"Für christliche Wertegesellschaft"

ÖVP-Landeshauptmann-Stellvertreter und Bildungsreferent Thomas Stelzer
Designierter Landeshauptmann spricht von Teamlösung mit Wirtschaftslandesrat Michael Strugl.

Thomas Stelzer (49) ist Landeshauptmannstellvertreter und designierter Nachfolger von Landeshauptmann Josef Pühringer.

KURIER: Was ist Ihnen wichtiger: dass Sie als Landeshauptmann die Finanzagenden haben werden oder dass Wirtschaftslandesrat Michael Strugl in der Regierung bleibt?Thomas Stelzer: Das Wichtigste ist, dass ich in einer ÖVP Oberösterreich bin, die das Beste für das Land und für die Partei herausholt.

Sie haben die Frage nicht beantwortet.

Dazu gehört auch, dass man zu einer Teamlösung findet und diese Lösung gemeinsam im Team entwickelt.

Das heißt, Sie streben mit Strugl eine Teamlösung an?

Auf jeden Fall. Ich werde alles daran setzen, dass wir gemeinsam auftreten und auch bei einem Übergang eine gemeinsame Lösung präsentieren. Ich bin überhaupt nicht daran interessiert, dass wir in der Öffentlichkeit ein zersplittertes Bild abgeben.

Die Landes-ÖVP gibt aber derzeit ein zerstrittenes Bild ab.

Wenn es so ist, ist es unter anderem eine meiner Hauptaufgaben, dafür zu sorgen, dass wir gemeinsam auftreten. Denn die Stärke der oberösterreichischen ÖVP kann nur sein, dass sie als einiges Team, als einige Mannschaft auftritt. So wie man das aus der Vergangenheit gewohnt ist.

Das heißt, Sie streben eine gemeinsame Lösung mit Strugl an?

Ich bemühe mich darum, dass das Team Geschlossenheit zeigt.

Das Team und die Geschlossenheit haben Priorität, die Forderung nach dem Finanzressort ist dem untergeordnet?

Man soll hier nichts hineingeheimnissen, aber klar ist, dass es auch meine Verantwortung ist, dass man zu einer gemeinsamen Lösung findet und es zu einem gemeinsamen Auftreten kommt.

Wann wird es die Teamlösung geben?

Es gibt definierte Zeitpunkte. Man muss dann eine Lösung präsentieren, wenn sich die Frage stellt. Bevor nicht ein Wechsel im Regierungsteam ansteht, muss man auch nicht theoretische Lösungen präsentieren. Wenn der Zeitpunkt X da ist, wollen wir eine gemeinsame Lösung präsentieren, die von allen mitgetragen wird.

Manfred Haimbuchner nennt seine FPÖ den Reformmotor in der Landesregierung. Man hat tatsächlich den Eindruck, dass sie den Ton angibt.

Wir haben in der Regierung ein sehr klares Arbeitsprogramm. Die ÖVP ist die Nummer eins. Momentan stehen Themen auf der Tagesordnung, die die FPÖ etwas begünstigen. Daraus kann man aber nicht ableiten, dass die FPÖ den Ton angibt.

Sie äußern sich mehrfach zu Flüchtlings- und Integrationsfragen. Welche Linie verfolgen Sie dabei?

Man soll sich dieser Frage mit Vernunft und Hausverstand widmen. Man soll nichts schönreden und für klare Verhältnisse sorgen. Wir bieten sehr viel Hilfe, aber wer fördert, darf auch einfordern. Wir erwarten, dass sich die Flüchtlinge an gemeinsame Grundregeln halten, sich einbringen, möglichst schnell in den Arbeitsmarkt kommen und durch eigene Leistung ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Dafür muss man auch die nötigen Rahmenbedingungen schaffen.

Das heißt, wer Leistung bringt, kann bleiben, für die anderen wird es auf Dauer schwierig.

Das Grundmodell, sich durch eigene Leistung den Lebensunterhalt zu verdienen, gilt für die gesamte Bevölkerung. Soziale Leistungen können nur für Notfälle da sein und nicht ein grundsätzliches Lebensmodell sein.

Es gibt auch eine Wertediskussion. Manche meinen, bestimmte Haltungen der westlichen Gesellschaften sind mit denen der muslimischen Welt unvereinbar, zum Beispiel die Gleichberechtigung der Frau.

Wir sind ein aus der christlichen Tradition geprägter Kontinent. Zu unseren Grundwerten gehören die Gleichstellung von Mann und Frau, die Meinungs- und Religionsfreiheit und die persönliche Verantwortung für die eigene Lebensführung. Wer sich darauf nicht einstellen kann, wird bei uns keine Heimat finden können.

Gibt es Parallelgesellschaften?

Man kann durchaus immer wieder Ansätze feststellen.Wir dürfen davor die Augen nicht verschließen. Wir als öffentliche Vertreter müssen deutlich sagen, dass wir niemanden wollen, der Lebensmodelle gegen uns entwirft oder neben uns herlebt, sondern wir wollen ein Miteinander. Darum ist die Integration gut dotiert. Aber wir dürfen nicht blind sein gegenüber Tendenzen, die sagen, wir wollen damit gar nichts zu tun haben. Das dürfen wir nicht zulassen.

