„EU lernt die Lektion nur schwer“

„EU lernt die Lektion nur schwer“
Ein Plädoyer für die Europäische Union hielten ein Finanz- und ein Wirtschaftsexperte vor kritischen Studenten.

Die österreichischen Staatsschulden betragen derzeit etwa 222 Milliarden Euro – das sind 75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Alarmierende Zahlen, die besonders die junge Generation betreffen. Es gibt Aufklärungsbedarf, meint die Österreichische Gesellschaft für Europapolitik. In Kooperation mit dem KURIER organisiert sie in allen Bundesländern Diskussionen zwischen Studenten und Experten.

In Linz trafen Alois Steinbichler, Chef der Kommunalkredit Austria AG, und Fritz Breuss vom  Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) auf Einladung des Instituts für Europarecht im Hörsaal der Johannes-Kepler-Universität aufeinander.

Die Frage: „Hat Europa in der Krise dazugelernt?" beantwortete Steinbichler eindeutig mit: „Ja, aber man hat sich diese Lektion schwer gemacht." Es fehle der europäische Gedanke. In Österreich sei die Skepsis gegenüber der EU  am größten, zeigten Umfragen. Nur langsam wolle es in die Köpfe, dass es ohne einen Schulterschluss nicht gehe.

Denkfehler

„EU lernt die Lektion nur schwer“

Laut Breuss gebe es allerdings Denkfehler zu korrigieren. „Wir mussten feststellen, dass wir eine heterogene Gemeinschaft sind. Die Eurozone arbeitet mit 17 Mitgliedern in einer asymmetrischen wirtschaftspolitischen Architektur." Die Eurozone sei eine Währungs-, aber keineswegs eine Wirtschaftsunion.

Die „Große Rezession 2009" habe als die verheerendste Krise seit der „Großen Depression 1929" eine Delle hinterlassen. Trotz allem habe sich Europa besser geschlagen als Wirtschaftsgroßmächte wie die USA. „Japan würde man mit einem Schuldenstand von über 220 Prozent niemals in die EU lassen", scherzte Breuss.

Bereits im fünften Jahr der Rezession befindet sich Griechenland, das „Sorgenkind", das die Wogen bei der Diskussion kurz hochgehen ließ. „Griechenland ist politisch und administrativ ein Entwicklungsland", sagte Breuss und kritisierte die EU-Politik. Steinbichler war es im Gegenzug ein Anliegen zu betonen: Wäre man dem krisengebeutelten Land früher zu Hilfe gekommen, hätte man Schlimmeres verhindern können.

Breuss wies darauf hin, dass es problematisch sei, außerhalb der Lissabon-Verträge zu handeln, die eine finanzielle Unterstützung von den Mitgliedern ausdrücklich untersagen. „Den Staaten waren die Hände gebunden", sagt er. Es sei sinnvoll, die Grenzen im Sinne einer verstärkten Zusammenarbeit auszureizen. Im Klartext: Die europäische Vision muss weiterverfolgt werden – und das mit aller Entschlossenheit.

Krisengejammere

„EU lernt die Lektion nur schwer“

Steinbichler nutzte seine Chance, um an die Studenten zu appellieren. Es herrsche „Krisengejammere", in dem Positives untergehe. „60 Jahre Frieden und Wohlstand dürfen nicht leichtfertig schlechtgeredet werden." Es sei noch nicht allzu lange her, da hätten namhafte Wirtschaftsmagazine den Untergang des Euro prophezeit – dabei habe es nie eine Euro-Krise gegeben. Bis auf einen Ausreißer sei die Währung seit seiner Einführung noch nie gesunken und habe sich im direkten Vergleich mit dem US-Dollar bewährt. Die Krise sei Sache der Staatsschulden, betonte er und schloss sich seinem Vorredner Breuss an, dass der Euro eine erstaunlich krisenfeste Währung sei.

Der Schuldenberg, der sich in der Krise angehäuft hat, soll nun in Angriff genommen werden. Ein Prozent Wachstum werde sich Österreich das kosten lassen müssen, so die wenig erfreuliche Prognose.

Es sei ein Mythos, dass die Bankenrettung für die hohen Staatsschulden verantwortlich wären, stellte der Kommunalkredit-Chef klar. In den Jahren zwischen 2007 und 2010 sei die Verschuldung in Österreich um 23 Prozent gestiegen. Der Anteil der Banken sei mit 3,6 Prozent vergleichsweise gering. Hauptfaktor seien die Konjunkturstützungsmaßnahmen gewesen. „Wenn man aufhört, an die Geldwirtschaft zu glauben, muss man wieder zum Tauschhandel zurück."

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