„Brauchen wieder mehr Gestaltung“

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer, ÖVP
Thomas Stelzer freut sich auf gewählte Regierung. Er ist 2020 Sprecher der Landeshauptleute

Wenn Oberösterreichs Landeschef Thomas Stelzer (ÖVP) zu Jahresbeginn für die erste Hälfte 2020 den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz übernimmt, wird er vermutlich auf ein völlig verändertes politisches Umfeld auf Bundesebene treffen. In vielen bundesweit wichtigen Bereichen ist nach dem Aus der türkis-blauen Regierung ein Vakuum entstanden, was auch die Bundesländer bremst. Bei der letzten LH-Konferenz fiel der sonst sehr diplomatisch agierende Stelzer im Bezug auf die offene Abgeltung des Pflegeregresses durch den Bund auf. Das Ganze sei „ein unwürdiges Schauspiel“, kritisierte er.

Mitte Februar wird Stelzer in einem Festakt in Wien den Vorsitz von Niederösterreichs Landeschefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) übernehmen; Mitte Mai werden die Landeshauptleute zwei Tage in Linz tagen.

Entscheidungen

Seine Ländervertretung vermutlich zeitgleich mit der neuen Bundesregierung starten zu können, beurteilt Stelzer im KURIER-Gespräch positiv. „Ich glaube, es kann nur im Interesse der Republik und somit auch der Bundesländer sein, wenn wir wieder eine Bundesregierung haben, die nicht nur verwaltet, sondern auch politische Entscheidungen trifft“, sagt er, betont aber zugleich seinen großen Respekt vor der Übergangsregierung. Aber: „Wir brauchen wieder mehr Gestaltung.“

Arbeitsplätze

Als Chef eines Landes mit starker Wirtschaft nennt Stelzer die Stärkung der Wirtschaftsentwicklung als wichtigstes Schwerpunktthema seines halbjährigen Vorsitzes. „Über allem stehen daher die Herausforderungen, österreichweit Arbeitsplätze zu sichern und ein solides Umfeld für unsere Unternehmen zu bewahren“, so Stelzer.

Aber natürlich gäbe es auch länderspezifische Themen, wie die Finanzierung oder Organisation der Pflege. Stelzer: „Jeder und jede soll sich darauf verlassen können, dass man die beste Pflege bekommt.“ Ebenfalls in seinem Fokus: Die Stärkung des ländlichen Raumes.

„Ich werde nicht locker lassen“, kündigt Stelzer jedenfalls im Bezug auf den vom Bund einseitig mit 300 Millionen Euro gedeckelten Kostenersatz beim Pflegeregress an. Ausverhandelt seinen bis zu 340 Millionen Euro worden. „Die Länder und Gemeinden müssen sich auf die Zusagen des Bundes verlassen können“, das sei für ihn eine zentrale Frage. Mit „unwürdigem Schauspiel“ meinte er die Verunsicherung, die durch die Diskussion für Pflegende und Gepflegte entsteht.

Forderungen

„Brauchen wieder mehr Gestaltung“

Mitte Feberuar übernimmt Thomas Stelzer (r.) den Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz von Johanna Mikl-Leitner

Als schwieriges Terrain könnte sich für Stelzer die Koordination der Begehrlichkeiten der Länder an den Bund bei Infrastrukturausbauten erweisen – Stichwort: „Nahverkehrsmilliarde“. Gerade für den staugeplagten Zentralraum um Linz bedarf es kostenintensiver Projekte. Jedes Bundesland habe legitime Anliegen und Wünsche, sagt Stelzer. „Als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz ist es natürlich meine Aufgabe, die Bundesländer und ihre Interessen zu koordinieren. Das heißt aber nicht, dass man in dieser Funktion auf alle für Oberösterreich relevanten Anliegen verzichten muss“, will Stelzer nicht zurückstecken.

Bedingung

Gerade in Oberösterreich sperren sich die Grünen massiv gegen neue Straßenprojekte und fordern stattdessen mehr öffentlichen Verkehr. Ihr Nein zur geplanten Linzer Ostumfahrung als Verbindung zwischen dem Mühlviertel und der Westautobahn, A1, haben sie als Bedingung für eine türkis-grüne Regierung deponiert.

OÖ als Stolperstein für Türkis-Grün? Stelzer: „Ich glaube, jeder, der eine Regierungspartnerschaft eingehen will und mit gesundem Hausverstand ausgestattet ist, weiß auch, dass es Kompromisse geben muss und dass er kein Monopol auf die Themen hat, die sich im Regierungsprogramm finden. Oberösterreich ist das Wirtschafts- und Arbeitsplatz-Bundesland. Um das zu festigen, braucht es eine zeitgemäße Infrastruktur.“

In der Frage, wann ein Regierungspakt abgeschlossen werden soll, will der Landeshauptmann nicht zur Eile treiben: „Mir ist in dieser Frage die Qualität wichtiger als das Tempo.“

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