Beschämende "Vergabekriterien" für Kuchen im Altenheim
Jeder Heimbewohner – absolut ausnahmslos jeder – bekommt zu seinem Geburtstag einen Guglhupf. Jeder. Sicherzustellen hat die Backwarenversorgung der Küchenchef und/oder die Heimleitung. So ähnlich lautet die Anweisung, die diese Woche an alle Pflegeheime des Sozialhilfeverbands Linz-Land gegangen ist. Das war nämlich nicht immer so.
"Welche Kriterien erfüllt werden müssen, um zum Geburtstags-Guglhupf zu kommen!!!!!" sind die einleitenden Worte einer eMail, die dem KURIER zugespielt wurde. Der inzwischen verstorbenen Bewohnerin Elisabeth S. (83) blieb an ihrem letzten Geburtstag der Guglhupf verwehrt. Der Aufschrei des Personals hatte besagtes Schreiben zur Folge. Darin steht als Begründung: Frau S. habe keinen Kuchen bekommen, da sie fast keine Verwandten und Bekannten habe. Sie wäre mit dem Kuchen ganz alleine gewesen. Der Sinn sei ja die Gemeinschaft.
"Keine Unmenschen"
"Skandal", dachte sich ein Mitarbeiter des Heims im Bezirk Linz-Land, der anonym bleiben möchte. "Nicht nur, dass die arme Frau einsam war, weil sie keiner besucht hat, da ignoriert man auch noch ihren Geburtstag. Jeder weiß, wie wichtig alten Menschen diese kleinen Rituale sind."
Die Recherche des KURIER hat im Anschluss für gehörigen Wirbel gesorgt. "Das stimmt nicht", antwortet der ehemalige Heimleiter knapp. Eine Erklärung bleibt er schuldig und droht mit Klage, sollte er seinen Namen in der Zeitung lesen. Souveräner ist da schon die Stellungnahme seines Chefs, Bezirkshauptmann Manfred Hageneder: "Wir sind doch keine Unmenschen. Natürlich bekommt jeder eine kleine Aufmerksamkeit zu seinem Ehrentag. Das wird in den Heimen individuell auf den Bewohner abgestimmt." Fix ist aber: Frau S. ging leer aus. An der monatlichen Feier mit allen Jubilaren konnte sie später aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen.
Verordnung
Hageneder reagierte jetzt mit der internen Verordnung auf die Kuchen-Causa, wie ein anderer Mitarbeiter verrät. Die Geschäftsführerin des Sozialhilfeverbands habe dem Heim einen persönlichen Besuch abgestattet, um über das künftige Geburtstagsprozedere aufzuklären. Dem Personal sei außerdem nahegelegt worden, nicht mehr mit den Medien zu kommunizieren.
Einen weiteren Skandal will man sich offenbar nicht leisten. Vor zwei Jahren wurde ausführlich über die Alkoholeskapaden des früheren Heimleiters berichtet. Er wurde heuer rechtskräftig vom Arbeitsgericht verurteilt, weil er eine Mitarbeiterin sexuell belästigt hat.
Seit Juli gibt es eine neue Heimleiterin. Und die hatte eine bahnbrechende Idee: "Wir haben kleinere Formen bestellt, damit die Bewohner den Guglhupf auch alleine essen können."
Kommentare