"Ich schließe gar nichts aus"

Hummers derzeitige Prioritäten: Zuerst Mama, dann Geschäftsführerin und als drittes die Politik.
Die designierte Obfrau des Wirtschaftsbundes hält sich Rückkehr in die Landesregierung offen.

Doris Hummer (42) war von 2009 bis 2015 Landesrätin für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Frauen und Jugend. Am 16. April wird sie als Nachfolgerin von Christoph Leitl zur Landesobfrau des Wirtschaftsbundes gewählt.

Die Zentrale der elterlichen Firma Domico ist mit 100 Mitarbeitern in Vöcklamarkt, rund 50 Mitarbeiter sind in der Dependance Pötting (Bez. Grieskirchen) beschäftigt. Das Unternehmen stellt Metalldächer, Metallfassaden und Leichtbauelemente her. Hummer ist gemeinsam mit ihrem Vater Geschäftsführerin.

KURIER: Wie war der Wechsel von der hauptberuflichen Politik wieder zurück in die Privatwirtschaft?Doris Hummer: Ich habe mir nach dem Ausstieg aus der Landesregierung sehr bewusst für den Wirtschaftsbund Zeit genommen, um die Weichen zu stellen. Nach Weihnachten bin ich in die Geschäftsführung des elterlichen Unternehmens Domico eingetreten. Das war für mich ein sehr bereichernder Prozess, weil ich die Dinge wieder einmal selbst zu Ende bringen kann. Es macht Freude, in die Umsetzung involviert zu sein. In der Spitzenpolitik gibt man die Themen vor, man ist sehr stark termingetrieben, die guten Mitarbeiter bringen die Dinge zu Ende.

Jetzt ist die erste Funktion Mama, die zweite Geschäftsführerin des Unternehmens, die dritte ist die politische Funktion.

Aus Sicht Ihres dreijährigen Sohnes ist der Wechsel günstig.

Ja, das ist so. Das Familienleben hat wieder viel mehr Qualität. Mein Mann oder ich bringen ihn in den Kindergarten, mittags wird er von der Oma, von der Tante oder meinem Mann abgeholt. Nachdem ich die meiste Zeit in der Zentrale in Vöcklamarkt bin, ist es eine dreiviertel Stunde Fahrzeit bis Grieskirchen.

Abends komme ich so nach Hause, dass wir auch auch wirklich Zeit füreinander haben.

Waren Sie überrascht, dass Ihre Landesratstätigkeit so abrupt geendet hat?

Ja, ich war überrascht. Wobei mir imme r klar war,dass ich nicht als Landesrätin in Pension gehe. Unser Betrieb ist ein Familienunternehmen, mein Vater ist jetzt 65, eine Übergabe stand immer im Raum. Politik war für mich immer eine Sache auf Zeit.

Sie waren nach der verlorenen Kampfabstimmung enttäuscht?

Natürlich ist man persönlich enttäuscht.

Haben Sie mit der Abstimmung gerechnet?

Nein. Aber sie zeichnete sich ab, nachdem es keine Einigung zwischen den Bünden gegeben hat und der Herr Landeshauptmann keine Entscheidung treffen wollte. Er hat sich dann für die Abstimmung entschieden.

Haben Sie sich auf die Abstimmung vorbereitet?

Selbstverständlich haben wir uns darauf in dem Sinne vorbereitet, dass wir klare Position bezogen haben. Für mich als Vertreterin und Mitglied von Wirtschaftsbund und Frauenbewegung. Wir haben gesagt, wir unterstützen die beiden Wirtschaftsbundkandidaten, Michael Strugl und meine Person. Die Frauen haben sich ebenfalls auf diese beiden Personen festgelegt.

Was war mit dem ÖAAB und den Bauern?

Sie haben sich entschieden, mich nicht zu unterstützen.

Haben Sie das im Vorfeld gewusst?

Nein, das wusste ich nicht. Wir hätten uns den ganzen Zinnober ersparen können, wenn man das im Vorfeld geklärt hätte. Das war nicht der Fall. Ich nehme es auch nicht persönlich. Da gab es Befindlichkeiten zwischen den Bünden, das ist schade und hat der Partei sehr geschadet.

Die Kampfabstimmung war ein Fehler?

Ich bin befangen, das zu bewerten. Das wird die Zukunft zeigen.Ich glaube, dass die Partei darunter gelitten hat.

Wie war Ihr Seelenzustand?

Ich war enttäuscht. Weniger vom Ergebnis, denn es war klar, einer fällt raus. Wir haben es nicht geschafft, uns an einem Tisch offen zusammenzusetzen und zu sagen, so ist es, so machen wir es. So ist es zu einer Abstimmung gekommen,die eigentlich keine war.

Wieso war es keine Abstimmung?

Wenn sich alle an ihre bündischen Vereinbarungen halten, braucht man nicht abzustimmen, denn da weiß man schon, was rauskommt.

