Wiener Neustadt: "Keine weitere Gettoisierung"

ÖVP-Bürgermeister Klaus Schneeberger
In manchen Klassen spricht kein einziger Schüler Deutsch. Hilferuf des Bürgermeisters an Ministerin.

Mit 23 Prozent Migrationsanteil liegt Wiener Neustadt in Österreich im Spitzenfeld aller Gemeinden. Nachdem der türkischstämmige Integrationsbeauftragte der Stadt, Onur Yavuz, 23, von schweren Missständen und einer Parallelgesellschaft türkischer Landsleute spricht (der KURIER berichtete), ist die Politik gefordert. ÖVP-Bürgermeister Klaus Schneeberger erklärt im KURIER-Interview warum er die rasche Hilfe der Unterrichtsministerin einfordert und eine "Ausländerquote" in den Wohnsiedlungen durchsetzen will.

KURIER: Herr Bürgermeister, welche Probleme hat Wiener Neustadt bei der Integration seiner Zuwanderer?Schneeberger: Wir büßen jetzt die Sünden der Vergangenheit. Es gab eine Willkommenspolitik in dieser Stadt, ohne die Spielregeln genau zu definieren. Ich habe kein Problem mit dem Zuzug von Migranten, wenn die Spielregeln eingehalten werden. Spielregeln heißt bei mir zumindest die deutsche Sprache zu können – und natürlich auch österreichische Kultur zu leben. Außerdem braucht es den Willen, sich zu integrieren.

Lehrer beklagen, dass dieser Wille bei vielen Migranten nur schwer erkennbar ist. Zu Hause wird mit den Kindern weiterhin in der Muttersprache gesprochen.

Das ist das Hauptproblem. Ich war Montag in einer Volksschule wo ich Klassen vorgefunden habe in denen es kein einziges Kind mit deutscher Muttersprache gibt. Die Lehrer können den Kindern nicht mehr die Schulreife beibringen, die notwendig ist, um eine weiterbildende Schule zu besuchen. Es herrscht völlige Überforderung.

Kann man als Bürgermeister etwas dagegen tun?

Ich werde das zum Anlass nehmen, um an die Frau Bundesministerin einen Hilferuf auszusprechen. Ich lade sie ein, hierherzukommen und sich das anzusehen. Das ist ein Anschlag auf die Bildung, wenn man hier nicht gesonderte Maßnahmen setzt.Wenn wir da nicht die Hilfe von oben bekommen, sind das die Arbeitslosen von morgen, die der Gesellschaft viel Geld kosten. Daher erwarte ich mir hier intensive Unterstützung der Regierung.

Könnte die Stadt durch eine Änderung bei den Schulsprengeln eingreifen?

Ich glaube, dass es für die Kinder mit deutscher Muttersprache nicht vertretbar wäre, wenn man eine derartige Durchmischung herbei führt. Dann hat man letzten Endes in jeder Volksschule 50 Prozent Migrantenanteil. Mein Ansatz ist ein anderer, auch wenn er kritisiert wird. Nämlich eigene Klassen einzurichten, wo den Kindern primär Deutsch beigebracht wird, bevor sie mit dem Lehrplan fortfahren.

In Wiener Neustadt ist immer wieder von einer Parallelgesellschaft die Rede. Wie äußert sich das?

Durch falsche Wohnungspolitik haben sich Siedlungen mit extrem hohen Migrantenanteil entwickelt. Wir haben Parallelgesellschaften, in denen die deutsche Sprache gar nicht mehr gesprochen werden muss. Es gibt türkische Geschäfte, Friseure usw.

Gibt es eine Möglichkeit gegenzusteuern?

Eine weitere Gettoisierung wird es in Wiener Neustadt nicht geben. Bei Neubauten, bei denen die Stadt mitreden kann, wie beispielsweise im geförderten Wohnbau, wollen wir maximal 15 Prozent Migrantenanteil. Dann haben wir die Chance, entsprechende Integrationsarbeit zu leisten. Ich gehe davon aus, dass die Wohnbaugenossenschaften das so umsetzen werden. Gespräche gab es bereits.

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