Wie Profit und Artenvielfalt in den Wäldern Hand in Hand gehen

Bundesforste-Vorstand Rudolf Freidhager beim Lokalaugenschein mit Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) im Revier Breitenfurt (Bezirk Mödling) am Montag
Österreichische Bundesforste wollen im Wienerwald zeigen, dass ertragsorientierte Bewirtschaftung und intakte Ökosysteme kein Widerspruch sind.

Ökologie und Ökonomie sind kein Widerspruch. Zumindest unter dem grünen Dach des Wienerwaldes soll dieser Leitspruch gelten. Denn dort haben sich die Österreichischen Bundesforste der „integrativen Waldwirtschaft“ verschrieben – wollen also wirtschaftlichen Nutzen und Artenvielfalt unter einen Hut bringen. „Am Beginn meiner beruflichen Laufbahn hat es geheißen: Willst du mit dem Wald Geld verdienen, oder willst du die Natur schützen? Heute wissen wir, dass beides möglich ist“, betonte Bundesforste-Vorstand Rudolf Freidhager bei einem Lokalaugenschein mit Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) im Revier Breitenfurt (Bezirk Mödling) am Montag.

Totholz als Lebensraum

Hier läuft ein Pilotprojekt, das in weiterer Folge auf alle 120 Reviere in ganz Österreich – vom Tiefland bis ins Hochgebirge – ausgeweitet werden, soll. Im Zentrum der Bemühungen stehe die Biodiversität, also Artenvielfalt bei Tieren und Pflanzen, wie Revierleiter Joachim Graf anschaulich erläuterte. Breitenfurt sei diesbezüglich so etwas wie der „idealtypische Wald der Zukunft.“ Hain- und Rotbuchen, Zerr- und Traubeneichen, Vogelkirschen, Rotkiefern, Fichten, Tannen und Lärchen sind hier zu finden. Seltene Arten wie Speierling, Elsbeere, Holzbirne oder Wildapfel werden bewusst gefördert. Jedes Jahr setze man zumindest 150 Stück seltener Gehölzarten pro Revier, so Freidhager.

Wie Profit und Artenvielfalt in den Wäldern Hand in Hand gehen

Totholz wird nicht aus dem Wald abtransportiert - es dient als Lebensraum für eine Vielzahl an Tieren und Pflanzen

Geschnittenes Holz werde möglichst schonend auf festgelegten Routen abtransportiert. Im Bundesforste-Revier Breitenfurt im Biosphärenpark Wienerwald werden jedes Jahr rund 13.000 Festmeter Holz geerntet und damit die heimische Möbel-, Holz- und Sägeindustrie sowie lokale Biomassekraftwerke versorgt. Totholz bleibt im Wald, wo es eine wichtige Funktion als Lebensraum übernimmt. Es werde von mehr als 4.500 Insekten-, Käfer-, Pilz- und Flechtarten gerne besiedelt, berichtete Revierleiter Graf.

Und auch zwischen den Bäumen befinden sich Öko-Nischen: „An einem Waldsaum etwa wurde eine Hecke mit Wildsträuchern wie Spindelstrauch, Kornelkirschen, Wildrosen, Hartriegel und Felsenbirnen gepflanzt, erzählt Graf. „Sie bietet den mehr als 50 Wildbienenarten im Revier ein reiches Nahrungsangebot. Aber auch für Vogelarten wie Rotkehlchen, Zilpzalp und Mönchsgrasmücke oder Kleinsäuger wie die Haselmaus ist sie ein begehrter Unterschlupf.“

Wie Profit und Artenvielfalt in den Wäldern Hand in Hand gehen

Beim Lokalaugenschein im Wienerwald: ÖBf-Betriebsleiter Gerald Oitzinger, ÖBf-Vorstand Rudolf Freidhager, Christina Laßnig-Wlad, Leiterin des ÖBf-Naturraummanagements,und der Breitenfurter Revierleiter Joachim Graf (v. li.)

Ministerin Gewessler zeigte sich beim Lokalaugenschein beeindruckt: „Vielfalt in der Natur ist Grundlage für Lebensmittel, Baustoffe, Medizin und wertvoller Erholungsraum.“ Mit dem Waldfonds, aus dem Bauern insgesamt 350 Millionen Euro für Forstmaßnahmen beantragen können, und der „Biodiversitätsstrategie 2030“, die derzeit erarbeitet werde, wolle man die Artenvielfalt in Österreich langfristig sichern.

Pläne für 120 Reviere

Für jedes der 120 Bundesforste-Reviere werden nun eigene Öko-Pläne entwickelt, dafür die Besonderheiten jeder Region analysiert, erklärte Christina Laßnig-Wlad, Leiterin des Naturraummanagements der Bundesforste. „Für rund 30 Reviere wurden bereits Pläne erstellt. Bis Ende 2021 wird es für mehr als ein Drittel unserer Flächen – weit über 300.000 Hektar – solche Öko-Pläne geben.“ In den nächsten Jahren sollen auf einer Fläche von 850.000 Hektar – Wälder, Wiesen, Moore, Gewässer – Naturschutzmaßnahmen gesetzt werden. Gleichzeitig werden die Wälder aber auch ertragsorientiert bewirtschaftet. Ein Zusammenspiel, das Joachim Graf auf den Punkt bringt: „Ich muss nicht gegen die Natur arbeiten, wenn ich gut mir ihr arbeiten kann.“

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