Freunde und eine Krimi-Autorin wollen verurteiltem Mörder neue Chance geben

Der Gmundner Helmut St. soll Ingrid Sch. nach einen feuchtfröhlichen Fest im Tennisclub vergewaltigt und dann tödlich verletzt haben. Er hofft nun auf einen neuen Prozess
Anwälte und ein Komitee verlangen neuen Prozess um Mord an einer Tanzlehrerin.

Sitzt nach dem Mord an der 51-jährigen Tanzlehrerin Ingrid Sch. vor dreieinhalb Jahren in Gmunden, OÖ, ein Familienvater unschuldig im Gefängnis?

Anwälte, Privatgutachter und immer mehr Zivilpersonen sind überzeugt, dass beim Verfahren gegen den 41-jährigen Versicherungsmakler Helmut St. ganz wesentliche Beweismittel und Zeugenaussagen nicht berücksichtigt worden sind.

An die 100 Personen, darunter Bekannte des Verurteilten, aber auch Fremde und Gerechtigkeitsfanatiker haben sich einem Komitee angeschlossen, dass über eine Homepage (www.fuergerechtigkeit.jimdo.com) einen neuen Prozess gegen St. fordert und nach Entlastungszeugen sucht. Mittlerweile seien beim Landesgericht Wels sechs Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit möglichen Entlastungsbeweisen eingelangt, berichtete Gerichtssprecherin Gerlinde Hellebrand. Ein dreiköpfiger Richtersenat, der am Freitag darüber die Beratungen aufgenommen hat, verschob seine Entscheidung.

Pokal

Knackpunkte für eine Wiederaufnahme müssten nach Meinung der Anwälte Franz Gerald Hitzenbichler und Rene Haumer zwei neue Gutachten über einen neben dem Opfer gefundenen Pokal und 13 beim Verfahren nicht berücksichtige Zeugenaussagen sein. Am Pokal, den das Opfer bei einer feuchtfröhlichen Feier im Gmundner Tennisklub bekam, fanden sich Blutspuren des Opfers und eine fremde DNA, aber keine Spuren des Verurteilten. Laut Gutachter passt eine Ausbuchtung an der Trophäe genau mit der Kopfwunde der Toten zusammen. Der Pokal spielte beim Prozess aber keine Rolle.

In Gmunden ist der Mordfall wieder Tagesgespräch. "Wenn er diese Chance nicht bekommt, bricht er zusammen. Das übersteht er nicht", sagte Franz Weichselbaumer. Der Großcousin des zu 20 Jahren verurteilten St. ist von dessen Unschuld "voll überzeugt". So wie der Unternehmer Franz Moser oder der ehemalige HS-Direktor Günther Staude. "Wie sich zeigt, dürften erschreckende Ermittlungsfehler passiert sein", meinte Moser. Viel zu überstürzt habe sich die Polizei auf St. als Täter fixiert, beurteilen dessen Unterstützer. St. hatte sich bei der Polizei gemeldet und zugegeben, in der Tatnacht mit dem Opfer einvernehmlichen Sex gehabt zu haben.

Generaloberin

Eine illustre Schar an Persönlichkeiten hat sich dem Komitee zur "Unterstützung der Opfer behördlicher Ermittlungspannen" angeschlossen. Wilfried Huber, der frühere Tennis-Jugendwart, mit dem St. trainierte, half mit, die Initiative zu gründen.

Eingeschrieben hat sich eine Generaloberin ebenso, wie die Juristin und Krimiautorin Eva Rossmann. "Was ich da aus den Akten erfahren habe, erschüttert mich. Ich spreche nicht von Schuld oder Unschuld. Es darf aber nicht sein, dass jemand verurteilt wird und solche Beweismittel beim Prozess fehlen", wies Rossmann auf den Pokal hin. Dass sich ein Nachbar des im Spital gestorbenen Opfers nur einen Tag später umbrachte und dieser Vorfall ungeprüft blieb, machte Rossmann noch mehr stutzig.

40 Stunden lag die 51-jährige Gmunderin Ingrid Sch. im Juli 2013 halb nackt mit einer schweren Kopfwunde im Garten ihres Hauses, bis sie gefunden wurde. Neun Tage später starb sie im Spital. Der 41-jährige Helmut St. meldete sich bei der Polizei, dass er nach einem alkoholreichen Fest im Tennisclub mit Sch. freiwilligen Sex hatte. Er wurde wegen Vergewaltigung und dem letztendlich tödlichen Schlag, den er Sch. versetzt haben soll, zu 20 Jahren Haft verurteilt. Das Oberlandesgericht Wien lehnte die Berufung ab. Von der Staatsanwaltschaft und der Landeskriminalabteilung wurde betont, dass man das Verfahren mit größtem Aufwand abgewickelt habe.

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