„Das ist wie eine Naturkatastrophe“

Abt Pater Reinhold Dessl und Forstchef Manfred Feichtinger
Ein Drittel des 1.300 Hektar großen Kürnbergerwaldes vor den Toren von Linz ist dem Borkenkäfer und der Trockenheit zum Opfer gefallen. Die Fichten und die Eschen sind tot. Der Wald wird Jahrzehnte brauchen, um sich wieder zu erholen

Spaziergänger sind entsetzt. Große Gebiete wurden abgeholzt, dort, wo einst tausende Bäume standen, sind nun freie Flächen. Fichten und Eschen mussten rausgeschnitten werden. Der Schaden ist derart groß, dass er schwer abschätzbar ist. „Ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals eine so schlechte Situation gegeben hat. Das kommt einer Naturkatastrophe gleich“, sagt Pater Reinhold Dessl (57), Abt des Stiftes Wilhering. Dem Kloster gehören rund 1.000 der 1.300 Hektar großen Waldfläche, die sich zwischen Linz und Wilhering erstreckt.

Klimakrise

„Es gibt nicht nur die Corona-Krise, sondern auch die Klimakrise. Es wird immer trockener, das Wasser wird weniger. Die mangelnde Feuchtigkeit ist sicher eine Auswirkung“, sagt Pater Reinhold.

Bannwald im Donautal

Forstdirektor Manfred Feichtinger (58), seit 1981 Stiftsförster, betreut die rund 1.550 Hektar Stiftswald. Denn zum Kürnbergerwald kommen noch 250 Hektar in Eidenberg und 100 Hektar in Pettenbach. Die Schlägerungen im Bereich des Donautales entlang der Bundesstraße B 129 und entlang des Prinzensteigs sind dem Bannwald geschuldet, bei dem die Wildbach- und Lawinenverbauung, eine Bundesbehörde, die Entscheidungen über die Schlägerungen trifft. Die dortigen Buchenbestände werden verjüngt.

„Das ist wie eine Naturkatastrophe“

Riesige Flächen mussten abgehozt werden

Das Hauptproblem ist ein anderes. „Wir sitzen mit dem Kürnberg im Hauptgebiet des Borkenkäfers“, erläutert Feichtinger. „Der Käfer frisst unsere Fichtenbestände, die ein Drittel des Waldes ausmachen, auf. In fünf Jahren werden wir hier wahrscheinlich keine Fichten mehr haben.“ Begonnen hat das Drama im Sommer 2015. „Abgesehen von den hohen Temperaturen haben wir zu wenig Niederschläge. Die Fichte würde die erhöhten Temperaturen aushalten, es fehlt aber der Regen. 2017 hat das Donautal hier weniger Niederschläge gehabt als das Burgenland. Das war das trockenste Gebiet von ganz Österreich.“

35.000 Jungpflanzen gesetzt

Zur Aufforstung wurden im heurigen Frühjahr 35.000 Jungpflanzen gesetzt. „Wenn nicht bald Regen kommt, werden 80 Prozent davon absterben.“ Statt der Fichte werden nun hauptsächlich Laubbäume angepflanzt: Rotbuche, Bergahorn, Eiche, Douglasien, Weißtanne und Lerche. Der Fichtenanteil wurde auf 15 bis 20 Prozent reduziert. Dabei hat die Forstwirtschaft in der Vergangenheit immer von der Fichte gelebt.

Eschensterben

Zum Fichtensterben gesellt sich das Sterben der Eschen, die im Kürnbergerwald rund 40 bis 50 Hektar ausmachen. „Verantwortlich für das Eschentriebsterben ist ein Pilz, der aus Asien kommt, den die asiatische Esche aushält, aber nicht die europäische.“

„Das ist wie eine Naturkatastrophe“

Die Stämme warten auf ihren Abtransport

Für das Stift ist das nicht nur ein großer ökologischer, sondern auch ein großer wirtschaftlicher Schaden. „Wir erfahren eine Einkommensminderung in den nächsten Jahrzehnten“, sagt Abt Reinhold. „Wir hoffen, ihn positiv zu halten, damit wir die Forstarbeiter und die Aufforstung zahlen können.“

Balance zwischen Wirtschafts- und Erholungswald

Der Wald ist nicht nur für das Zisterzienserkloster wichtig, sondern auch für viele Linzer bzw. für Menschen aus dem Linzer Umland, die hier spazieren gehen oder wandern. Abt Reinhold: „Wir müssen die Balance finden. Einerseits ist der Wald ein Wirtschaftsbetrieb, andererseits ein Naherholungsgebiet. Es sind immer wieder Maschinen unterwegs, was sich in der Beschaffenheit der Wege auswirkt. Wir können keine asphaltierten Wanderwege anbieten. Es ist ein völliges Missverständnis, wenn man uns vorwirft, wir beuten den Wald aus. Wir investieren sehr viel in die Aufforstung und die Pflege.“

Erlöse für das Stiftsgymnasium

Die Erlöse aus dem Wald werden für Investitionen im Stiftsgymnasium verwendet, das von 530 Schülerinnen und Schülern besucht wird. Der Normalbetrieb wird durch die Elternbeiträge von 93 Euro pro Monat, zehnmal jährlich, gedeckt. Die Professoren werden vom Staat bezahlt. Doch Umbauarbeiten und bauliche Investitionen wie etwa ein Turnsaal werden vom Stift bezahlt. „Es sind hunderttausende Euro, die wir in den vergangenen Jahren in die Schule investiert haben“, sagt der Abt.

Spiritualität

Als die drei großen Themen des Stiftes nennt er Abt die Natur (Kürnbergerwald, das Gebiet entlang der Donau), die Kultur (Kunst, Fröhlich-Museum, Bildung, Theater) und die Religion. „Wilhering ist ein Ort der Spiritualität seit 875 Jahren“ (Rokoko-Kirche, Kirchenmusik, klösterliches Gebet, Pfarrseelsorge in 14 Pfarren). Der Konvent umfasst 19 Mönche. Abt Reinhold: „Wir bräuchten dringend wieder neue Ordensberufungen.“ Und: Es bestehe auch die Möglichkeit eines freiwilligen Ordensjahres, unabhängig vom Lebensalter, Stand und Religion. Es reicht von drei Monaten bis zu einem Jahr.

Kommentare