Teamchef Ralf Rangnick hat die Qual der Wahl. Die beiden oberösterreichischen Bundesligisten LASK und Blau-Weiß Linz quälen ihn nicht. Der Zweitligist SV Ried sowieso nicht. Wie es aussieht, wird das Turnier weitgehend ohne oberösterreichische Beteiligung stattfinden.
Einzige Ausnahme: Tobias Lawal (23). Der LASK-Keeper darf hoffen, Nummer drei im Tor zu sein. Falls sich aber von seinen beiden vorgereihten Kollegen nicht einer den Arm bricht und der andere nicht bei der Siegesfeier nach dem Auftaktspiel gegen Frankreich vom Barhocker fällt, wird sein Arbeitsplatz die Ersatzbank sein.
Bei den Feldspielern schaut es freilich finster aus. Immerhin eine kleine Chance hat der aus Kematen am Innbach (Bez. Grieskirchen) stammende Gernot Trauner, sofern er rechtzeitig fit wird. Der 32-jährige Abwehrspieler von Feyenoord Rotterdam war nach einer Verletzung lange Zeit ausgefallen, ist nun aber wieder fit. Mit etwas Nachsicht könnte Stefan Lainer (31) als halber Oberösterreicher durchgehen. Immerhin hatte der gebürtige Salzburger ein Jahr lang (2014/’15) in Ried gespielt, ehe er zu Red Bull Salzburg wechselte und von dort zu Borussia Mönchengladbach weiterzog.
Nostalgische Schwärmerei
Ein Blick zurück verliert sich allzu leicht in nostalgischer Schwärmerei. Faktum ist jedoch, dass es über die Jahrzehnte eine Vielzahl an Oberösterreichern zu Teamehren gebracht hat – exakt 56 in der 123-jährigen Länderspielgeschichte. Aber wo sind die Nachfahren der Sturmbergers, Köglbergers & Co? „Das ist schon überraschend, dass bei der EM kein oberösterreichischer Spieler dabei ist“, sagt Willi Ruttensteiner (61). Die Gründe dafür seien für ihn aber schwer auszumachen, „weil ich in die Arbeitsbereiche der Klubs nicht hineinsehe“. Sehr wohl kennt Ruttensteiner die Mechanismen des Fußballs. 16 Jahre war er ÖFB-Sportdirektor, zweimal hat er das Nationalteam interimistisch gecoacht.
Zu wenig Eigenbau
Außerdem war er für den Fußballverband Israels tätig, auch als Teamchef. Zurzeit arbeitet er an einem FIFA-Projekt zur globalen Entwicklung des Fußballs mit. Erklärtes Ziel sei, „jedem Talent eine Chance zu geben“. Dazu soll bis 2027 in jedem Mitgliedsland eine Elite-Nachwuchsakademie etabliert werden. Exakt hier macht Ruttensteiner seine Analyse fest: „Letztendlich geht es darum, dass man ein Talent zum Elitespieler formt.“
Als eines der größten Bundesländer müsste Oberösterreich eigentlich über viele Talente verfügen. Außerdem gebe es eine sehr gute Infrastruktur mit zwei Akademien und drei Spitzenklubs. „Wenn man es positiv formuliert, gibt es sehr gute Voraussetzungen, um Top-Spieler zu produzieren“, sagt Ruttensteiner: Tatsache sei jedoch, dass der Eigenbauanteil an den Bundesligaspielern nicht sehr hoch sei.
Köche vom Steegwirt
Ganz ohne Oberösterreich wird es aber bei der EM doch nicht abgehen. Zwei aus dem Süden des Landes werden sogar eine zentrale Rolle spielen. Die Haubenköche Fritz und Tamino Grampelhuber vom Steegwirt in Bad Goisern werden auch dieses Mal für das leibliche Wohl der Herren Nationalkicker sorgen.
Kommentare