Vorwurf gegen Erben: Sterbehilfe bei einer reichen Niederösterreicherin gegen ihren Willen

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Im Fokus steht ein Promi-Winzer aus der Steiermark, der in finanzielle Schieflage geraten sein soll.

Das Gesetz ist umstritten, seit 2022 ist die Sterbehilfe in Österreich neu geregelt. Dauerhaft schwer oder unheilbar Kranke, die Beihilfe zum Suizid in Anspruch nehmen wollen, können seitdem eine Sterbeverfügung errichten. Bis Anfang des Jahres haben fast 190 Menschen einen solchen assistierten Suizid in Anspruch und ein letales Medikament genommen.

Im Falle einer 71-jährigen wohlhabenden Niederösterreicherin hat sich ein solcher assistierter Suizid zu einem hochbrisanten Kriminalfall rund um ein Millionenerbe entwickelt.

Der Lebensgefährte (57) der Frau sitzt seit einigen Tagen wegen dringenden Mordverdachts in der Justizanstalt St. Pölten in Untersuchungshaft, bestätigt der Sprecher der Staatsanwaltschaft St. Pölten, Leopold Bien.

Bei dem Verdächtigen handelt es sich um einen prominenten Winzer. Der verschuldete Unternehmer hatte die wohlhabende Niederösterreicherin Monika M. vor knapp zehn Jahren kennen gelernt. Später soll sich daraus eine enge Partnerschaft entwickelt haben.

Schlaganfall erlitten

Nach einem Schlaganfall der Frau war diese auf Pflege und fremde Hilfe angewiesen. Da sich ihr Gesundheitszustand nicht besserte, soll sie eine Sterbeverfügung getroffen haben. Diese Willenserklärung wurde Anfang 2025, wie vom Gesetzgeber auch vorgesehen, von einem Notar beurkundet. Kurze Zeit nach diesem Vorgang war die 71-Jährige tot.

Sie hatte im März dieses Jahres das tödliche Medikamentenpräparat zu sich genommen. Nur kurze Zeit nach dem angeblich assistierten Suizid geriet der Winzer und Freund jedoch ins Visier der Staatsanwaltschaft und des NÖ Landeskriminalamtes. Er hatte für die bettlägerige Frau, die das Haus nicht mehr verlassen konnte, das tödliche Medikament aus der Apotheke geholt und der 71-Jährigen vorgesetzt, so die bisherigen Ermittlungsergebnisse.

Helping the needy

Seit 2022 ist der assistierte Suizid neu geregelt.

Schwere Vorwürfe erhoben

Das Betreuungspersonal und eine enge Angehörige der Frau äußerten den schweren Verdacht, dass die Pensionistin zu dem Zeitpunkt noch gar nicht bereit war, aus dem Leben zu scheiden, und der Mann gegen ihren Willen "nachgeholfen“ habe.

"Es besteht der Verdacht, dass die Frau zwar eine Sterbeverfügung getroffen, aber konkret nicht sterbewillig gewesen ist“, erklärt Bien. Der Tatverdächtige soll ihr das tödliche Medikament dennoch verabreicht haben, heißt es bei der Staatsanwaltschaft.

Testament geändert?

Was das mögliche Motiv anbelangt, gilt der 57-jährige Freund als finanzieller Profiteur im Todesfall. Er soll massive Schulden angehäuft haben und der allein Begünstigte im Testament der 71-jährigen Frau sein. Es geht um ein Vermögen in Millionenhöhe.

Ermittler des Landeskriminalamtes prüfen indes Vorwürfe und Hinweise, wonach das Testament der Frau kurz vor ihrem Tod noch zugunsten des Winzers geändert bzw. gefälscht worden sein soll. Durch die Änderung sei der Tatverdächtige als Alleinerbe daraus hervor gegangen. Die Ermittlungen in der Causa laufen noch, so Bien. Sichergestellte Datenträger müssen von Forensikern ausgewertet werden.

Die Neuregelung des Sterbeverfügungsgesetzes wurde auch von Juristen wegen diverser Schwächen und Hürden stark kritisiert. Unter anderem auch deswegen, weil jene Personen, die das tödliche Medikament Natrium-Pentobarbital aus der Apotheke besorgen und bei der Verabreichung assistieren, rasch in Verdacht geraten könnten.

Zwei Ärzte und ein Notar

Für die Sterbeverfügung bedarf es zunächst einer Begutachtung zweier Ärzte – sie dürfen später bei dem Suizid aber nicht Hilfe leisten. Die Mediziner müssen unabhängig voneinander bestätigen, dass die sterbewillige Person entscheidungsfähig ist und freiwillig aus dem Leben scheiden möchte.

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