OÖ will Deutschkurse stärker auf Alltag und Beruf fokussieren

OÖ will Deutschkurse stärker auf Alltag und Beruf fokussieren
Güngör-Analyse rät zu stärkerer Verschränkung von Deutschlernen und Arbeitswelt.

Deutschkurse sollten sich mehr am Alltag und der Arbeitswelt orientieren - zu diesem Schluss kommt eine Studie des Soziologen Kenan Güngör im Auftrag des Sozialressorts des Landes OÖ. So könnten die Sprachniveaus flexibler gestaltet und das Deutschlernen stärker mit dem Berufsleben verschränkt werden. Gezielter ansprechen sollte man Mütter, Luft nach oben ist bei digitalen Angeboten. Güngör stellt aber auch die dezentrale Unterbringung von Grundversorgten auf den Prüfstand.

Der Oö. Landesrechnungshof hatte 2021 die fehlende Messbarkeit der Wirkung von Integrationsmaßnahmen und Förderungen kritisiert. Integrationslandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) hat daher im Vorjahr Güngör beauftragt, die Deutschkurse für Flüchtlinge und Migranten zu analysieren. Am Freitag wurden die ersten Ergebnisse präsentiert.

Niederschwellige Angebote

Daraus lässt sich ableiten, dass niederschwellige Angebote für die Alltagskommunikation sinnvoll wären. Die "Hallo Oberösterreich"-Kurse, die im Vorjahr für Ukrainevertriebe angeboten wurden und vor allem die zum "Ankommen" nötige Alltagssprache ins Zentrum stellten, sollten auch für andere Gruppen kommen. Angesichts des hohen Alphabetisierungsbedarfs in der Grundversorgung schlägt Güngör auch vor, nicht immer die schriftliche Grammatik zum Maß der Dinge zu machen: Menschen, die noch nie in der Schule waren, würden sich oft sehr schwer damit tun und viel mehr davon profitieren, gezielt das zu lernen, was sie im Alltag und im Beruf brauchen, meint er sinngemäß - also z.B. Konversation und lesen. Er und Hattmannsdorfer können sich vorstellen, die Einstufung der Sprachniveaus (A1 bis C2, Anm.) flexibler zu gestalten.

Auch die Sprachkurse für Mütter mit Betreuungspflichten will man ausbauen. Die Frauen sollen stärker angesprochen werden, indem parallel Kinderbetreuung angeboten wird. Zudem müssten Spracherwerb und Arbeitswelt besser verschränkt werden, etwa indem ein eigenes Förderangebot für Betriebe aufgelegt wird, mit dem die Mitarbeiter unkompliziert ihre Deutschkenntnisse verbessern können. Menschen sollten nicht einige Jahre nur Sprachkurse besuchen und dann in den Beruf einsteigen, sondern es sollte stärker parallel ablaufen, so der Ansatz. Luft nach oben ist auch bei digitalen Angeboten. Hier fällt laut Güngör vor allem auf, dass viele Flüchtlinge und Migranten digitale Medien zum Spracherwerb nutzen - z.B. Sprach-Apps - und das Endgerät fast immer das Handy und kaum je ein Computer oder Laptop ist.

Ländlicher Raum als Herausforderung

Herausforderungen für die Integration sieht Güngör auch im ländlichen Raum: Menschen in der Grundversorgung seien oft in kleinen Städten, wo sie leichter Arbeit und Sozialkontakte finden, besser aufgehoben als am Land, so die Stoßrichtung. Er sieht die Gefahr, dass viele ansonsten mangels Perspektiven gleich in die großen Städte, etwa nach Wien, gehen. Hattmannsdorfer will allerdings am Grundsatz der dezentralen Flüchtlingsunterbringung nicht rütteln, sondern weiter die Menschen auf die Gemeinden "fair verteilen".

Die Interviews mit Kursteilnehmern, die für die Studie gemacht wurden, zeigten laut Güngör, dass deren Motivation Deutsch zu lernen hoch sei. Das anerkannte auch FPÖ-Integrationssprecher Michael Gruber. Er warnt aber davor, dass sich illegal hier lebende Personen einen Aufenthaltstitel "durch die Hintertür erschleichen".

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