Fast schon zu begehrt: Linz-Land will das Wachstum bremsen

In Leonding sind neben Löwenzahnblüten die Wohnhäuser aus dem Boden geschossen. 13 Prozent Einwohner legte die Stadt seit 2002 zu.
9000 Menschen sind im vergangenen Jahrzehnt in den Bezirk gezogen. Tendenz weiter steigend. Die lebhafte Wirtschaftsregion nähert sich dem Limit.
Fast schon zu begehrt: Linz-Land will das Wachstum bremsen

Während die meisten Gemeinden Oberösterreichs händeringend um Zuzügler kämpfen, scheint man in Linz-Land eine Art „Luxusproblem" zu haben: Es gebe „gefühlsmäßig fast zu viel Interesse", bringt es Ansfeldens Bürgermeister Manfred Baumberger auf den Punkt. Der Grund: Die Region zwischen Wels und Linz hat die stärkste Wirtschaftsleistung Österreichs. Arbeitsplätze, Wohnbau und Infrastruktur gebe es in Hülle und Fülle. Das bestätigt Andrea Danda-Bäck von der Wirtschaftskammer-Bezirksstelle. Mit einem Bruttoregionalprodukt von 44.700 Euro pro Kopf belegte die Region 2008 Platz eins – gleichauf mit Wien. „Man ist mitunter in der glücklichen Situation, an einer optimalen Verkehrsachse für Luft- und Schifffahrt, Straßen- und Schienenverkehr zu liegen", so Danda-Bäck.

Der Bezirk ist mit sieben Prozent Wachstum, einem Plus von 9000 Einwohnern, in den vergangenen zehn Jahren der dynamischste Oberösterreichs. Der Trend wird sich fortsetzen, prognostiziert Landesstatistiker Michael Schöfecker: „Linz-Land ist Teil des Ballungsraums.  Das Angebot an Baugründen und Arbeitsplätzen war und ist sehr stark."

Karl Kollingbaum, Bürgermeister von Asten, erinnert sich an die 90er-Jahre: „Wir sind förmlich explodiert. Das konnte so nicht weitergehen. St. Florian ist fünf Mal so groß wie Asten, dort leben aber fast gleich viele Menschen. Wir sind am Limit." Man habe den Wohnbau stark gedrosselt, erklärt der Ortschef. Mit Erfolg: Asten ist neben Allhaming und Kronstorf die Gemeinde, die am meisten Einwohner verloren hat. Das sei ausnahmsweise etwas Gutes, lacht Kollingbaum. In Kronstorf sei man „absichtlich stagniert", sagt Bürgermeister Christian Kolarik. Dass Google 2009 ein Grundstück in Kronstorf erworben hat, habe die Einwohnerzahl kurz in die Höhe schnellen lassen. Kolarik hält sich bedeckt, was das mit Neugier verfolgte Großprojekt betrifft. „Der Zeitplan ist Sache des Investors", so sein Kommentar.

Balanceakt

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„Die Balance zu halten zwischen Wohn- und Industriegemeinde", darum bemüht man sich in Enns, sagt Franz Stefan Karlinger. Man freue sich durchaus über Zuzügler, ginge aber behutsam damit um. In Neuhofen an der Krems erklärt  Bürgermeister Günter Engertsberger: „Wir widmen jetzt nur noch, wenn Bauzwang besteht." Außerdem erhebt die Gemeinde einen Infrastrukturbeitrag bei neuen Umwidmungen.

Die Stadt Leonding ist mit 2596 Zuzüglern im vergangenen Jahrzehnt außer Konkurrenz. Mittlerweile koste der Grund bis zu 600 Euro pro Quadratmeter, verrät Bürgermeister Walter Brunner. Auch er ziehe im Wohnbau die Bremse: „Wir müssen erhalten, was unseren Charme ausmacht und dürfen uns nicht die Stadt zupflastern." Leonding sei eine grüne Stadt geblieben und genieße die Annehmlichkeiten des Ballungsraums.

Der hohe Migrationsanteil Trauns – die Stadt hat mit 31,7 Prozent den höchsten – sei  geschichtlich bedingt, so Harald Seidl. Viele Heimatvertriebe haben sich in der Nachkriegszeit angesiedelt, weil es dort Arbeit gab. „Damals waren es Donauschwaben und Sudetendeutsche, in den 90ern kamen sie aus Jugoslawien, heute aus Tschetschenien. Sie bleiben, weil das Umfeld stimmt." In Traun fand ein Umdenkprozess statt: „Früher ging es darum, Einwohner zu gewinnen. Jetzt wollen wir in Ruhe an Lebensqualität zulegen."

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