Zweijährige verlor Fingerglied: Schadenersatz

Der 29-Jährige wurde zu 20 Monaten bedingter Haft verurteilt.
Ein Gitterbett zwickte Jasmin, 2, ein Fingerglied ab. Vier Jahre danach bekommt jetzt die Familie 12.000 Euro vom Hersteller.

Endlich ist das alles vorbei. Wir sind sehr froh darüber, weil das schon eine Riesenbelastung ist," sagt  Herbert Dolezal aus St. Pölten. "Als Normalbürger macht man sich ja gar keinen Begriff, wie langwierig es ist, als Unschuldiger zu seinem Recht zu kommen."  

Dolezal, seine Lebensgefährtin Heidemarie Stadler und ihre  achtjährige Tochter Jasmin können endlich aufatmen: Vier Jahre nachdem ein defektes Gitterbett  dem  damals zweijährigen Mädchen das Endglied des rechten kleinen Fingers abzwickte, wird der Hersteller nun von der Justiz zur Kassa gebeten.

Das Landesgericht St. Pölten in seiner Funktion als Handelsgericht hat die  deutsche Hauck GmbH & Co KG zur Zahlung von  11.927 Euro verurteilt.  Davon entfallen 6500 Euro auf körperliche und  seelische Schmerzen und 5000 Euro als Entschädigung für die dauerhafte Verunstaltung Jasmins.

Heiratsaussichten

"Die Dauerfolgen der Klägerin tragen zumindest das Potenzial in sich, ihre Heiratsaussichten zu vermindern" erklärte Richterin Barbara Brunner-Kral in der Urteilsbegründung. "Der Amputationsstumpf stellte jedenfalls eine wesentliche ästhetische Beeinträchtigung dar."

Immerhin: Jasmin zeigte nach dem Unfall extreme Scheu, war sprachlich zurück geblieben und ist nach wie vor in Therapie. "Sie hat eine leicht verzögerte Entwicklung," berichtet ihr Vater. "Wenn sie größer ist, wird sie wohl eine kosmetische Operation brauchen." Denn das Fingerspitzerl konnte im Landesklinikum St. Pölten nicht mehr angenäht werden.

Vorausgegangen war dem aktuellen Richterspruch ein Verhandlungs-Marathon durch die Instanzen, wobei das St. Pöltener Gericht (mit einem anderen Richter) die erste Klage   2008 glatt abgewiesen hatte. Christian Függer, der St. Pöltener Anwalt der Familie: "Entscheidend war im Endeffekt die Feststellung des Oberlandesgerichts Wien, dass nach dem Produkthaftungsgesetz der geschädigte Kunde nicht bis ins letzte Detail nachweisen muss, was  defekt war."

Die Arretier-Einrichtung eines Eckgelenks am Gitterbett war zusammengeklappt. Vermutlich, nachdem eine seitliche Stoffbahn gerissen war. Anschaulich  demonstriert  wurde das vor Gericht von Uni-Professor Friedrich Franek (TU Wien) in Art einer Physik-Lehrstunde.

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