Andreas Stangl: Wir als Arbeiterkammer begleiten die Mitarbeiter von kika/Leiner durch die gesamte Insolvenz. Sie sollen die Rechtsberatung der AK in Anspruch nehmen. Die Anmeldung der Arbeiter zur Kündigung bei TCG Unitech sind erpresserische Methoden. Ich frage mich, wie nach dieser Erpressung künftig das Betriebsklima dort aussehen wird.
Zu KTM muss man sagen, dass Stefan Pierer als Präsident der Industriellenvereinigung die Politik kritisiert, er darf sich aber auch selbst reflektieren, ob es nicht auch Managementfehler gibt. Denn das wirtschaftliche Risiko tragen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die entweder arbeitslos werden oder um zwei Monatsgehälter weniger verdienen.
Es gibt Kürzungen.
Wir sollten zurückkehren zu einer Kurzarbeit, die die Sozialpartner entwickelt haben, bei der beide Partner entscheiden, ob es sich nur um ein Auftragsloch handelt oder um eine nachhaltige Schwäche. Derzeit entscheidet darüber allein das Arbeitsmarktservice (AMS). Das halte ich für einen Fehler. Das sollen die Sozialpartner mit dem AMS gemeinsam lösen.
Die Firma Kiefel, mit Sitz in Freilassing, schließt den Standort in Micheldorf, was den Verlust der 130 Arbeitsplätze bedeutet.
Das ist eine Standortentscheidung. Sie haben so viel Arbeit, dass Kollegen aus Deutschland aushelfen müssen. Die Mitarbeiter sind sensationell gut. Wir verhandeln derzeit den Sozialplan.
Was braucht der Standort Österreich?
Wir brauchen unbedingt einen Eingriff in die Energiepreise. Wir wissen, dass die Russen kein Gas mehr liefern werden und die Netzgebühren erhöht werden. Wir haben den Eingriff immer schon gefordert, die neoliberale Regierungspolitik hat ihn verhindert. Sie wollten, dass die Arbeitnehmer die Reallohnverluste akzeptieren, was zur größten Streikbewegung der letzten Jahrzehnte geführt hat. Nach fünf Tagen Streik in der Metallindustrie hat die Wirtschaft kapiert, dass es so nicht geht.
Die Frage ist, wer die steigenden Netzkosten zahlen wird. Wenn der Ausbau von Strom- und Gasleitungen öffentliche Infrastrukturmaßnahmen sind, muss man das staatlich finanzieren.
Welche Maßnahmen sind für den Standort noch entscheidend?
Der Bürokratieabbau. Bei den Verfahrensgenehmigungen kann man natürlich schneller werden. Aber man darf das Kind nicht mit dem Bad ausschütten. Es müssen die Gesetze ganz konkret angesprochen werden, wo etwas nicht passt. Da wird gerne auf Europa geschimpft. Bei den EU-Räten war stets der ÖVP-Kanzler oder ein ÖVP-Minister dabei. Die ÖVP war auch im EU-Parlament bei den Beschlüssen beteiligt. Die ÖVP, die sich Wirtschaftspartei nennt, ist so lange an der Macht und jammert über die Bürokratie. Man muss sie fragen, was macht sie? Wir Arbeitnehmer haben nichts davon, wenn etwas verzögert wird. Es dürfen aber nicht Gesetze, die einen Sinn haben, wie die Mitbestimmung der Arbeitnehmer, beseitigt werden.
Raiffeisen-Generaldirektor Heinrich Schaller kritisiert, dass die Kollektivvertragsabschlüsse zu hoch gewesen sind und Inflationstreiber waren.
Ich darf hier aus dem KURIER-Interview mit Hannes Androsch zitieren, der da gemeint hat, dass zuerst die Preise gestiegen sind und dann die Löhne nachgezogen haben. Ich finde es eigenartig, dass ein Vertreter des Bankensektors das kritisiert. Die Banken erhöhen bei Zinserhöhungen sofort die Kreditzinsen, aber wenn sie fallen, dauert es lange, bis diese wieder runtergehen. Die Sparzinsen werden nicht so schnell erhöht wie die Kreditzinsen. Hier werden Übergewinne produziert.
Ein bisschen Selbstreflexion, dass vielleicht die Banken Inflationstreiber sind, wäre nicht schlecht. Es kann nicht sein, dass die Arbeiter Reallohnverluste haben und die Manager nicht. Die Managerboni beispielsweise bei den Stromkonzernen gehen durch die Decke.
Bildung ist ein Schwerpunkt der Arbeiterkammer. Sie sind ein Befürworter der Digitaluniversität, die momentan keinen Standort hat.
Wir brauchen diese Universität. Digitalisierung ist eines der Zukunftsfelder. Man ist den Weg der eigenen Universität gegangen, mir fehlt, dass es dort noch keinen Kollektivvertrag gibt, es darf dort keine Dumpinguniversität entstehen. Das zieht sich. Ich verstehe nicht, warum man hier nicht Tempo macht, denn man würde sich dann mit der Unterstützung leichter tun. Für den Standort gibt es in Linz genügend geeignete Plätze. Auch die medizinische Fakultät ist nicht in Auhof. Die Linzer Postcity würde sich aufdrängen.
Wären für Sie die Nestlé-Gründe im Frankviertel ein geeigneter Standort?
Ja, beide sind geeignet. Das muss die Stadt entscheiden. Wichtig ist, dass die Digital-Uni kommt und nicht geopfert wird. Die Situation des Bundesbudgets ist alles andere als rosig.
Sie sind Mitglied des Präsidiums der SPÖ Oberösterreich. Wer soll Landesparteivorsitzender werden?
Mich freut es, dass so viele Namen genannt werden. Jeder, der jetzt einmal genannt wird, muss vorerst Nein sagen.
Nennen Sie Namen!
Nein, das mache ich nicht. Ich kenne so viele gute Abgeordnete, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, denen ich das zutraue. Für den Betroffenen ist es ein Berufswechsel, denn er hat schon eine Funktion bzw. Aufgabe. Ich werde meine Vorschläge im Präsidium einbringen.
Wäre das nicht eine Aufgabe für Sie?
Auf gar keinen Fall. (lacht) Ich bin lieber Arbeiterkammerpräsident. Wir sind die Guten. Ich stehe ja sowieso im Dialog mit den Regierungsmitgliedern.
Kommentare