Caritas sieht kein Bettlerproblem: "Armutszeugnis für Politik"

Wie definiert man, ob der Bettler ehrlich ist oder gewerbsmäßig oder aggressiv um Almosen bittet?
Die Caritas lehnt die Verschärfung ab, die Grünen rufen zum Widerstand auf.

Als Caritas sind wir grundsätzlich gegen eine Verschärfung der geltenden Gesetze, weil die derzeitigen Regelungen ausreichen." Franz Kehrer, Direktor der Caritas der Diözese Linz, erteilt der von ÖVP, SPÖ und FPÖ, der Polizei und den Bürgermeistern von Linz, Wels und Steyr am Donnerstag erzielten Einigung zum Verbot von gewerbsmäßiger Bettelei eine Absage. Aggressives Betteln und Organisation im Sinne der Ausbeutung von Menschen seien selbstverständlich abzulehnen, das stehe aber bereits jetzt unter Strafe. Menschen aus Osteuropa organisierten sich vielfach in Familienverbänden, deshalb stünden hinter organisiertem Betteln nicht automatisch kriminelle Strukturen.

Verbote helfen nicht

Kehrer stößt die Debatte übel auf. "Es ist ein Armutszeugnis für Oberösterreich, wie mit dem Thema umgegangen wird. Armut lasse sich nicht durch Verbote beseitigen. "Wir sollten unsere humanitäre und christliche Verantwortung nicht einfach so beiseite schieben." Der Verfassungsgerichtshof habe festgehalten, dass Betteln ein Akt der freien Meinungsäußerung sei. Daher sei es zu bezweifeln, ob dieses Recht auf Menschen, die hier ihren Wohnsitz haben, beschränkt werden könne.

Die Caritas führe seit Mai eine Beratungsstelle für Armutsmigranten in Linz. Hier werde deutlich, dass ein Großteil der Menschen, die in Linz betteln, eigentlich auf Arbeitssuche seien. Aufgrund fehlender Qualifizierung und Grundbildung sei es für sie sehr schwer, einen Job zu finden. Sehr vielen gehe es auch darum, ihre Familie im Herkunftsland zu erhalten. "Wenn die Kinder zu Hause nicht von anderen betreut werden können, werden sie mitgenommen, es gibt aber oft daheim auch noch andere Angehörige, die zu versorgen sind."

Mit Streetwork und Deutschkursen könne man zu einem besseren Miteinander beitragen. "Klar ist aber auch, dass wir und unsere Politiker auf EU-Ebene dringend dazu beitragen müssen, die Armut in den Herkunftsländern zu beseitigen."

Kampagne der Grünen

Für die Grünen ist die Debatte um ein verschärftes Bettelverbot "einfach nur bedrückend, ja erschütternd. Ein Medium (gemeint ist die Kronen Zeitung), das den Takt vorgibt, eine Politik, die mittanzt und das auf dem Rücken der Ärmsten, die weiter an den Rand gedrängt und diskriminiert werden." Landessprecherin Maria Buchmayr will "aufrütteln und bewegen. Wir wollen nichts unversucht lassen, diese Gesetzesänderung zu verhindern. Und wir bauen dabei auch auf kritische Haltungen in ÖVP- und SPÖ-Reihen und auf die Kraft der Zivilgesellschaft." Man habe bereits Unterstützungsbriefe versandt, zum Beispiel an die SPÖ-Abgeordnete Daniela Holzinger oder an den Präsidenten der Katholischen Aktion, Bert Brandstetter. Die Gesetzesänderung sei unsozial, überflüssig und wirkungslos. Hier würden Ressentiments geschürt.

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