Auf diese Erkenntnisse reagiert das Land Oberösterreich mit neuen Kursformaten ab Herbst, in denen einfaches Alltags-Deutsch vermittelt wird. Das Erreichen von bestimmten Sprachniveaus sei nicht mehr das primäre Ziel. Im Fokus stehen das Verstehen, Sprechen und Lesen in einfacher Form, ohne die Grammatik und Schrift perfekt zu beherrschen. In den Kursen werde sehr viel gesprochen, sagt Güngör.
Dies habe bereits bei Menschen aus der Ukraine mit den "Hallo in Oberösterreich"-Kursen gut funktioniert, wie Hattmannsdorfer betont: "Oberösterreich hat doppelt so viele Ukrainer in den Arbeitsmarkt vermittelt als die restlichen Bundesländer". Doch dies habe auch mit der eingeführten Bemühungspflicht um Arbeit zu tun.
Streng bleibt Oberösterreich auch bei Asylberechtigten, die Sozialhilfe beziehen. So müssen diese Deutschkurse besuchen, tun sie das nicht, wird die Sozialhilfe schrittweise reduziert.
Deutschkurse bereits während Asylverfahren
Angesetzt wird auch bei Asylwerbern mit einer hohen Bleibeperspektive. So haben beispielsweise Syrer eine Anerkennungsquote von 66 Prozent. Um zu vermeiden, dass diese im Falle eines positiven Asyl-Bescheides "nahtlos in der Sozialhilfe landen und dort hängen bleiben", wie Hattmannsdorfer betont, werden für diese bereits während des Asylverfahrens Deutschkurse angeboten. Auch wegen des hohen Alphabetisierungsbedafs bei Asylwerbern.
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Das Absinken des Bildungsniveaus sei laut Güngör darauf zurückzuführen, dass Menschen aus Regionen kommen, in denen längere Kriege waren. "Dadurch wachsen Generationen auf, die keine Schulbildung bekommen oder die Schule abbrechen müssen", erläutert der Soziologe.
Laut Güngör habe es in den vergangenen Jahren eine Diversifizierung in der Fluchtmigration gegeben. So seien zuerst Menschen aus Syrien und Afghanistan nach Österreich gekommen, dann Ukrainer: "Diese Menschen hatten alle völlig unterschiedliche Lebenssituationen." Darauf müsse Österreich die Systeme anpassen, ist der Integrationsexperte überzeugt, der froh ist, wenn die Politik auf Studien reagiere. Denn dies habe er "nicht immer erlebt" und sei "gut für die politische Kultur".
Landesrat Hattmannsdorfer bekräftigt jedoch seine Forderung eines Paradigmenwechsel in der Zuwanderungspolitik auf Bundesebene. "Wir benötigen Menschen, die einen Beitrag zum Wohlstand leisten." Diese müsse man gezielt aufgrund ihrer Qualifikation aussuchen.
Für Menschen, die vor Leib und Leben fliehen, soll es jedoch immer einen Platz geben. Allerdings müsse man diese in die Selbsterhaltungs- und Arbeitsfähigkeit bringen, damit sie nicht "Dauerkunden in der Sozialhilfe" bleiben.
FP spricht von Märchen
Mittlerweile meldete sich auch der Koalitionspartner, die FPÖ, zu Wort. "Die Sozialhilfe soll ein Auffangnetz für Österreicher sein, die sich vorübergehend in einer Notlage befinden. Dass fast die Hälfte der Bezieher Nicht-Österreicher sind, zeigt offen auf, dass die angeblich qualifizierte Zuwanderung ein Märchen war und bleibt", sagt Landesparteisekretär der Freiheitlichen Oberösterreichs.
Allerdings erkenne die FP OÖ an, wenn sich Asylberechtigte um den von Oberösterreich verlangten Spracherwerb bemühen, wenngleich es sich bei Asyl um Schutz auf Zeit handle, so Gruber zur heute angekündigten Ausweitung der Deutschkurse für Asylberechtigte in Oberösterreich.
Kritischer sieht das Vorhaben die Grüne Integrationssprecherin Ines Vukajlovic. Neue und mehr Deutschkurse seien überfällig gewesen und selbstverständlich zu begrüßen, aber es dürfe keine Sanktionierung aufgrund fehlender Deutschkenntnisse geben, so Vukaljlovic.
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