Warten auf die Anklage im Pflegeskandal

Warten auf die Anklage im Pflegeskandal
Kirchstetten: Vorhabensbericht ist fertig, Rechtsanwalt übt Kritik an der Staatsanwaltschaft.

Es sind Tausende Seiten, die in einer Kiste im Landesgericht St. Pölten aufbewahrt werden. Die Protokolle und Gutachten sind das Ergebnis von jahrelangen Ermittlungen rund um einen möglichen Skandal im Pflegeheim Kirchstetten im Bezirk St. Pölten.

Rückblende: Im Oktober 2016 wurden schwere Vorwürfe gegen fünf Pflegekräfte der Einrichtung laut. Sie sollen wehrlose Patienten gequält und erniedrigt haben. Auch ein Sexualdelikt steht im Raum. Die Mitarbeiter wurden damals sofort entlassen, Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft St. Pölten begannen mit den Ermittlungen.

Drei Jahre später hat die Anklagebehörde nun ihren Vorhabensbericht fertiggestellt. Insider gehen davon aus, dass dem Quintett der Prozess gemacht wird. Zuvor muss der Bericht aber noch an die Oberstaatsanwaltschaft Wien und in weiterer Folge an das Justizministerium geschickt werden. Im sogenannten Weisungsrat wird schließlich entschieden, ob Anklage erhoben wird oder auch nicht.

Beschwerde

Als sozusagen letztes Kapitel in dem Fall war noch eine Beurteilung einer Grundrechtsbeschwerde von Rechtsanwalt Stefan Gloß ausständig. Damit wehrten sich die ehemaligen Pfleger gegen den Umstand, dass sie 2017 gegen das Gelöbnis enthaftet worden waren, bis zum Ende des Verfahrens nicht mehr im Pflegebereich tätig zu sein. Die Beschwerde wurde allerdings vom Obersten Gerichtshof verworfen. Gloß selbst spart nicht mit Kritik an den bisherigen Ermittlungen.

„Meine Mandanten wurden kein einziges Mal von der Staatsanwaltschaft einvernommen“, berichtet er. Tatsächlich wurden die Befragungen von der Kriminalpolizei übernommen. „Die Spezialisten der Gruppe Leib und Leben haben diese durchgeführt, die Protokolle wurden zu uns geschickt“, betont Staatsanwalt Karl Fischer, der von einer üblichen Praxis spricht. Die Kriminalisten waren aber in den vergangenen drei Jahren nicht nur mit den Befragungen der Ex-Pfleger beschäftigt, sie mussten auch mehr als ein Dutzend Leichen exhumieren. Der dramatische Hintergrund: Bei Untersuchungen von Verstorbenen war ein entwässernd wirkendes Arzneimittel festgestellt worden, für das keine Verschreibung vorlag. Dieses Medikamente hätte aber den Todeseintritt beschleunigen können. Ein toxikologisches Gutachten ergab jedoch keine Anzeichen darauf, dass den Patienten dieses Arzneimittel systematisch verabreicht wurde. Zudem gibt es bislang keine Beweise dafür, dass die Heimbewohner geschlagen wurden. Auch in diesem Zusammenhang wurde ein Gutachten erstellt.

Wann der Weisungsrat über die Causa entscheiden wird, ist noch unklar. Es könnten also noch Monate vergehen, bis es zu einem Prozess kommt. „Ich wäre sogar froh darüber, weil ich dadurch endlich meine Unschuld beweisen kann“, sagte eine der betroffenen Pflegerinnen zum KURIER.

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