Ärztemangel: Der Kampf um Jungmediziner beginnt
Mit alarmierenden Zahlen lässt die oö. Ärztekammer aufhorchen: In den nächsten zehn Jahren sollen österreichweit 37 Prozent der Allgemeinmediziner und 31 Prozent der Fachärzte in Pension gehen. Die Nachbesetzung gestaltet sich bereits jetzt als schwierig, wodurch die Kluft zwischen Bedarf und Angebot immer größer zu werden droht.
„2020 werden wir ein Minus von 180 Fachärzten haben", prognostiziert Ärztekammerpräsident Peter Niedermoser. Diese Information ist alles andere als neu. Schon vor fünf Jahren machten Medizin-Experten darauf aufmerksam – und wurden verhöhnt, sagt Albert Kröpfl, ärztlicher Leiter des UKH und Präsident der Medizinischen Gesellschaft für Oberösterreich.
Neu sind die ersten Symptome des Ärztemangels, die sich in vor allem außerhalb des Zentralraums bemerkbar machen. „Das Durchschnittsalter der Ärzte in der Peripherie liegt bei 52 Jahren. Man kann sich heute schon ausmalen, was passiert, wenn diese Ärzte ins Pensionsalter kommen", sagt Niedermoser, Oberarzt der Pathologie im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz.
Symptome
Laut Statistik (siehe Grafik) werde man in Oberösterreich im Jahr 2020 rund 200 Fach- und Allgemeinmediziner brauchen, um die Lücke der Pensionierungen zu füllen. Dem steht eine sinkende Kurve an neu ausgebildeten Medizinern gegenüber. Gründe dafür sollen beschränkte Studienplätze, sinkende Attraktivität des Berufsbildes und der größer werdende Druck sein.
Bedenken hat auch Wolfgang Ziegler, Allgemeinmediziner in Kremsmünster und selbst 52 Jahre alt. „Der Beruf des Landarztes ist ein schöner, aber anspruchsvoller. Kaum ein junger Arzt hat die Praxiserfahrung und die Bereitschaft, sich das anzutun“, sagt er. Bei bis zu 80 Nachtdiensten pro Jahr und dem deutlichen Mehr an Arbeitsaufwand in einer älter werdenden Gesellschaft sei der Landarztberuf längst nicht mehr jedermanns Sache. „Die Peripherie spürt den Ärztemangel stärker, aber treffen wird es irgendwann alle“, betont Ziegler.
Rekrutierung
So gab es laut Ärztekammer in jüngster Zeit in Braunau, Lambach, Mattighofen und Ried/i. Probleme mit der Nachbesetzung. Sogar das Klinikum Wels berichtet von unbeantworteten Stellenausschreibungen. „Wir waren bis vor Kurzem mit zwei Turnusarztstellen im Minus. Im Juli könnten uns sogar sieben Turnusärzte fehlen", sagt Thomas Muhr, stellvertretender ärztlicher Leiter des Klinikums. Man sei bemüht, jungen Ärzten eine Stelle schmackhaft zu machen. „Früher haben sich Turnusärzte um Stellen gerissen, jetzt reißen sich die Spitäler um Turnusärzte", fasst er die Situation zusammen.
Die gespag setzt auf eine offensive Rekrutierungsstrategie, so Vorstand Karl Lehner. Medizinstudenten werden direkt an den Universitäten angeworben. Der Spitalsträger beschäftigt derzeit rund 1400 Mediziner, davon 250 in Facharztausbildung und 230 Turnusärzte. Der Bedarf an Nachwuchsärzten werde sich rasant verdoppeln, erklärt Lehner. Er beurteilt die Situation heute als die Ruhe vor dem Sturm. „Noch haben wir es in der Hand, etwas Vernünftiges auf Schiene zu bringen."
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