„60 Prozent Umsatz in Asien“
Eine Wirtschaftsdelegation aus Oberösterreich besuchte diese Woche unter anderem die South Pacific Viscose (SPV) in Indonesien, eine Tochterfirma der Lenzing AG. Der KURIER sprach vor Ort mit Peter Untersperger, dem Lenzing- Vorstandsvorsitzenden, der von 1995 bis 1999 selbst das Werk in Purwakarta leitete, das die Produktion 2012 auf 320.000 Tonnen Viskose steigern wird. 39.000 Tonnen waren es im Jahr 1992. Der Umsatz der Lenzing AG wird heuer 2,1 Milliarden Euro betragen, der Gewinn zwischen 350 und 400 Millionen Euro.
KURIER: Warum hat Lenzing in Indonesien investiert?
Peter Untersperger: Wir sind dazu nicht im Sinne einer strategischen Planung gekommen. Wir wurden von einem indischen Konkurrenten gebeten zu helfen. Daraus ist eine kleine Beteiligung geworden und in der Folge eine 90-prozentige Mehrheit.
Welchen Platz nimmt die South Pacific Viscose im Gesamtunternehmen ein?
Sie war eine unserer ersten Auslandsbeteiligungen und hat schon immer eine große Bedeutung gehabt. Wir haben in Indonesien bereits 700 Millionen Dollar investiert und werden mit einer Produktion von 320.000 Tonnen Viskose im nächsten Jahr den Standort Lenzing überholen.
Welche Märkte werden von Indonesien aus beliefert?
Indonesien ist ein sehr starker Heimatmarkt. Das Land ist für Lenzing mit 250.000 Tonnen der zweitwichtigste Markt. Der wichtigste ist China, die Türkei folgt auf Nummer drei. Indonesien ist auch die Basis für andere asiatische Exportmärkte wie Pakistan, Indien und Taiwan. Wir beliefern auch Japan und Südkorea. Nicht aber China, das ist ein eigenständiger Markt mit einer eigenen Produktion.
Wie ist die Qualität der Produktion? Ist sie ähnlich wie in Lenzing?
Die Anforderungen in Asien sind anders, weil es nicht die gleichen Spinntechnologien gibt. Aber die indonesische Qualität unterscheidet sich letztendlich kaum von der Lenzing-Qualität. Hier wird nun die modernste Produktionsstraße weltweit aufgestellt. Das ist die zurzeit größte Maschine weltweit. So eine haben wir nicht einmal in Lenzing.
Wie viele Mitarbeiter sind in Indonesien beschäftigt?
2000. Der Großteil sind indonesische Mitarbeiter, 50 sind Inder und zehn Österreicher. In Lenzing haben wir 3000 Beschäftigte.
Was kostet die Produktion in Indonesien im Vergleich zu Lenzing?
Hier ist sie etwas günstiger, dafür haben wir aber keine Zellstoffproduktion wie in Oberösterreich. Die Energie ist auch etwas teurer als zu Hause, weil die Energieströme in Lenzing sehr produktiv sind – durch die Verarbeitung von Rinde, Dicklauge und Schlemmen (hochenergiehaltige Reststoffe). Die Produktionskosten sind ungefähr gleich, weil die Personalkosten niedriger sind. Sie liegen bei fünf Prozent, in Lenzing bei 20 Prozent von den Gesamtkosten. Zu Hause haben wir etwas höhere Fixkosten, weil wir dort auch die Konzernstruktur haben.
Was verdienen Ihre Mitarbeiter in Indonesien im Schnitt?
In Europa und Amerika sind die Verhältnisse eins zu 20. Eins zu 25, was das oberste Management vom Mitarbeiter unterscheidet. Das heißt, der Generaldirektor verdient 25-mal so viel wie der Mitarbeiter. Diese Spanne ist in Asien noch höher. Wir zahlen unseren indonesischen Hilfskräften deutlich über dem Minimumlohn. Dieser beträgt 300 bis 400 Euro. Wir zahlen 14-mal jährlich, es gibt Boni, wir haben freie Kantine, freie Busfahrten. 400 Beschäftigte können im Campus leben, damit wir sie schnell zur Verfügung haben, wenn etwas passieren sollte. Die Mitarbeiter haben auch fünf Wochen Urlaub.
Gibt es auch in Indonesien einen Wettbewerb um die Fachkräfte?
Absolut. Gute Elektriker, gute Schlosser und gute Mess- und Regeltechniker sind ein großes Thema.
Das bedeutet, dass Sie nicht wegen der billigeren Produktion nach Indonesien gegangen sind?
Natürlich ist es fein, wenn auch die Produktionskosten günstig sind. Aber man geht in solche Länder wegen des Marktes. Unsere Kunden sind hier. Natürlich war Indonesien vor 30 Jahren politisch noch nicht so entwickelt. Aber durch den starken Produktivitätsdruck, den wir in Lenzing haben, ist die Effizienz entsprechend stark. Das ist heute in Indonesien genauso. Wir produzieren hier genauso viele Tonnen pro Mann wie in Oberösterreich.
Wird Indonesien bald wichtiger sein als Lenzing?
Zumindest größer wird es sein. Aber das ist kein Problem. Wenn wir weltweit wachsen, profitiert auch Lenzing. Wir müssen noch mehr in Forschung, Entwicklung, Marketing und Merchandising investieren, alle diese Abteilungen sitzen in Lenzing. Der Verkauf ist hingegen dezentral. Der globale Textilverkaufschef sitzt zum Beispiel in Schanghai.
Wird es weitere Produktionsstandorte geben?
Wir wollen in Mumbai in Indien bauen. Wir hoffen, dass wir nächstes Jahr beginnen können. Wir haben bereits 40 Hektar Land gekauft. Wir schauen uns auch andere Märkte an – von der Türkei bis nach Vietnam. Diese Länder sind von der Größe auch schon sehr interessante Märkte geworden. Lenzing ist ein globales Unternehmen. Wir machen bereits 60 Prozent unseres Umsatzes in Asien.
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