"Die Wahl ist noch zu drehen"

SPÖ-Landesparteivorsitzender Reinhard Entholzer.
Der Landesvorsitzende der SPÖ sieht trotz schlechter Umfragewerte noch gute Chancen, bei der Landtagswahl am 27. September den zweiten Platz zu halten.

Reinhold Entholzer wird Anfang August 56. Der frühere ÖBB-Gewerkschafter ist seit eineinhalb Jahren Landesvorsitzender der SPÖ und Landeshauptmannstellvertreter.

KURIER: Die Wahlniederlagen der SPÖ in der Steiermark und im Burgenland am 31. Mai und die daraus folgenden Konsequenzen haben auch die oberösterreichische Landesgruppe schwer getroffen.Reinhold Entholzer: Das Thema der Kriegsflüchtlinge hat die Ergebnisse sehr stark beeinflusst. Die ÖVP in Oberösterreich hat inzwischen registriert, dass sie dieses Thema genauso trifft wie uns. Es dürfte ÖVP-Strategen gegeben haben, die geglaubt haben, es trifft eher die SPÖ. Nach dem 31. Mai war die Bereitschaft der Volkspartei zu einer kooperativen Zusammenarbeit eine wesentlich höhere. Mit dem Unterbringungs-Sicherstellungsgesetz haben wir nun eine gute Lösung gefunden.

Die Bilder der Zeltstädte erwecken einen falschen Eindruck. Die derzeit rund 40.000 Flüchtlinge sind eine Größenordnung, die verkraftbar sein muss, wenn man vernünftig arbeitet. Das tun wir in Oberösterreich. Denn wir sollten zu den wirklich wichtigen Themen wie die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit kommen, um die Wirtschaft anzukurbeln und den Menschen Perspektiven zu geben.

In den Umfragen für die Landtagswahl am 27. September hat die FPÖ die SPÖ überholt. Was ist Ihre Strategie dagegen?

Das Flüchtlingsthema hat der FPÖ geholfen, die lediglich Probleme aufzeigt, aber nie Lösungen hat. Wir haben hingegen bewiesen, dass wir zusammen mit der ÖVP Lösungskompetenz haben. Wir müssen zu den wichtigen Themen kommen. Wie schaffen wir Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze? Wir dürfen aber nicht in die Negativspirale kommen, wie auf den Verzicht von Errrungenschaften im Kollektivvertrag. Das propagiert die Industriellenvereinigung. Die Steuerreform ist ganz wichtig für die Konjunktur. Die Menschen werden im nächsten Jahr mehr Geld haben. Das wurde zu wenig populär gemacht.

Die FPÖ nimmt Ihnen doch deutlich Stimmen weg. Warum gehen Sie nicht schärfer gegen Ihren Hauptgegner vor?

Ich sehe bei der FPÖ keine Aktivitäten und keine Umsetzung. Wir wollen auf unsere Pespektiven eingehen, auf das, was wir umsetzen wollen. Wir haben mit 23 Kriegsschauplätzen weltweit die höchste Konfliktanzahl seit 1945. Die EU muss die Länder vor Ort stärker unterstützen, damit die Menschen nicht zur Flucht gezwungen werden. Wir sollen nicht zur Verunsicherung beitragen, sondern sie ordentlich lösen.

Die FPÖ anzugreifen, bedeutet gleichzeitig, sie im Fokus zu haben. Das muss man sich aus polit-taktischen Gründen überlegen. Die FPÖ wird die nächsten Monate nur über Flüchtlinge reden, weil sie kein anderes Thema hat. Aber: Warum hat FPÖ-Chef Haimbuchner um 150 Millionen Euro in den vergangenen sechs Jahren mehr verbaut als sein Vorgänger Hermann Kepplinger? Warum hat er nun plötzlich 65 Millionen mehr in den Topf gegeben? Weil wir vor einer Wahl stehen. Er hat den Alleinerzieherinnen die Wohnbeihilfe gekürzt. Das werden wir diskutieren. Hingegen kann sich das, was ich im Verkehrsressort umgesetzt habe, sehen lassen.

Führen die Auswirkungen des Flüchtlingsstroms zu einer Änderung der Strategie für die Wahl?

