Die etwas anderen Communisten

Geschäftsführer Ewald Pöschko (li.) und Braumeister Leitner
Die Freistädter Brauerei setzt auf Regionalität total und absolute Unabhängigkeit. Von Gerhard Marschall.

Die Welt werde nach Corona eine andere sein, heißt es. Aber niemand weiß wirklich, was das bedeutet. Wie auch immer: Ewald Pöschko, Geschäftsführer der Braucommune Freistadt, sieht sein Unternehmen im Vorteil. „Wir waren von unserer Einstellung her schon immer anders.“

Der raue Charakter des Mühlviertels

Anders heißt, die Biere aus Freistadt sind hopfiger. „Das entspricht dem rauen Charakter des Mühlviertels und damit treffen wir den Geschmack der Region.“ Anders, das meint auch Regionalität total. Die wird momentan allseits beschworen und hier seit Langem gelebt, indem ausschließlich österreichische Rohstoffe verwendet werden. Der Hopfen kommt ausschließlich aus dem Mühlviertel, das Wasser sowieso, die Gerste für das Malz aus dem niederösterreichischen Weinviertel.

Linz und der Mühlviertel sind der Markt

Und das „anders“ gilt auch für die Strategie. „Wir beliefern nicht ganz Österreich und exportieren nicht, wir brauen unser Bier für die Mühlviertler und für die Linzer.“ Als Pöschko vor 25 Jahren das Revier eng absteckte, sei er ausgelacht worden, erinnert er sich. „Heute lache ich.“ Dank der Beschränkung auf ein überschaubares Absatzgebiet sei man weniger krisenanfällig. Dies auch, weil der Fassbieranteil nur bei gut 20 Prozent liegt. Mit einem Jahresausstoß von 120.000 Hektoliter Bier und 22.000 Hektoliter Limonaden ist Freistadt Oberösterreichs größte Privatbrauerei. Von den elf Biersorten ist das kantige, etwas stärkere „Ratsherrn Premium“ die meistgetrunkene.

Die etwas anderen Communisten

Die Ratsherren Premium Flasche

Jubiläumsimperator

Eigentlich sollte heuer groß gefeiert werden, die Brauerei besteht seit 250 Jahren. Die geplanten Festivitäten mussten jedoch allesamt abgesagt werden. Immerhin ein Jubiläumsbier „Imperator“ mit 8,2 % Alkoholgehalt und ein Gewinnspiel gibt es. Und es bleibt die Hoffnung, dass der traditionelle Starkbieranstich am 25. Oktober im Brauhof abgehalten werden kann.

1770 startete die Braucommune

Die Freistädter Biergeschichte reicht weit zurück. 1363 verlieh Herzog Rudolf IV. den Bürgern innerhalb der Stadtmauern das Privileg, in ihren Häusern Bier zu brauen und auszuschenken. Die taten sich 1770 zur Braucommune zusammen und beschlossen, ein gemeinsames Brauhaus zu errichten. Der Vertrag mit der Gemeinde über den Kauf des Grundstücks gilt als Gründungsurkunde. Die Rechtsform der Braucommune ist einzigartig in Europa. Weil das Braurecht heute wie damals auf 149 Häuser grundbücherlich festgeschrieben ist. Da die Communisten ihre Anteile nicht verkaufen können, sei absolute Unabhängigkeit für immer garantiert, freut sich Pöschko. „Es müsste jemand die ganze Innenstadt kaufen, dann gehört ihm auch die Brauerei.“

126 Mitarbeiter

Die spezielle Gesellschaftsform bedeutet tiefe Verankerung in der Stadt und deren Umland. Geschäftsführer Pöschko leitet daraus Verantwortung ab. In diesem Sinn hat er soeben eine Gemeinwohlbilanz erstellt. Darin ist aufgelistet, was der Brauerei jenseits von Umsatz, Gewinn und Kapitalrendite wichtig ist. Etwa, wie sie mit Lieferanten und Kunden umgeht. Und mit den aktuell 126 Mitarbeitern, von denen in der Krise kein einziger freigestellt wurde. Das Brauhaus, der zur Brauerei gehörende Gasthof, wird demnächst mit der Originalbelegschaft wiedereröffnet. Diese Werte würden in Zukunft einen hohen Stellenwert haben, ist Pöschko überzeugt.

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