Arzt verließ OP: "Privatpatienten bevorzugt"

Tätigkeit im Krankenhaus und der Betrieb einer privaten Ordination benötigen strikte Trennung.
Linzer Oberarzt verließ OP, Patient starb. Patientenanwaltschaft kritisiert Praxis in Spitälern.

Was zählt mehr? Die Privatordination oder ein Patient im Spital? Diese Frage stellt sich nun auch das Land Oberösterreich: Es lässt die Regelungen für Privatordinationen von Krankenhausärzten prüfen. Wie berichtet, starb ein Patient, nachdem ein mittlerweile entlassener Oberarzt des Linzer Kepler Universitätsklinikums (KUK) zur Privatordination aufbrach. Auch die Patientenstaatsanwaltschaft ortet Missstände.

„Es ist nicht der erste Fall, bei dem Privatpatienten bevorzugt werden“, sagt Patientenanwalt Gerald Bachinger. Nach wie vor werde das Verlassen des OP-Saals in manchen Bereichen als Kavaliersdelikt gesehen. „Wir gehen von einer hohen Dunkelziffer aus“, sagt er. Denn damit so etwas an die Öffentlichkeit gelange, benötige es eine Art „Whistleblower“. Aufgrund der strengen Hierarchie in Krankenhäusern würden solche Vorfälle oft im Geheimen bleiben.

In Spitälern gelten strenge Regeln: „Wenn im Krankenhaus streng auf die Arbeitszeiten geachtet wird, um eine Übermüdung zu verhindern, und anschließend aber in der Privatpraxis weitergearbeitet wird, bringt das gar nichts“, sagt Bachinger. Eine angemessene Entlohnung würde helfen, auch die Arbeit im Krankenhaus für Ärzte interessanter zu machen.

"Nicht zu tolerieren"

Laut der zuständigen oberösterreichischen Patientenanwaltschaft stellen sich deshalb nun zwei Fragen: Inwiefern seien die vorhandenen Regeln ausreichend und wie großzügig würden diese in der Praxis umgesetzt werden? Für den konkreten Fall benötige es jedoch weitere Fakten. Prinzipiell hänge das Verlassen des OP-Saals von der Komplexität der Operation sowie von deren Fortschritt ab.

Auch das Land Oberösterreich scheint sich nun dieser Debatte zu stellen. Am Dienstag kündete Landeshauptmann-Stellvertreterin und Gesundheitsreferentin Christine Haberlander (ÖVP) an, die Regelungen für Privatordinationen für Ärzte, die in Krankenhäusern arbeiten, zu evaluieren. „Die Tätigkeit im Krankenhaus und der Betrieb einer privaten Ordination müssen strengstens getrennt werden. Jegliche Beeinträchtigungen der Tätigkeit im Krankenhaus sind absolut nicht zu tolerieren.“

Von der vorhandenen Trennung zwischen privater und öffentlicher Tätigkeit überzeugt ist hingegen die oberösterreichische Ärztekammer: „In Oberösterreich sind diese zwei Bereiche vollständig abgegrenzt“, sagt Präsident Peter Niedermoser. Es sei in den Verträgen der Ärzte geregelt. Ob der Arzt in seiner Freizeit dann spazieren gehe oder weiterhin dem Gemeinwohl diene, sei die Entscheidung des Einzelnen.

Entlassung

Jener Oberarzt, der sich am Dienstag für den Weg in die Privatpraxis entschieden hatte, wurde mittlerweile vom KUK entlassen. Dies sei nach internen Prüfungen „unumgänglich“ gewesen.

Zudem reichte das Klinikum am Sonntag eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein. Im Raum stehen der Verdacht der fahrlässigen Tötung mit einem Strafrahmen von bis zu einem Jahr Haft oder gar der grob fahrlässigen Tötung (bis zu drei Jahre). Denn nach wie vor sei unklar, inwieweit das Fehlen des Arztes zum Tod des Patienten beigetragen hat.

Die Österreichische Ärztekammer hat die Unterlagen von der Staatsanwaltschaft erbeten, um parallel das Verhalten des Arztes zu prüfen. Von den Angehörigen wurde bis dato bei der Patientenanwaltschaft noch keine Beschwerde eingereicht.

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