„Die Entwicklung der FPÖ beunruhigt mich“
Wolfgang Hattmannsdorfer (41) ist Landtagsabgeordneter und Landesgeschäftsführer der ÖVP Oberösterreich.
KURIER: Steht Ihre Strategie für die Landtags- und Gemeinderatswahl im Herbst schon?
Wolfgang Hattmannsdorfer: Das Entscheidende ist, dass zum Jahreswechsel nicht die Oberösterreich-Wahl im Vordergrund steht, sondern die Bekämpfung der Corona-Krise. Sie wird die Agenda bestimmen. Es geht nicht um das Wahlziel und den Wahlausgang, sondern um das Arbeiten, damit wir stark aus der Krise kommen.
Es gibt also noch keine Strategie für die Wahl.
Es gibt sicher Überlegungen, aber im Fokus steht jetzt die Bekämpfung der Corona-Krise. Jede Partei, die sich jetzt mit Kommunikation und Kampagnen beschäftigt, hat den Ernst der Krise nicht erkannt. Ich appelliere an alle Parteien, einen möglichst kurzen Wahlkampf zu machen. Die Parteien sind gefordert zusammenzuarbeiten.
Unsere Hauptthemen sind die Gesundheit zu schützen und alles zu tun für Arbeitsplätze, um Oberösterreich stark zu machen. Was können wir aus der Krise lernen? Die Regionalität und die Digitalisierung stärken, ebenso Mobilität und Klimaschutz. Dann gibt es noch aktuell die großen Fragen der Pflege und der Integration.
Wie kurz ist ein kurzer Wahlkampf? Ein Monat?
Die Oberösterreicher sollen uns an den Taten messen. Es hat jetzt sechs Jahr Zeit gegeben, die Politik zu beurteilen. Es reicht, wenn wir zwei, drei Wochen Wahlkampf machen.
Sie sind ein Verfechter der schwarz-blauen Regierungskoalition. Die Blauen profilieren sich in der Corona-Krise mit abweichenden Stellungnahmen und kritisieren Kanzler Sebastian Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Was hat das für Konsequenzen?
Wir arbeiten in Oberösterreich sehr gut zusammen. Ich bekenne mich zu dieser Partnerschaft. Wir werden trotz Wahlkampf solide bis zum Ende der Periode arbeiten. Dann ist der Wähler am Wort. Es beunruhigt mich aber die Entwicklung der FPÖ auf Bundesebene unter Herbert Kickl (parlamentarischer Klubobmann, Anm.). Das ist mittlerweile unterirdisch. Es geht nur um Anpatzen und Polemik, es gibt null Sachlichkeit. Diese Linie darf sich in Oberösterreich nicht durchsetzen. Umso wichtiger ist es daher, dass es eine gestärkte ÖVP bei dieser Wahl gibt, die die Linie für Oberösterreich klar und verlässlich vorgeben kann. Die jetzige Phase zeigt ganz deutlich, dass es entscheidend ist, wer die Nummer eins ist.
Bei der Landtagswahl 2015 erzielte die ÖVP 36 Prozentpunkte, in den Umfragen liegt sie derzeit zwischen 40 und 44 Prozent. Üblicherweise liegt die Landespartei rund zehn Prozentpunkte über dem Ergebnis der Bundespartei, demnach müsste die Landes-ÖVP zwischen 47 und 50 Prozentpunkte erreichen. Was ist für Sie ein zufriedenstellendes Wahlergebnis?
Umfragen sind immer nur Momentaufnahmen. Die politische Landschaft dreht sich unheimlich schnell. Vor einem Jahr war eine gewisse Frau Bierlein noch Bundeskanzlerin, nun sind wir im dritten Lockdown. Jetzt zu sagen wie die Wahl ausgehen wird, kann nicht einmal jemand mit der besten Glaskugel prognostizieren. Wir treten zum ersten Mal mit Thomas Stelzer als Landeshauptmann an, wir wollen gestärkt aus der Wahl hervorgehen.
