Warum der Klubchef der ÖVP in NÖ nun "Kante zeigen" will
„Alles“, sagt Jochen Danninger, müsse über seinen Tisch. Die Themen, mit denen seine eigene Partei Politik machen will, ebenso wie das, was man in der Koalition mit der FPÖ erarbeitet. Danninger nickt – und wirkt zufrieden.
Der frühere ÖVP-Landesrat fand sich nach der verlorenen Landtagswahl im Frühjahr 2023 und einem Kräftemessen der Bünde – Bauern gegen Wirtschaft – als Klubchef seiner Partei und Regierungskoordinator wieder. Ein Abstieg? So mögen es vielleicht Außenstehende sehen. Danninger selbst scheint sich im neuen, ungeplanten Job eingelebt zu haben.
Tatsächlich hat er gleich mehrere gewichtige Aufgaben vor sich: Er muss dafür sorgen, dass der schwarz-blaue Pakt hält – und nicht (wie von der Opposition prophezeit) rasch wieder implodiert. Zugleich will er die niederösterreichische ÖVP zurück auf den Erfolgspfad führen und das Minus von 9,7 Prozentpunkten vergessen machen.
Ein „Brückenbauer“
In seiner Rolle als Klubchef könne und wolle er „kantige Politik machen“, sagt Danninger. Er wolle zeigen, wofür die ÖVP steht. Und die Botschaften, die müssen auch bei den Menschen ankommen. „Auf Social Media müssen wir kurz und prägnant formulieren“, sagt er im Gespräch mit dem KURIER und deutet auf sein Smartphone.
Ein Scharfmacher, also? Nein, er sei auch ein „Brückenbauer“ zu den anderen Parteien im Landtag, sagt Danninger. „Mir ist der Draht zu allen wichtig.“ Auch wenn ihm das bei der SPÖ zunehmend schwerfalle: „Zuerst hat Sven Hergovich (designierter SPÖ-Landesparteichef, Anm.) die Koalitionsverhandlungen zum Scheitern gebracht, jetzt fällt seine junge Truppe mit Fundamental-Opposition auf.“ Das sei „für eine ehemals staatstragende Partei sehr gewöhnungsbedürftig“.
Und auch im Bund, sagt Danninger, biege die SPÖ „in Richtung Links-außen-Partei ab“. Sie suggeriere den Menschen (etwa mit der Forderung nach einer 32-Stunden-Woche und einem Mindestlohn von 2.000 Euro), „dass alles gratis sein muss und der Staat alle Probleme zu lösen hat, während wir alle weniger arbeiten müssen“. Das sei „verantwortungslos“. Denn: „Wer weniger leistet, wird ärmer, nicht reicher.“
Die SPÖ bereite so „das Feld für die Kommunisten auf“, meint Danninger. „Wenn ich daran denke, dass das altehrwürdige Grazer Rathaus von einer Kommunistin (Elke Kahr, Anm.) regiert wird, bekomme ich Gänsehaut.“
Weshalb sich der ÖVP-Politiker ausgerechnet um die politische Positionierung des Mitbewerbers so große Gedanken macht? Vielleicht, weil er bereits in Richtung der Nationalratswahl 2024 blickt, nach der sich die ÖVP einen neuen Koalitionspartner im Bund suchen muss – und will. Ob die SPÖ da infrage kommt, dabei hat die mächtige Landespartei einiges mitzureden.
Es begann im Bund
Danningers Karriere nahm einst genau dort ihren Anfang: im Bund. Michael Spindelegger hat damals seinen Aufstieg entscheidend geprägt. Danninger – gebürtiger Oberösterreicher – avancierte 2013 von Spindeleggers Kabinettschef zum Staatssekretär für Finanzen. Dann folgte er dem Ruf nach Niederösterreich, wo er Landesrat wurde. Spätestens da war seine Zeit im Schatten der Mächtigen, wo sich der heute 48-Jährige lange wohlfühlte, vorbei.
Mit den Grünen, das merkt man rasch, hat Danninger wenig Freude. Zu groß sind die Kompromisse, die die ÖVP in der Koalition eingehen muss – etwa bei Umwelt und Verkehr. Die grüne Ministerin Leonore Gewessler „zeigt kein Verantwortungsbewusstsein für das große Ganze. Sie erkennt nicht, welchen Schaden sie durch nicht umgesetzte Straßenprojekte anrichtet“, sagt Danninger – etwa mit Blick auf den Lobautunnel, den Gewessler trotz Nationalratsbeschluss nicht bauen will.
Der Klubchef sieht gar den Bundespräsidenten gefordert: „Ich erwarte mir von Alexander Van der Bellen, dass er die Ministerin ermahnt, geltende Gesetze einzuhalten. Sie begeht Rechtsbruch, da muss er ein Machtwort sprechen.“ Das ist (auch) eine Retourkutsche. Die ÖVP nimmt es dem Präsidenten übel, dass er zuletzt bei der Angelobung kritische Worte zu Schwarz-Blau fand.
Kritik an der EVN
Apropos Kritik: Die prasselte auf Danninger ein, als bekannt wurde, dass er ab Juni den Posten des Aufsichtsratsvize beim Energieversorger EVN übernehmen soll. Zusätzlich zum Job des Klubchefs. Viele sind mit den hohen Energiepreisen unzufrieden, Danninger soll es richten.
In den eigenen Reihen im Landtag scheint er bisher übrigens gut anzukommen. „Es ist eine neue Diskussionskultur eingezogen. Es gibt keine Tabus und mehr Offenheit“, sagen schwarze Abgeordnete. „Man kann auch Dinge ansprechen, die vielleicht nicht so angenehm sind.“
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