Der Klimawandel verlangt neues, gegen Trockenheit resistentes Saatgut
Die Hallen sind weitgehend leer, nur da und dort stapeln sich noch Säcke. „Das Saatgut ist draußen, die Bauern haben angebaut. Im Juni beginnt die Ernte“, erklärt Geschäftsführer Josef Fraundorfer (53).
Die Saatbau hat seit 1962 ihre Zentrale in Linz-Leonding, gleich neben der Bundesstraße 1. Heute ist das dicht verbautes Gebiet, damals war es ein Bau auf der grünen Wiese, daneben waren Baracken für Flüchtlinge. Halle um Halle wurde erweitert, Grundstücke dazugekauft. Im vergangenen Jahr wurden von den 3.180 Bauern, denen die Genossenschaft gehört, auf 12.233 Hektar Mais, Getreide, Raps, Sojabohne und Sonnenblume als Saatgut angebaut. Dazu kamen weitere 5.480 Hektar im Ausland. Der Umsatz, betrug 2019 rund 194 Millionen Euro, zehn Jahre zuvor waren es 80 Millionen. Die Hälfte des Geschäftes wird außerhalb Österreichs gemacht. „Wir sind heute ein europäisches Unternehmen“, sagt Fraundorfer. Die Tochterfirmen erstrecken sich von Frankreich bis Russland, Züchtungsstandorte sind auch in Puerto Rico, Chile, Mexiko, und Rumänien. Für 2030 peilt Fraundorfer 300 Millionen Euro Umsatz an.
Am kommenden Freitag hätte die Saatbau ihren 70. Geburtstag gefeiert, er fällt aber der Corona-Krise zum Opfer. 1950 haben sich die fünf regionalen Saatbaugenossenschaften Arnreit, Freistadt, Otterbach, Wels und Linz zur Saatbau zusammengeschlossen. Der damalige Landeshauptmann Heinrich Gleißner und Landesrat Johann Blöchl, Bauer aus Lasberg, drängten auf diese Lösung. Seither ging es bergauf. Als Karl Fischer (72) im Jahr 1985 Geschäftsführer wurde – er ging 2013 in den Unruhestand –, gab es 66 Mitarbeiter, heute sind es 550. Die Hälfte ist international tätig.
Obwohl die Saatbau vom Shutdown nicht betroffen war, weil sie kritische Infrastruktur ist, hat er Auswirkungen. Fraundorfer: „Das ist ein schleichender Prozess. Wenn die Kaufkraft zurückgeht, wenn der Konsument sein Kaufverhalten ändert, hat das auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Es könnte zum Beispiel der Bioanteil (wegen des höheren Preises, Anm.) zurückgehen. Da der Ölpreis gesunken ist, ist auch der Preis für Bioethanol nach unten gegangen. Der Weltmarktpreis für Zucker ist zusammengebrochen. Die Preise für Soja und Mais sind niedriger.“ Karl Fischer erinnert sich an 2009: „Die Krise war zwar eine Wirtschafts- und Finanzkrise, trotzdem ist um rund fünf Prozent weniger Saatgut gekauft worden.“
Das Unternehmen reagiert auf die modernen Ernährungstrends. Der Bioanteil wächst, die Zahl der Biobetriebe mit Ackerland stieg von 7.861 im Jahr 2000 auf 12.276 (2019). Saatbau entwickelt spezielle Sorten für die Nahrungsmittelindustrie und lässt sie die Bauern auf einer Fläche von 35.000 Hektar (Kontraktlandwirtschaft) anbauen: Braugerste für die Mälzereien (Brauereien), Rapsöl für Rapso (Ölmühle Aschach), Soja für die Joya-Pflanzenmilch, für Tofu und Aufstriche, Brotgetreide für die Bäcker.
Der Klimawandel ist eine weitere Herausforderung. Fischer: „Die Sorten des Getreides müssen frühreifer und trockenresistenter werden.“ Fraundorfer: „Wir haben Standorte in der Türkei und Rumänien, wo es extrem trocken ist. Wir haben dort Klimadaten, die man bei uns in zehn bis 15 Jahren erwartet. Da testen wir unser Material bereits ab.“ Die Entwicklung von Pflanzenzüchtungen dauert im Schnitt sieben Jahre, dazu kommen drei weitere Jahre für die offizielle Prüfung. Nach zehn Jahren steht es zum Anbau zur Verfügung. So ist es nicht verwunderlich, dass die Anteil der Forschung und Entwicklung sieben bis acht Prozent des Umsatzes ausmacht. Fischer: „Das ist der Schlüssel zum Erfolg.“
International wächst die Macht die Saatgut-Konzerne durch Fusionen und Aufkäufe. So hat beispielsweise Bayer Monsanto übernommen. Fraundorfer setzt dagegen: „Wir sind anpassungsfähig und flexibel. Wir sind näher beim Landwirt. Wir können auf Veränderungen schnell reagieren. Je größer die Großen werden, umso größer werden die Löcher zwischen ihnen, die wir besetzen können.“
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