Kritik: "Dornröschen" als modernes Tanzstück im Musiktheater Linz

Kritik: "Dornröschen" als modernes Tanzstück im Musiktheater Linz
Zwischen zuckerlrosa und düstergrau wird ein Kind zur Frau: Viel Fantasie für die Handlung nötig, Kompagnie in Topform

Ein uraltes und bekanntes Märchen, die zeitlos schöne Musik von Pjotr Iljitsch Tschaikowski:  Kürzlich feierte „Dornröschen“ als Version von Andrey Kaydanovskiy im Linzer Musiktheater Premiere. Die ursprüngliche Geschichte kommt als pudrig-skurriles Coming-of-Age-Stück daher. Vieles ist gut gelungen, manches weniger.

155 Tänzerinnen und Tänzern standen bei der Ballett-Uraufführung 1890 in St. Petersburg auf der Bühne. „Ich habe in dieses Projekt nur eingewilligt, weil ich wusste, dass es etwas ganz anderes als das bereits oft Gesehene sein muss,“ erklärt der Choreograf und Tänzer Andrey Kaydanovskiy. Er wagte sich für das Musiktheater über den Balanceakt, das Märchen in die Gegenwart zu transferieren und mit den 16 Tänzerinnen und Tänzer der Linzer Tanzkompagnie umzusetzen. Wie ist das gelungen? Was funktioniert und wo bleiben Fragezeichen?

"Worum geht es eigentlich", murmelt die Dame links hinten. "Ich check' nicht, was da gerade passiert!", erklärt das Kind drei Sitze weiter links. Wer die ursprüngliche Handlung des Märchens nicht detailliert im Kopf hat, dürfte sich mit der Orientierung im Stück schwer tun. Die Handlung wird bruchstückhaft und reduziert wiedergegeben.

Kritik: "Dornröschen" als modernes Tanzstück im Musiktheater Linz

Die Eltern warten lange, bis sich endlich der ersehnte Nachwuchs ankündigt. Das Mädchen wird in eine dekadente, hedonistische Welt hineingeboren. Das großartige Bühnenbild von Karoline Hogl mit den originellen Kostümen von Melanie Jane Frost in Kombination schafft eine Zuckerwatten-Atmosphäre, in der die Tänzerinnen und Tänzer verspielt zeigen können, was sie drauf haben.

Soundteppich im Musiktheater

Und das ist tatsächlich beeindruckend. Es wird gehüpft, gekrabbelt, gerollt, gehoben, geschubst und ja, auch getanzt. Zeitgenössisch und modern, das fügt sich ganz natürlich in die Musik ein. Besonders spannend wird es, wenn Sound-Elemente des Wiener Soundkünstlers Angel Vassilev zum Einsatz kommen, der für diese Produktion erstmals mit dem Landestheater zusammengearbeitet hat. Gekonnt legt er einen sphärischen Soundteppich in, zwischen und über die Handlung - ein Gewinn für die Atmosphäre des Stücks.

Kritik: "Dornröschen" als modernes Tanzstück im Musiktheater Linz

Fazit: Wer sich auf auditive und visuelle Überraschungen einlassen kann, ohne immer genau den Handlungsstrang sehen zu müssen, wird "Dornröschen" in dieser Fassung auf jeden Fall verstehen und schätzen. Die Leistungen des Tanzensembles und des Linzer Bruckner Orchesters unter der Leitung von Marc Reibel sind in Kombi mit dem Bühnenbild und den Kostümen großartig.

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