Wirbel wegen Namens-Stimmzettel

Verfassungsjurist Heinz Mayer
Jurist übt Kritik. Behörde: "Jeder kann entscheiden".

Er ist 20,5 bis 21,5 cm lang und 14,3 bis 15,3 cm breit. Und aktuell steht er im Fokus. Die Rede ist vom "persönlichen Stimmzettel" bei den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich. Er kann Alternative zum amtlichen Stimmzettel sein und enthält in der Regel nur den Namen eines Kandidaten. Dieser Tage bringen ihn die Parteien in Massen unters Volk. Die ÖVP will 1,5 Millionen Namens-Stimmzettel verteilen – macht nahezu einen für jeden Wahlberechtigten. Auch die SPÖ dürfte die Millionengrenze durchbrechen und FPÖ und Grüne verteilen die persönlichen Stimmzettel ebenfalls.

Nach dem Prinzip "Name vor Partei" gelten die Namenszettel wahlrechtlich mehr als amtliche Stimmzettel. Wer also auf die Idee kommt, in sein Wahlkuvert zwei Stimmzettel – amtlichen und persönlichen – zu stecken, gibt für jene Partei seine Stimme ab, für die der Kandidat am Namenszettel antritt.

"Es gibt keinen Grund, warum es neben dem amtlichen Stimmzettel noch einen nicht-amtlichen geben sollte", übt Verfassungsjurist Heinz Mayer Kritik am System, "bei der Nationalratswahl gibt es das ja auch nicht." Problematisch seien die Namenszettel einerseits, weil finanziell potente Großparteien die Gemeinden mit ihren Stimmzetteln überschwemmen können; eine Möglichkeit, die kleineren Listen fehlt. Andererseits deshalb, weil – so Mayer – "das eine manipulative Wirkung haben kann. Der Wähler bekommt kurz vorher noch so einen Zettel mit einem vielleicht ortsbekannten Namen und spart sich den großen amtlichen Stimmzettel. Vielleicht ohne zu wissen, welche Partei er damit wählt." Verfassungsrechtlich bedenklich sei die Regelung aber nicht, räumt der Mödlinger Mayer ein. Eine Meinung, die sein Kollege Bernd-Christian Funk teilt: "Es wird ja wohl niemand gezwungen, den Zettel zu verwenden." Funk sieht die Möglichkeit allenfalls aus praktischen Erwägungen "demokratiepolitisch bedenklich."

Der Chef der Landeswahlbehörde, Landtagspräsident Hans Penz (ÖVP), kann die Aufregung nicht nachvollziehen. "Jeder Wähler kann selbst entscheiden, welchen Stimmzettel er in sein Wahlkuvert steckt. Und jeder Wähler bekommt im Wahllokal einen amtlichen Stimmzettel."

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