Wie sehen Sie die Stärken und Schwächen der anderen Parteien? Beginnen wir mit der FPÖ.
Wir arbeiten mit der FPÖ sehr gut zusammen. Die große Frage wird sein, wie sieht das aus in der zunehmenden Polarisierung der Bundes-FPÖ? Kickl treibt die Partei zu Entscheidungen, die man auch mit dem Hausverstand nicht mehr nachvollziehen kann. Meine ganz, ganz große Hoffnung ist, dass die FPÖ in Oberösterreich bei ihrem verlässlichen Kurs bleibt. Wir nehmen natürlich da und dort wahr, dass es da und dort schon ein Ausscheren gibt, insbesondere bei bundespolitischen Debatten. Das muss man zur Kenntnis nehmen.
Stärken und Schwächen der SPÖ?
Sie verwundert mich. Wir sind mitten in einer Corona-Krise und die Partei diskutiert darüber, ob sie eine junge Frau aus dem Nationalrat werfen soll. Man fragt sich, wo die Prioritäten liegen. Landesrätin Birgit Gerstorfer hat sehr, sehr viel zu tun, wenn ich an die Infektionszahlen in den Altenheimen denke. Die SPÖ ist schon im vergangenen Jahr in den Wahlkampfmodus gewechselt. Ich hoffe dennoch, dass sich die konstruktiven Kräfte durchsetzen.
Stärken und Schwäche der Grünen?
Der Herr Kaineder ist zwar seit einem Jahr im Amt, aber man hat noch nicht viel von ihm mitbekommen. Er segelt noch immer im Windschatten des Rudi Anschober.
Kaineder setzt voll auf das Thema Klimaschutz, bei dem das Angebot der ÖVP ziemlich dürftig ist.
Die ÖVP hat die Nachhaltigkeit in ihrer DNA und in ihrem Grundsatzprogramm. Wir bekennen uns zu einer Umweltpolitik mit Hausverstand. Oberösterreich ist in einigen Bereichen führend, zum Beispiel in der Green Technology, in der Green Energy, in der erneuerbaren Energie.
Der zweite Punkt ist der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, bei dem es unter Stelzer einen Paradigmenwechsel gegeben hat. Wir geben dafür mehr Geld aus als für den Ausbau der Straßen. Wir stehen auch an der Spitze der Anti-Atom-Bewegung. Entscheidend in der Klimafrage ist der Hausverstand. Umweltauflagen dürfen Arbeitsplätze und Industrie nicht vernichten, das wird es mit uns nicht geben.
Die Grünen wollen die FPÖ als Koalitionspartner ablösen. Ist Kaineder für die ÖVP ein möglicher Partner?
Er hat bei zentralen Fragen in der Integrationspolitik noch keine Antworten gegeben, obwohl er als Landesrat dafür zuständig wäre. Bei der Koran- und Moscheenstudie ist er schon sehr lange die Ergebnisse säumig. Ich vermisse seine klaren Antworten und die klare Kante beim politischen Islam und beim Extremismus.
Obwohl der Verfassungsgerichtshof das Kopftuchverbot an Volksschulen aufgehoben hat, wollen Sie die Regelung wieder einführen. Warum wollen Sie diese höchstrichterliche Entscheidung nicht akzeptieren?
Die Entscheidung zur alten Regelung ist natürlich zu akzeptieren. Im Sinne der Gleichberechtigung von Mann und Frau braucht es jedoch rasch eine Neuregelung, die Volksschülerinnen vor einem etwaigen Kopftuchzwang schützt. Wir halten es für untragbar, dass Mädchen ab dem Alter von sechs Jahren zum Tragen eines Kopftuches gezwungen werden können.
Experten in Deutschland zeigen mögliche Ansatzpunkte für eine rechtlich tragfähige verfassungskonforme Regelung auf.
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