Wachau: Streit um Weingut schürt Ängste

Wachau: Streit um Weingut schürt Ängste
Wie Gerichtsurteile die Bonität einer ganzen Region untergraben – weil das Gesetz es zulässt.

Patzer von Behörden, sowie die lange Dauer von Gerichtsverfahren haben einen Streit um ein mit 24 Hektar Weingartenflächen ausgestattetes Weingut in Niederösterreich zu einem riesigen Schlamassel werden lassen. Nach einem fünf Jahre dauernden Prozessmarathon mit zahlreichen Verfahren fühlen sich alle Beteiligten als Verlierer. Der Versuch, den Gordischen Knoten mit Hilfe der Korruptionsstaatsanwaltschaft zu zerschlagen, ist gescheitert.

Die Causa hat zudem einen gefährlichen Nebeneffekt: Eine nunmehr behördlich abgesegnete Unterzahlung der Flächen gefährdet die Bonität von Weinbaubetrieben in der ganzen Region. Sie müssen damit rechnen, dass sie Investitionskredite nicht mehr wie im bisherigen Maß mit Weingärten besichern können.

„Ich bin praktisch von den Behörden enteignet worden. Wann immer ich das erzähle, schlagen die Leute die Hände über dem Kopf zusammen“, klagt Frau S., mittlerweile nur mehr eine ehemalige Weingut-Besitzerin.

„Ich konnte die Grundstücke über lange Zeit gar nicht nutzen, obwohl sie mir vom Gericht zugesprochen wurden“, seufzt unterdessen Käufer N., ein erfolgreicher Winzer. „Wir sitzen unverschuldet auf einem Berg von Anwaltskosten“, berichtet der bisherige Pächter.

Vertrag

Die Vorgeschichte: Im September 2013 schlossen Winzer N. und Weingutbesitzerin S. einen handschriftlichen Vorvertrag über den Kauf des Weinguts, der erst vor dem Notar Gültigkeit erlagen sollte. Doch schon vorher trug das Weinbaureferat der Bezirkshauptmannschaft Winzer N. auf dessen Wunsch als Besitzer im Weinbaukataster ein. Die Verkäuferin überlegte es sich jedoch anders. N. bestand auf den Kauf. Das zuständige Landesgericht erklärte den Verkauf in erster Instanz anfangs mit einem Beschluss für ungültig. Um Winzer N. gut zwei Jahre nach dessen Berufung doch Recht zu geben – auf Anregung des Oberlandesgerichts Wien. In der Zwischenzeit verpachtete Frau S. die Gründe an den jungen Winzer F. und räumte ihm ein Vorkaufsrecht ein, das auch im Grundbuch eingetragen wurde.

Als Winzer N. in letzter Instanz gewann, hatte der Pächter plötzlich ein großes Problem, weil er die Weingärten bearbeitete und beerntete. Solange aber die Besitzverhältnisse ungeklärt waren, stand dessen Vater sogar wegen Traubendiebstahls vor Gericht, wurde aber freigesprochen.

In einem Verfahren gegen Winzer N. beklagte die Verkäuferin, dass sie nur etwa ein Drittel des ortsüblichen Wertes (650.000 statt zwei Millionen Euro) bekommen haben soll. Das dementiert der Käufer: „Ich habe im Paket gekauft, deshalb bin ich zehn Prozent unter dem üblichen Preis, das bestätigt ein Gutachten“, betont Winzer N. Das Kaufentgelt liegt seit fünf Jahren auf einem Treuhandkonto. Käufer N. begründet das so: „Weil ich von Anfang an die Rechnungen des gekauften Weinguts zahlen musste, aber es jahrelang nicht bearbeiten konnte. Es gab auch noch keine formelle Übergabe, ich habe noch keinen Zutritt zu den Gebäuden.“

Anzeigen gegen beteiligte Behörden und Justiz fruchteten nicht. Das Bundesamt zur Bekämpfung der Korruption leitete eine Anzeige – samt 1000 Seiten starker Beilage – innerhalb kürzester Zeit an jene Staatsanwaltschaft weiter, die angezeigt wurde.

Schaden

Einen weitreichenden Schaden sieht der ehemalige Pächter F. nicht nur für sich, sondern auch für andere Winzer: „Wenn Weingärten offiziell weit unter ihrem ortsüblichen Preis verkauft werden dürfen, fördert das nicht nur Schwarzgeldflüsse, sondern verringert auch den Marktwert anderer Weingärten in der Region. Sowohl beim Verkauf als auch zur Besicherung für Kredite“, argumentiert der junge Winzer.

Schwächen

Ein weiterer Aspekt ist eine Regelung, deren eigentlicher Zweck es ist, zu kleinen Landwirtschaftsbetrieben eine lebensfähige Größe zu geben. Doch das landwirtschaftliche Förderungsfonds- und Siedlungsgesetz hat Schwächen. Die angestrebte Transparenz für Chancengleichheit unter Landwirten beim Erwerb von Grundstücken lässt sich leicht aushebeln: Erwirbt ein Landwirt nämlich im Vorfeld kleine Flächen, die an die begehrten Flächen angrenzen, wird seine Kaufabsicht nämlich – wie das sonst zwingend vorgesehen ist – nicht veröffentlicht. Zum Nachteil anderer potenzieller Interessenten – in diesem Fall der Pächter.

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