Polizeiaffäre in NÖ: Schusswaffen unter der Hand verkauft

Ein Mann zeigt eine Glock-Pistole und hat Munition in der Hand
Drei Jahre wurde vom BAK ermittelt. Nun gibt es eine Anklage gegen eine Amtsrätin. Auch das Zentrale Waffenregister soll manipuliert worden sein.

Wenn Schusswaffen in Österreich in die falschen Hände geraten, ist bei Behörden und Innenministerium Feuer am Dach, besonders in Zeiten der zweithöchsten Terrorwarnstufe.

Wie der brisante Fall zeigt, ist ausgerechnet das Waffenarsenal der Landespolizeidirektion Niederösterreich in der Vergangenheit zu einer Art Selbstbedienungsladen mutiert.

Drei Jahre hat das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) in der Affäre ermittelt. Nun gibt es eine Anklage der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, bestätigt Sprecher Erich Habitzl auf Anfrage des KURIER.

Manipulationen im Zentralen Waffenregister

Eine mittlerweile pensionierte Amtsrätin und Leiterin des Waffenreferats bei der Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt soll im großen Stil Waffen abgezweigt, weiterverkauft oder rechtswidrige Löschungen im Zentralen Waffenregister (ZWR) vorgenommen zu haben. Am 16. Dezember ist gegen die 53-Jährige am Landesgericht Wiener Neustadt Anklage wegen Amtsmissbrauchs, Urkundenunterdrückung und Urkundenfälschung eingebracht worden, erklärt Habitzl.

Das BAK hat Jahre gebraucht, um die dubiosen Vorgänge zu rekonstruieren und im Waffenregister nachzuvollziehen. Schließlich sei man aber fündig geworden. In Österreich werden pro Jahr mehr als 5.000 Schusswaffen beispielsweise aus Erbschaften, Sammlungen oder durch den Ausspruch von Waffenverboten bei Polizeibehörden abgegeben. 

Versteigerung

Die Schusswaffen können staatlichen Einrichtungen oder Sammlungen zur Verfügung gestellt werden, anschließend sind sie öffentlich zu versteigern, heißt es dazu im Innenministerium.

Für genau diese behördlichen Vorgänge war die Referatsleiterin verantwortlich. Wie es in der Anklage heißt, soll die 53-Jährige als verfallen deklarierte Schusswaffen abgezweigt und teils verkauft haben.

Bei der Rückgabe von Waffen seien Besitzer überredet worden, ihre Pistolen dem hiesigen Polizeisportverein zu spenden. Mit der Unterschrift auf einem Formular willigten sie ein. Allerdings sind diese Schusswaffen nie bei den Polizeischützen angekommen. Teils fehlt von den Waffen jede Spur.

23 Waffen in Besitzkarte eingetragen

Die Vorwürfe reichen laut Anklage noch viel weiter. Wer eine Waffenbesitzkarte hat, dem wird das Dokument grundsätzlich für zwei Waffen der Kategorie B ausgestellt. Sportschützen oder Sammler können unter gewissen Voraussetzungen mehr Waffen eintragen lassen.

Illegale Einfuhr von Waffen

Die verdächtige Amtsleiterin hatte sich laut Anklage 23 Waffen selbst als Besitzerin eingetragen. Und auch andere Verstöße im Zusammenhang mit dem Zentralen Waffenregister wurden demnach aufgedeckt. Ohne dafür zuständig zu sein bzw. die nötige Berechtigung zu besitzen, soll die 53-Jährige einem bekannten Waffenhändler illegal einen Bescheid für die Einfuhr von Waffen nach Österreich ausgestellt haben, so die Anklage.

young woman with long hair in a white t-shirt holds a gun in her hand.

Waffenverbot einfach ignoriert

Ein weiterer heikler Punkt: Als Referatsleiterin habe sie einem Mann, gegen den ein aufrechtes Waffenverbot bestand, genau das Gegenteil schriftlich bescheinigt. Die Fälle seien derart umfangreich, dass es Jahre gedauert hat, um die Vorgänge nachzuvollziehen. An die hundert Zeugen und ehemalige Waffenbesitzer wurden vom BAK einvernommen.

Die 53-Jährige hatte bereits in der Vergangenheit wegen eines möglichen Wahlbetrugs in Niederösterreich für Schlagzeilen gesorgt. Sie stand nach der Gemeinderatswahl 2020 im Verdacht, als Kommunalpolitikerin 14 abgegebene Stimmzettel auf der Rathaus-Toilette entsorgt zu haben. Die Mandatarin wurde damals beim Prozess im Zweifel freigesprochen. Wegen der vermeintlichen Manipulation kam es zur Wahlwiederholung, die dem SPÖ-Bürgermeister der Stadtgemeinde damals im zweiten Anlauf eine absolute Mehrheit einbrachte.

Mit Bekanntwerden der Ermittlungen im Jahr 2022 kehrte die 53-Jährige nie wieder zurück an ihren Arbeitsplatz bei der Polizei. Sie war zunächst monatelang im Krankenstand und wurde danach pensioniert.

Einspruch gegen die Anklage

Wann es in Wiener Neustadt zum Prozess kommt, ist unklar. Wie Birgit Borns, Sprecherin des Landesgerichtes Wiener Neustadt erklärt, wurde gegen die Anklageschrift Einspruch erhoben.

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