„Bewusst ein Schritt zurück“

17.04.2013, Heiligenberg, Bild zeigt Karl Roither, Foto Alfred Reiter
Karl und Anna Roiter aus Heiligenberg haben umgestellt und halten nun Milchziegen.

Ziegen sind ein geselliges und neugieriges Volk. Eine schnappt nach meinem Sakko und zieht daran, eine andere knabbert am Tragegurt der Kamera unseres Fotografen Alfred Reiter. „Als der Kontrollor der AMA zu Besuch war, hat ihm eine Ziege das Bestandsverzeichnis aus der Hand entrissen und ist damit davongerannt“, erzählt Karl Roiter lachend, „als er es wieder erwischt hat, waren es lauter Fetzen.“

Karl und Anna Roiter haben ihren Hof in der Ortschaft Andling in Heiligenberg im Bezirk Grieskirchen 2007 auf Milchziegen umgestellt. „Wir hätten für den Freilaufstall der Rinder investieren müssen. Knapp vor der Pension mag man keine große Investition mehr machen“, sagt der 60-Jährige. Der Sohn solle selbst entscheiden, ob er weiter die Landwirtschaft betreiben oder ob er etwas anderes tun wolle. Der 15-jährige Tobias besucht die Landwirtschafts-HTL in St. Florian.

Das Milchkontingent wurde verkauft, der Erlös in den Ankauf einer Ziegenmelkanlage investiert. 96 Ziegen werden täglich zwei Mal gemolken, um sechs Uhr früh und um fünf Uhr abends. Die Prozedur dauert rund eine Stunde. Während des Melkens fressen die Tiere: Heu, Grassilage und Triticale, eine Mischung aus Weizen und Roggen.

96 Milchziegen

„Bewusst ein Schritt zurück“
17.04.2013, Heiligenberg, Bild zeigt Karl Roither, Foto Alfred Reiter
Alles ist biologisch, Roiter hat den 15 Hektar großen Hof auf Bio umgestellt. Es gäbe, so Roiter, noch mehr Biobauern, wenn der Zusatzaufwand beglichen würde. Es gäbe eine Wunschvorstellung an die Landwirtschaft. Der Konsument wolle zwar Bio, den Mehrpreis aber nicht zahlen. „Während die einen mit der Chemiespritze fahren, jäten wir das Unkraut händisch.“

Eine Ziege gibt pro Jahr rund 800 Liter Milch. Sie wird auf dreieinhalb Grad abgekühlt, jeden dritten Tag wird sie von einem Tankwagen abgeholt und in die Biomolkerei Schlierbach zur Weiterverarbeitung gebracht, die daraus unter anderem Bio-Ziegenkäse für die Hofer-Märkte herstellt. Roiter erhält pro Liter je nach Jahreszeit zwischen 55 und 70 Cent. Ziegenmilch ist sehr gesund, da sie mehr Inhaltsstoffe und Spurenelemente enthält und gut für die Nerven und Hauterkrankungen ist.

Karl und seine 53-jährige Anna haben den Schritt der Umstellung nicht bereut. „Wir haben gesagt, wir machen lieber einen Schritt zurück. Es ist überschaubarer, das ist uns lieber.“ Beide haben einen Nebenjob. Karl ist seit 22 Jahren Bürgermeister von Heiligenberg, einer 700-Einwohner-Gemeinde.

Leichter leben

Anna ist seit einem Monat im Altenheim Peuerbach 16 Stunden pro Woche in ihrem ursprünglichen Beruf als Krankenschwester tätig. Die beiden haben fünf Kinder im Alter von 15 bis 28. Petra und Christine sind Lehrerinnen, Anneliese Krankenschwester, Klemens studiert Englisch und Geografie, Tobias soll den Hof übernehmen. Anna hat auch jahrelang die Schwiegereltern und die im Haus lebende Tante gepflegt. Karl schätzt und würdigt den Einsatz seiner Frau.

Nachdem sie 30 Jahre lang hart gearbeitet haben, machen sie sich das Leben ein bisschen leichter. Die Ziegenhaltung erlaubt es, dass sie ab und zu ein paar Tage wegfahren können. Das Haus haben sie vor zwei Jahren umgebaut, die neuen Räume sind modern und wohnlich zugleich.

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