Wiener Neustädter Innenstadt als Krisenpflaster

Müller residierte auf drei Stockwerken
Mit dem Kaufhaus und der Drogerie Müller verliert Wr. Neustadt nach dem Leiner-Aus den nächsten Leitbetrieb.

Die Eröffnungsfeier der funkelnagelneuen Wiener-Straßen-Fußgängerzone diese Woche Samstag hat einen schalen Beigeschmack. Mit der Drogeriekette Müller schließt der nächste Leitbetrieb in der City seine Pforten - und das ausgerechnet in der Wiener Straße. Donnerstagabend wurde die 40-köpfige Belegschaft bei einer eiligst einberufenen Betriebsversammlung über das bevor stehende Aus am 29. September informiert.

„Uns trifft das natürlich wie ein Keulenschlag. Zuerst die Nachricht, dass das Möbelhaus Leiner in der Stadt seine Filiale schließt und jetzt das“. Bürgermeister Klaus Schneeberger hat zur heutigen Eröffnungsfeier wenig Grund zur Freude. Zumal er als Stadtchef seit April zwischen der Firma Müller und dem Hauseigentümer die Rolle des Vermittlers übernommen hat. Um den Standort zu sichern, wollte Müller wegen rückläufiger Umsatzzahlen eine Mietreduktion. „Ich dachte die Angelegenheit sei bereits positiv ausgegangen, als wir am Donnerstag plötzlich von der Schließung erfahren haben“, so Schneeberger. Gestern versuchte der Stadtchef bei allen Verantwortlichen noch einen Rettungsversuch, anscheinend vergeblich.

Der KURIER sprach am Freitag mit dem Müller-Vertriebsleiter bei seinem Besuch in Wiener Neustadt. „Die wirtschaftliche Situation hat nichts anderes zugelassen, als den Standort zu schließen“, so der knappe Kommentar von Arsim Aliu, während die Mitarbeiter zeitgleich bereits ihre Kündigungen auf den Tisch bekamen – auch jene, die sich im Krankenstand befanden. Was die Gewerkschaft scharf kritisierte. Nur 15 der 40 Mitarbeiter bekamen das Angebot, mit neuem Vertrag in eine der anderen 77 Müller-Filialen zu wechseln. Die Zahl der verfügbaren Stellen im nahen Umkreis ist aber überschaubar. Am zweiten Standort in Wiener Neustadt kommen  etwa nur zwei Mitarbeiter unter.

Verträge prüfen

Wiener Neustädter Innenstadt als Krisenpflaster

Auch Leiner schließt Ende des Jahres

Die Gewerkschaft rät jedenfalls davon ab, die Verträge ungeprüft zu unterschreiben. Die Arbeiterkammer bietet den Betroffenen ab Montag eine Überprüfung durch Spezialisten an.

Mit dem Ende von Leiner, Müller und anderen namhaften Handelsketten hat das Geschäftesterben in der Stadt bereits ein besorgniserregendes Ausmaß überschritten. Dem ist sich auch Schneeberger bewusst. Deshalb verfolge die Stadt mit Argusaugen, was der neue Leiner-Eigentümer, Immobilien-Tycoon René Benko, mit der frei werdenden Liegenschaft vor hat.

Die Häuser in Innenstadt-Bestlage samt Parkplatz sollen bekanntlich möglichst gewinnbringend veräußert werden. Das Interesse der Stadt liegt aber vor allem in einem nachhaltigen Konzept. Schließlich galt das Möbelhaus als einer der Top-Frequenzbringer in der Innenstadt.

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