Führende Wirtschaftsbündler sagen, das war ein abgekartetes Spiel, bei dem der Wirtschaftsbund auf der Strecke blieb.

So ist es. Aber das ist Geschichte. Das war für mich am Tag nach der Abstimmung abgehakt. Das Schmerzhafte war, man hat zwei Tage Zeit, um sein Büro zu räumen und seinem Team neue Perspektiven zu geben, weil sich alles auflöst. Das ist das Unangenehme an der Geschichte. Um mich habe ich mir keine Sorgen gemacht. Mir war es immer wichtig, unabhängig zu sein. Das war vielleicht auch mit ein Grund, warum ich manchmal unangenehm war und deshalb so manche abgestimmt haben wie sie abgestimmt haben. Ich war nicht immer mit allen auf einer Linie.

Sie haben sich sodann gleich entschieden, die von Christoph Leitl angebotene Funktion als Wirtschaftsbundobfrau zu übernehmen.

Bei der Sitzung des Landesvorstandes des Wirtschaftsbundes am Tag nach der Abstimmung hat Leitl diesen Vorschlag gemacht. Auch mir gegenüber. Das war ein großer Vertrauensbeweis. Immerhin gehören dem Vorstand 25 Vertreter aus ganz Oberösterreich an. Die Funktion der Wirtschaftsbundobfrau ist sehr vergleichbar mit meiner früheren Position als Vorsitzende der Jungen Wirtschaft.

Es wurde auch festgelegt, dass Sie die Nachfolge von Wirtschafskammerpräsident Rudolf Trauner antreten werden. Trauner selbst sagt, sie werden darüber im Jahr 2017 reden, wann der Wechsel stattfinden wird.

Ich schätze den Rudi Trauner sehr, er ist ein wirklich guter Freund von mir, er hat mich in der Zeit der Jungen Wirtschaft gefördert. Da trennt uns gar nichts. Den idealen Zeitpunkt werden wir gemeinsam festlegen. Es wird vor der nächsten Wirtschaftskammerwahl (2020) sein. Es war von seiner Planung her immer so vorgesehen, dass er nicht mehr kandidiert.

Wirtschaftslandesrat Michael Strugl möchte nach dem Abgang von Landeshauptmann Josef Pühringer in der Landesregierung die Finanzen übernehmen.

Dabei unterstützen wir ihn.

Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm?

Ein sehr gutes. Ich wollte, dass er in der Regierung bleibt. Das haben wir bei der Abstimmung damals auch kundgetan. Er war immer ein Verbündeter, mutige Entscheidungen zu treffen. Im Finanzressort kann man tatsächlich viele Weichen stellen.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Landeshauptmannstellvertreter Thomas Stelzer?

Ein gutes. Ich kenne ihn seit meinem Regierungseintritt 2009. Er ist ein sehr sachorientierter Politiker. Er hat meine Entscheidung mitgetragen, die Schulsprengel bei den Neuen Mittelschulen aufzuheben. Er wird die Meilensteine, die wir gesetzt haben,weitergehen. Wir vom Wirtschaftsbund erwarten uns vom ÖAAB, den er vertritt, entsprechende Weichenstellungen und Zusammenarbeit, zum Beispiel beim Wunsch von Strugl nach dem Finanzressort.

Es geht einfach darum, bei der Neuaufstellung die richtigen Entscheidungen für Oberösterreich zu treffen. Es geht nicht um Stelzer oder Strugl, sondern um das Land. Die Ressorts sollen so aufgeteilt werden, dass sie am wirksamsten sind.

Schließen Sie eine Rückkehr in die Landesregierung aus?

Prinzipiell schließe ich gar nichts aus. Aber ich habe meine Schwerpunkte jetzt gewählt, sie machen mir große Freude.

Es gibt manche, die sagen, Sie wären eine gute Landeshauptfrau.

Es gab schon Vorschläge, dass ich Ministerin oder Staatssekretärin werden soll,sogar der Bundespräsident war einmal in Diskussion. Das schmeichelt sehr. Ich bedanke mich bei allen, die mir das zutrauen, aber ich habe jetzt meinen Schwerpunkt gewählt.

Welche Maßnahmen sind für die Wirtschaft notwendig?

Wir haben nicht nur in der Industrie, sondern auch bei den Klein- und Mittelbetrieben eine ganz schlechte Stimmung. Ein Grund ist die Wirtschaftslage selbst. Es fehlt das nötige Wachstum, es geht nur in kleinen Schritten nach vorn. Es gibt nur mehr wenig oder gar kein Vertrauen in die Politik. Und es gibt wenig Vertrauen in die Zukunft. Dieses mangelnde Vertrauen müssen wir ganz dringend angehen. Dazu braucht es größere Schritte. Dinge wie die Verordnung der Registrierkassen oder der Allergene führen dazu, dass die Betriebe sagen, was fällt euch denn noch alles ein. Es wird jeden Tag schwieriger,wir bekommen jeden Tag neue Auflagen.

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