Werner Schlager: "Ziel war die Kontrolle der WSA"

Tischtennis-Profi Werner Schlager gründete mit Partner Martin Sörös 2005 die WSA. In Schwechat fand man ein Zuhause, doch schon bald hing der Haussegen gehörig schief
Tischtennis-Star Werner Schlager erhebt schwere Vorwürfe im Zuge des Multiversum-Skandals.

Die Werner Schlager Academy (WSA) ist derzeit mit 33 Prozent am Multiversum beteiligt. Im Zuge des Skandals kam auch sie ins Trudeln.

KURIER: Warum entschied sich die WSA für den Standort Schwechat?

Werner Schlager: Es gab die Möglichkeit, nach Stockerau oder Schwechat zu gehen. In Schwechat wurden uns ziemlich umfangreiche Versprechungen gemacht. Auch die Location nahe am Flughafen und neben dem Bahnhof war optimal.

Wann sind dann die ersten Ungereimtheiten aufgetaucht?

Mitte 2012 haben wir erfahren, dass der Vize-Stadtamtsdirektor Franz Kucharowits der Firma Merten einen ausladenden Kredit gestattet hat (siehe Zusatz). Und zwar seitens des Multiversum, seitens jener Gesellschaft, an der wir mit 33 Prozent beteiligt sind. Ohne dass wir das in irgendeiner Art und Weise gewusst haben, geschweige denn mitgetragen hätten.

Wer ist nun für den Skandal verantwortlich?

Es hat sicher eine Handvoll Personen gegeben, die die Richtung vorgegeben haben. Wie groß dieses Netzwerk war, wissen wir nicht. Von Anfang an wurde etwas anderes verfolgt, als man uns kommuniziert hat. Nämlich, dass die Geldmassen, die mit Bau und Betrieb des Multiversum verbunden sind, auch diesem Netzwerk nutzen.

Was gibt es nun für Konsequenzen für die WSA?

Eines muss ich klar sagen: Die WSA ist Geschädigter. Wir sind unverschuldet in Turbulenzen gekommen. Wenn man von einem mittleren sechsstelligen Förderbetrag seitens der Stadt ausgegangen ist und dieser nicht eintrudelt, kann man sich vorstellen, welche Probleme nach drei Jahren vorhanden sind. Ich musste einen mittleren sechsstelligen Betrag privat finanzieren.

Gab es private Rückschläge?

Letztendlich hat es dazu geführt, dass ich meine Leistungsfähigkeit als Spitzensportler nicht mehr bringen konnte. Ich musste eine Pause einlegen, weil ich körperliche Konsequenzen gespürt habe.

Sprechen Sie von einem Karriereknick?

Absolut. Man darf nicht vergessen, dass auch mein langjähriger Verein, bei dem ich mit Unterbrechungen seit 1994 spiele (SVS Niederösterreich, Anm.), gegen mich intrigiert hat. Man hat mir seit Anfang 2011 kein Gehalt für meine Spielertätigkeit ausbezahlt. Und dadurch den Druck auf mich erhöht. Denn ich musste ja auch die WSA am Laufen halten und das privat finanzieren. Es hat Angebote gegeben, damit wir jede Kontrolle über die WSA aus der Hand geben. In der Retrospektive betrachtet war das genau das Ziel jenes kleinen Netzwerkes. Damit man die WSA unter Kontrolle hat, um Zugriff auf deren Förderungen zu erhalten.

Es wurde kritisiert, dass die WSA keine Miete im Multiversum zahlt. Warum?

Es war von Anfang an klar, auch seitens der Stadt, dass die 10,6 Mio. Euro an Förderungen, die wegen der WSA in dieses Konstrukt fließen, auf ein Fiktivkonto kommen. Und von diesem wird die Miete bezahlt. Wenn das Konto abbezahlt ist, dann verpflichtet sich die WSA, Miete zu zahlen. Man darf nicht vergessen, Leistungssport kostet Geld.

Gibt es auch Überlegungen, Schwechat zu verlassen?

Natürlich gibt es auch Auswegszenarien, die großteils durchgeplant sind. Nur, man darf gar nicht darüber nachdenken, was das für Konsequenzen hat – für die Stadt und die Steuerzahler.

Welche wären das?

Das wäre, ganz salopp gesagt, der drohende Konkurs der Stadt Schwechat. Man muss bedenken, es wären alle Haftungen, die die Stadt bislang eingegangen ist, sofort fällig. Wenn wir weggingen, müsste auch ein Großteil der Förderungen zurückgezahlt werden.

Die Baukosten stiegen von rund 30 Millionen Euro auf rund 50 Millionen. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit war von Anfang an fragwürdig, der Finanzbedarf für den laufenden Betrieb erhöhte sich – vor allem, da die Stadtführung die WSA entgegen des ursprünglichen Plans mietfrei stellte. Viele Verträge sollen ohne Gesellschafterbeschluss getätigt worden sein.

Wann flog der Skandal auf?

Mitte 2012 kam ans Licht, dass die Multiversum Betriebs GmbH unter dem damaligen Geschäftsführer, Ex-Stadtamtsdirektor-Stellvertreter Franz Kucharowits, ab 2009 ominöse Darlehen in der Höhe von 900.000 Euro an die Firmen des damaligen City-Managers Manfred Merten vergeben haben soll. Die ersten Untersuchungen begannen.

Beziehen sich die Ungereimtheiten nur auf das Multiversum?

Nein. Die Prüfer des Rechnungshofes kritisieren mehrere Projekte der Stadt, bei denen vor allem Ex-Stadtchef Fazekas und Ex-Stadtamtsdirektor-Stellvertreter Kucharowits ihre Kompetenzen überschritten haben sollen. Verträge oder Kreditvergaben sollen etwa ohne notwendigen Gemeinderatsbeschluss abgeschlossen worden sein. Auch gegen den Obmann des Sportvereins Schwechat (SVS) und Stadtbediensteten Karl Hanzl erheben die Prüfer Vorwürfe. Hanzl weist diese vehement zurück.

Was sind die Konsequenzen?

Gegen Fazekas, Kucharowits und vier weitere Beschuldigte ermittelt die Staatsanwaltschaft. Fazekas musste zurücktreten, Kucharowits wurde in Frühpension geschickt. SVS-Obmann Hanzl wurde vom Dienst freigestellt.

Wie soll das Multiversum gerettet werden?

Die Stadt verhandelt derzeit mit der WSA. Sie will 100-Prozent-Eigentümerin werden. Im Zuge einer Umfinanzierung wurde ein Kredit um 25 Millionen Euro aufgenommen. Zudem wird die Stadt nun jährlich mindestens 3,5 Millionen Euro in die Halle buttern müssen. Das Multiversum hat zudem Verbindlichkeiten in der Höhe von 10 Millionen Euro.

Was bedeutet der Skandal für Schwechat?

Schwechat hat zwar vier Mal so hohe Steuereinnahmen wie Vergleichs-Gemeinden, aber einen Schuldenstand von 79 Mio. Euro. Bis 2016 muss die Stadt rund neun Mio. Euro einsparen. Gebührenerhöhungen – der Hortbeitrag erhöht sich etwa von 50 auf 110 Euro – und Einsparungen beim Personal sind notwendig. So wurden etwa Schwechats Jugendcoaches wegrationalisiert.

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