Pflegefall wird. Das Produkt ist schlecht verkäuflich. Heute haben wir ein System, wo der, der vorsorgt, der Dumme ist. Das Erste, was dir geraten wird ist, wie mache ich mich rechtzeitig arm, damit die öffentliche Hand die Pflege zahlt. Das nimmt einem aber die Möglichkeit, strategisch zu vererben. Früher hieß es, wer sich um mich schaut, bekommt das Haus. Heute wollen Ältere ihren Kindern nicht zur Last fallen. Es gibt aber auch Menschen, die wollen im Alter unabhängig sein.
Wie funktioniert das?
Es gibt verschiedene Modelle. Man kann sich Geld sparen. Oder es gibt das Modell lebenslange Rente. Hier bekommt man von 65 bis zum Tod einen gewissen Betrag. Oder man schließt eine Pflegeversicherung ab.
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