Gabriel Felbermayr: Oberösterreich ist Industriebundesland. Die Industrie wird es heuer noch schwerer haben als der Durchschnitt, das heißt, wenn sich Oberösterreich beim Durchschnitt (Wachstum von 0,9 Prozent) hält, wäre es schon sehr gut.
Stefan Pierer, Präsident der Industriellenvereinigung, und Wirtschaftskammerpräsidentin Doris Hummer erwarten ein Nullwachstum.
Damit sind sie in unserer Prognose. Für die Industrie sehen wir tatsächlich kein Wachstum. Auch die vorlaufenden Indikatoren zeigen noch nichts. Aber das Abrutschen, das im vergangenen Jahr passiert ist, ist zu Ende gekommen. Wir haben zwar Wachstum, aber auch keine signifikante Verschlechterung mehr, während es in anderen Branchen besser wird.
Der Bau erfängt sich, er ist für Oberösterreich auch relativ wichtig. Auch der Tourismus. Man sollte nicht unterschätzen, was zum Beispiel die Kulturhauptstadt Bad Ischl auslöst. Es gibt in Oberösterreich starke Bereiche, die etwas resilienter sind.
Sowohl Pierer als auch Ihr Kollege Holger Bonin vom Institut für Höhere Studien (IHS) sprechen von einer Abwanderung eines Teils der Industrie aus Europa, also auch aus Österreich und Oberösterreich. Pierer nennt als Beispiel die Gusseisenindustrie. Sind das bloß Drohungen oder erfolgt sie tatsächlich?
Wir haben sie schon in großem Ausmaß gesehen. Die Herstellung von Ammoniak, das ist der Grundstoff für die Düngeindustrie, ist in Europa kostenmäßig kaum mehr stemmbar. Es ist davon auszugehen, dass sich energieintensive Betriebe dort niederlassen, wo es günstiger ist. Von dort werden wir dann die Produkte zur Weiterverarbeitung bekommen.
Das muss für uns nicht schlecht sein. Häufig ist es so, dass die heimische Wertschöpfung in den Grundstoffbereichen gering ist. Wir importieren die Energie und die Rohstoffe, zum Beispiel Gusseisen. Wenn wir etwas verlieren, ist das nicht gut, aber es sind nicht sehr wertschöpfungsstarke Bereiche, die abwandern.
Es sind immer schon Industrien aus Europa abgewandert, zum Beispiel die Textilindustrie. Ist der laufende Prozess ein ähnlicher oder ist die Dynamik nun eine stärkere?
Die Dynamik bei der Textil-, der Bekleidungs-, der Spielzeug- und Möbelindustrie war brutal. Sie hat den südeuropäischen Ländern massive Krisen beschert. In dem Ausmaß erwarte ich das nicht. Es gibt auch immer wieder Chancen.
Wir haben arbeitsintensive Bereiche ans Ausland verloren, jetzt gehen energieintensive Prozesse ins Ausland, gleichzeitig gelingt es, durch die Automatisierung und Roboterisierung Wertschöpfungsschritte zurückzuholen. Weil die Arbeitskosten nicht mehr so wichtig sind.
Die Inflation belastet alle. Sie ist in Österreich um zwei Prozent höher als im europäischen Durchschnitt. Im Dezember betrug sie 5,5 Prozent. Welche Schritte sind noch möglich, um sie zu senken?
Die inflationssenkenden Maßnahmen, die es bereits gegeben hat, gehören verlängert. Dazu gehören die Strompreisbremse und die Mietpreisbremse dazu. Ein Zehntel der österreichischen Inflation wird im öffentlichen Sektor hergestellt. Die Preise von Gebühren etc. dürfen bitte nicht steigen. Es ist wichtig, dass wir nicht ungeduldig werden. Die Energiepreise werden sinken. Wir erwarten für Ende 2024 eine Inflation von 3,2 Prozent.
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