Bühne statt Diplomarbeit

Bühne statt Diplomarbeit
Vor der Diplomarbeit warf Maria Hofstätter ihr Studium hin. Heute ist die 47-Jährige erfolgreiche Schauspielerin.

Kennst du die zehn beliebtesten Supermärkte?" Mit dieser und ähnlichen Fragen und den dazugehörenden Antworten nervte Maria Hofstätter 2001 als geistig zurückgebliebene Autostopperin in Ulrich Seidls Film "Hundstage" die Autofahrer. Sie wurde dadurch einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Seitdem ist der Name der gebürtigen Mühlviertlerin, die in Wien lebt, untrennbar mit dem Filmemacher verknüpft.

Die Arbeit mit ihm unterscheide sich sehr stark von anderen Regisseuren. "Bei Seidl gibt es kein Dialog-Drehbuch, keine Zeitvorgaben. Erst wenn man die eigene Figur und das Milieu genau kennt, und das kann Jahre dauern, beginnt man zu drehen."

Altenpflegerin

Für "Hundstage" besuchte sie über ein Jahr eine Behinderten-WG, trieb sich auf Parkplätzen, in Supermärkten und auf der Straße herum. Zur Vorbereitung einer Altenpflegerin für "Import/Export" hat sie drei Monate in der Wiener Geriatrie Lainz auf einer Pflegestation gearbeitet. Kennengelernt hat die 47-Jährige den Regisseur Seidl 1991 bei Dreharbeiten eines ORF-Porträts über den Karikaturisten Gerhard Haderer in Linz, wo ihre Karriere begann. "Ich spielte eine fiktive Nachbarin von Gerhard Haderer, die Kommentare über den Künstler abgibt."

Eigentlich habe sie gar nicht vorgehabt, Schauspielerin zu werden. Nach der Matura hat sie Geschichte und Psychologie studiert. "In meinem letzten Schuljahr in Linz habe ich begonnen, Kabarett zu spielen, eher aus Jux und Tollerei. Nach ein paar Jahren war eine Entscheidung fällig, entweder Bühne oder Diplomarbeit. Es ist kein Geheimnis, wie ich mich entschieden habe." Eine Schauspielausbildung sei sich nicht mehr ausgegangen, weil das Stipendium schon aufgebraucht war.

Hinderungsgrund, Preise einzuheimsen, war das aber keiner: Für ihre Rolle als Autostopperin in "Hundstage" bekam sie beim internationalen Filmfestival von Gijon 2001 den Preis für die beste Darstellerin. Und bei der Berlinale 2003 wurde Sie als "Shootingstar" ausgezeichnet, was sie doch überrascht hat. "Ich war ja fast 40 Jahre alt, da ist es doch ein bisschen komisch ein ,Shootingstar' zu sein. Aber man freut sich über Auszeichnungen, keine Frage."

Josef Hader

Derzeit ist sie in der Komödie "Wie man leben soll" in den heimischen Kinos zu sehen. Mit Josef Hader spielt sie ein älteres Swinger-Ehepaar. Es war nicht das erste Mal, dass sie mit ihm vor der Kamera stand. Alle paar Jahre spielen die beiden ein Ehegespann. "Wenn man einen Kollegen lange kennt, ihn mag, fällt das Zusammenspiel eben leichter. Und Hader ist eben Hader", antwortet Hofstätter auf die Frage, was das Besondere an der Arbeit mit ihm ist.

Bis Juli hat die umtriebige Schauspielerin für die ORF-Serie "Braunschlag" gedreht, die im kommenden Jahr über die Bildschirme läuft. In der Satire über einen Bürgermeister, der seinen Ort in den Ruin getrieben hat, gibt sie an der Seite von Robert Palfrader die leicht depressive Frau des Ortschefs. Gerade weilt sie in Berlin, wo sie für das Theaterstück "Kirschgarten" von Anton Tschechow probt, das Anfang Dezember in den Sophiensälen Premiere feiert.

Vom Bauernhof nach Berlin

Maria Hofstätter wuchs auf einem Bauernhof in Gramastetten im Mühlviertel auf. Die 47-Jährige spielte in Komödien wie "Indien", "Poppitz" oder "Hinterholz 8" mit. Zu sehen war sie auch in ernsten Streifen wie Ulrich Seidls "Hundstage", "Import/Export" oder in Michael Hanekes "Wolfzeit". Bei der Berlinale 2003 wurde sie zum "Shootingstar" gekürt. Hofstätter ist neben ihrer Filmarbeit auch für das Theater tätig. Seit 1995 leitet sie das Vorarlberger Projekttheater. 2004 spielte sie unter der Regie von Ulrich Seidl in "Vater unser" auf der Berliner Volksbühne.

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