Roman Sandgruber, Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, hat anhand einer Studie der österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Flüchtlingswelle im vergangenen Jahr hochgerechnet, dass in 20 Jahren die Muslime in Wien die stärkste Religionsgemeinschaft sein werden. Oberösterreich hat derzeit einen Migrantenanteil von rund 20 Prozent. Gibt es hier Obergrenzen in der Zuwanderung?

Wir brauchen eine klare, geordnete Zuwanderung. Es hat lange gedauert, bis hier Ordnung geschaffen wurde. Bei der Zuwanderung aus Fluchtgründen gibt es Obergrenzen der Machbarkeit und der Hilfe, damit wir uns selbst nicht überfordern. Es muss klare Regelungen geben, das machen viele Länder.

Stehen Sie für eine christliche Wertegesellschaft?

Ja, dafür stehe ich. Ich bin selbst durch sie geprägt. Wenn man sich die Geschichte Europas anschaut, was hier an Leistungen vorausgedacht wurde, dann kann man mit Fug und Recht sagen, dass wir hier eine eigene, aus dem christlichen Fundament heraus entstandene Grundkultur haben. Die deutschen sagen dazu Leitkultur. Wobei ich weit davon entfernt bin, Religion und Staat zu vermengen. Aber man darf schon betonen, dass Europa eine christlich geprägte Grundlage hat, was man unter anderem an der demokratischen Gestaltung sehen kann.

Die Bundes-ÖVP hat ihren Kurs in der Zuwanderungsfrage verschärft. So schlägt Integrationsminister Sebastian Kurz Ein-Euro-Jobs und ein Burka-Verbot vor, Innenminister Wolfgang Sobotka will Wirtschaftsflüchtlinge strafrechtlich verfolgen lassen. Stehen Sie hinter diesen Vorschlägen?

Ich stehe voll dahinter. Ich habe zusätzlich vorgeschlagen, dass wir nachschärfen, wenn Asylwerber Straftaten begehen. Es fallen viele Vergehen unter einen Strafrahmen von drei Jahren, deshalb sollten wir den Rahmen senken. Man muss ganz offen sagen, dass diese Völkerwanderung im vergangenen Jahr auch uns überrascht hat. Darum entwickelt sich erst jetzt langsam eine Linie. Ich finde deshalb auch nichts dabei, dass man hier eine neuen Kurs einschlägt.

Es gibt viele Einzelvorschläge, aber noch keinen wirklich gesamthaften Guss.

Es ist eine Entwicklung. Der konsequente Umgang mit der Flüchtlingsbewegung ist von der österreichischen Außenpolitik mitgestaltet worden. Das zeigt schon, dass sich auch die anderen europäischen Länder mit der Frage nicht so leicht getan haben.

Wie sehen Sie die Situation der Regierungskoalition auf Bundesebene?

Man ist sich schon bewusst, dass man miteinander etwas gestaltet und dass man nicht deswegen zusammengeht, damit man nicht die erste Streitadresse ist. In den zentralen Fragen hat es bei Kanzler Kern ein Einlenken auf die Vernunftslinie gegeben. Man wird sehen, ob er das in seiner Partei so weiter durchbringt. Es sind durchaus Schritte, wo man sagen kann, die Regierung versucht Dinge umzusetzen.

Die Arbeitslosigkeit ist mit 5,6 Prozent in Oberösterreich vergleichsweise hoch. Welche Maßnahmen müssen gesetzt werden?

Bildung, Bildung, Bildung. In den verschiedensten Formen. Wir sollten Anreize für die jungen Menschen in jenen Branchen schaffen, wo der Bedarf nach Arbeit gesichert ist. Es ist nicht nur die Arbeitslosigkeit gestiegen, sondern auch die Anzahl der Beschäftigten.

Wir haben Problemgruppen bei den Arbeitslosen. Das sind Menschen mit gar keiner oder schlechter Ausbildung. Hier hoffe ich, dass die Ausbildungspflicht greift. Wir unterstützen sie mit Angeboten.

Der zweite Bereich sind Menschen mit migrantischem Hintergrund. Wenn man will, dass jene, die bleiben können, möglichst schnell ins Arbeitsleben einsteigen, dann muss man sie unterstützen. Das ist eine zentrale Aufgabe der Arbeitsmarktpolitik.

Für welche Politik steht Thomas Stelzer persönlich?

Er steht mit seinem Team und der ÖVP für ein modernes Oberösterreich, von dem die Menschen sagen, das ist ein Platz, wo man sein soll, dort spielt es sich ab. Da muss ich hin, wenn ich eine moderne Ausbildung haben will, eine Chance auf einen Arbeitsplatz haben will, wenn man sich selbstständig machen will.

Der Maßstab ist nicht der Rest der Republik, sondern das internationale Umfeld.

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