Gesetzesnovelle: Oberösterreich ordnet den Raum neu

Ein Beispiel für den Supermarkt der Zukunft steht in Tragwein (Freistadt). Er entstand auf einem brachliegenden Sportplatz.
Supermärkte sollen möglichst im Zentrum gebaut werden, auch mehr Fotovoltaik ist geplant.

92 Prozent Grünland, zwei Prozent Gewässer, ein Prozent Verkehrsflächen und fünf Prozent gewidmetes Bauland – das ist Oberösterreich. Immer wieder wird um diese Flächen heiß diskutiert, so auch am heutigen Donnerstag im Landtag. Denn dort soll die neue Raumordnungsnovelle beschlossen werden. Kritik daran kommt vor allem von den Grünen.

„Raumordnung ist Interessensausgleich. Sie ordnet den Raum für alle Anforderungen, die dieser zu erfüllen hat“, sagte Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) bei der Präsentation des endgültigen Gesetzesentwurfs am Mittwoch. Zugrunde liege dem Entwurf eine Raumordnungsstrategie, die von Fachexperten erarbeitet wurde.

Gesetzesnovelle: Oberösterreich ordnet den Raum neu

Gottfried Kneifel, Geschäftsführer Initiative Wirtschaftsstandort OÖ, und Wirtschafts- und Raumordnungs-Landesrat Markus Achleitner (ÖVP).

Schutz des Bodens

Schon dort galt Klimaschutz als eine der fünf Leitstrategien – und nun hat dieser schlussendlich  ins Gesetz gefunden: So müsse mit dem voraussichtlichen Beschluss von ÖVP und FPÖ bei allen Projekten verpflichtend der Klimaschutz mitberücksichtigt werden.

Zentral dafür ist der Schutz des Bodens. Baulandreserven mobilisieren sowie Leerstände und Brachflächen reaktivieren – all diese Aspekte sollen deshalb laut Gesetz Priorität haben. Nur wenn davon nichts geht, soll umgewidmet werden.

Innerhalb der Ortstafeln

Dies und noch mehr soll auch für Supermärkte gelten: „Es darf keine Supermärkte mehr an Kreisverkehren oder Umfahrungen geben“, sagte Achleitner. Denn damit fehle die Frequenz im Zentrum und das Ortskernsterben nehme seinen Lauf. Sie dürfen deshalb nur mehr innerhalb der Ortstafeln errichtet werden oder müssen Leerstände nützen – auch hier gelte Umwidmung als letzter Schritt.

Gebaut müsse nach einem gewissen Schema werden: Geplant sind etwa Tiefgaragen statt großen Parkflächen. Im Erdgeschoß soll etwa der Supermarkt mit lediglich den Pflichtstellplätzen liegen, darüber sollen zwei Stockwerke mit Wohnungen entstehen. Und darüber müssen Fotovoltaik-Anlagen installiert werden. Auch bereits bestehende Parkplätze sollen künftig überdacht und mit Fotovoltaik-Anlagen ausgestattet werden.

Mit der Beschlussfassung komme eines der „schärfsten Raumordnungsgesetze der Republik“, sagte Achleitner - auch wenn ein generelles Umwidmungs- und Bauverbot nicht im Raum steht. Vielmehr sollen die Maßnahmen punktgenau umgesetzt werden: "Nicht jede Maßnahme ist für alle Teile Oberösterreichs notwendig", so Achtleitner. Grünlandzonen hätten etwa für den Zentralraum eine ganz andere Bedeutung, als im Norden des Mühlviertels. Man wolle  Ressourcen sparen, dennoch aber zum Beispiel jungen Menschen den Bau eines Eigenheims ermöglichen.

"Ball zu flach"

Umweltlandesrat Stefan Kaineder (Grüne) sieht das skeptisch: „Uns steht hier eine weitgehend unwirksame Raumordnungsnovelle ins Haus “, hieß es von ihm. Täglich widme man 2,2 Hektar (ha) Boden für Bau- und Verkehrszwecke um, 0,9 ha davon in der Folge versiegelt. Das Ziel der Bundesregierung betrage maximal 2,5 ha pro Tag Flächeninanspruchnahme bis 2030. Auf OÖ umgelegt bedeute dies maximal 0,4 ha. Durch die Raumordnungsnovelle sei das nicht erreichbar.

Gesetzesnovelle: Oberösterreich ordnet den Raum neu

Landesrat Stefan Kaineder (Grüne).

In einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag pflichtete Gerlind Weber, Raumforschungsexpertin an der BOKU Wien, dem bei: „Das ist der Versuch, Aktivität zu zeigen, aber trotzdem den Ball flach zu halten, um nicht wirklich etwas an der gelebten Praxis zu ändern.“

„Die Baulandfläche in Oberösterreich ist innerhalb von 20 Jahren fast gleichgeblieben. Das gewidmete Bauland ist von 19.000 ha auf 12.000 ha – und damit um ein Drittel – aufgrund von Verbauung oder Rückwidmung zurückgegangen“, untermauerte Achleitner hingegen am Mittwoch seine Argumentation.

Die Grünen würden sich trotz der fast sicheren Beschlussfassung aber nicht kampflos geschlagen geben, so Kaineder: Sie starten die Online-Petition „Grünland retten – Boden schützen“.

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