Wir haben bei den Flüchtlingen nie eine Stratgie gesehen, sondern die Aufgabe, sie ordentlich unterzubringen. Die FPÖ schürt die Ängste, indem sie sagt, es kommen so viele und die Arbeitslosigkeit wird nochmals steigen. Deshalb sind die Arbeit und der Wirtschaftsaufschwung für uns das Thema Nummer eins, damit die Menschen eine Zukunftsperspektive haben.

Ich frage mich, wo die Wirtschaftskompetenz der ÖVP ist, die sie behauptet? Seit 15 Jahren führen sie dieses Ressort. Das kann man weder der SPÖ noch Werner Faymann umhängen. Die ÖVP dürfte doch nicht so gut sein im Wirtschaften.

Die SPÖ liegt derzeit unter 20 Prozent. Ist das Wahlziel 25 Prozent plus X noch aufrecht?

Ja, ganz eindeutig. Die ÖVP verliert laut Umfragen genauso viel wie wir. Das liegt also nicht an unserer Politik, sondern an den Ängsten, die die FPÖ schürt. 2009 lagen wir laut Umfragen zu dieser Zeit um die 30 Prozent, bei der Wahl waren es dann 25 %. Es ist also noch einiges drinnen. Das wird nicht einfach werden. Dazu brauchen wir unsere Funktionäre und Bürgermeister, die sehr gute Arbeit geleistet haben.

Ist die Geschichte noch zu drehen?

Ja.

Wo liegt Ihre persönliche Schmerzgrenze?

Ich mache jetzt sicher nicht den Fehler von Franz Voves, irgendeine Zahl zu sagen. Ganz egal, wie die Wahl ausgeht, werden wir vernünftig entscheiden. Ich gehöre nicht zu denen, die sagen, ich vertschüsse mich, wenn es daneben geht. Ich laufe nicht davon. Ich brauche aber nicht den Sessel für mein persönliches Überleben.

Seit Ihrem Amtsantritt sind Sie ständig mit Wellen von der Bundespolitik konfrontiert, die für die oberösterreichische SPÖ eine Belastung sind. Haben Sie selbst auch Fehler gemacht?

Wir haben sicher auch Fehler gemacht. Wer arbeitet, macht Fehler. Es hat sicher auch Fehleinschätzungen gegeben. Aber wir haben keine gravierenden Fehler gemacht. Wir haben uns konzentriert, unsere Werte in den Vordergrund zu stellen. Das sind Arbeit und Solidarität.

Es gibt eine Personaldiskussion um Bundeskanzler Werner Faymann. Wie sehen Sie ihn?

Die Entscheidung über Faymann wird bei der nächsten Nationalratswahl fallen. Das ist für mich kein Thema. Ich schaue, dass ich meine Aufgaben ordentlich erledige und er wird das sicher auch mit bestem Wissen und Gewissen machen. Der Wähler entscheidet.

Der Linzer Bürgermeister hat sich im Interview mit dem KURIER gegen eine Koalition mit der FPÖ sowohl in der Stadt als auch im Land als auch auf Bundesebene ausgesprochen.

Ich sehe das ähnlich. Ich habe lediglich gesagt, dass ich mit allen Parteien rede, auch nach der Wahl. Daraufhin gab es im Landesparteivorstand eine kleine Krise. Ich habe betont, dass ich mit der FPÖ rede, aber nicht mit ihr koaliere. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Wir kommen in vielen Punkten inhaltlich nicht zusammen. Ich kann mir nach den menschenverachtenden Äußerungen in der Asylfrage nicht vorstellen, mit ihr zusammenzuarbeiten. Ich lasse mich auch nicht von der FPÖ zum Ersten machen. Es ist interessant, dass gerade ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer mir das vorhält. Es war die ÖVP, die sich von der FPÖ 1967 zum Ersten hat machen Lassen. Das war auch 1999 der Fall, als die FPÖ den Dritten Wolfgang Schüssel zum Kanzler gewählt hat.

Ihre Bereitschaft für die eine Regierungskoalition mit der ÖVP bleibt aufrecht?

Ja, ich habe das immer gesagt. Die Sozialdemokratie ist keine Oppositionspartei, sondern wir wollen mitgestalten. Es ist zwar in der Regierungsverantwortung etwas schwieriger, aber dafür kann man die Dinge in die richtigen Bahnen lenken. Genau das wollen wir Sozialdemokraten.

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