Vom Luxus- zum Nutztier

Sissy Max-Theurer auf ihrem Pferdegestüt in Kematen an der Krems
Durch eine neue EU-Regelung droht Pferdehaltern eine Mehrbelastung.

Reiten ist etwas für kleine Mädchen und reiche Leute. Auf Pauschalaussagen wie diese reagiert Sissy Max-Theurer gelassen mit: "Stimmt nicht." Die Olympiasiegerin und Präsidentin des Österreichischen Pferdesportverbands (OEPS) lebt in einem Schloss samt Gestüt in Kematen an der Krems, hat 20 Pferde und 15 Hunde, eine international erfolgreiche Turnierreiterin zur Tochter und selbst eine Olympia-Goldmedaille zu Hause. Angefangen hat aber auch sie bescheiden mit einem Pferd, eingestellt bei einem Bauern.

400.000 Personen in Österreich betreiben auf vielfältige Art Sport mit Pferden. 75 Prozent der 120.000 Pferde sind bei Landwirten eingestellt. Auf sie kommen schwierige Zeiten zu, warnt Max-Theurer. Wegen einer neuen EU-Verordnung ist die Pensionspferdehaltung jetzt mehrwertsteuerpflichtig. Eine Pferdebox, die derzeit zwischen 150 und 300 Euro monatlich kostet, wird abzüglich der Vorsteuer effektiv um zehn Prozent teurer. An sich völlig korrekt, sagt OEPS-Vizepräsident Gerold Dautzenberg, doch ihm kommt es darauf an, was künftig in die Gewerbeordnung fallen soll.

Alte Tiere einschläfern

Die Landwirtschaft gehöre für ihn jedenfalls nicht dazu. "Es ist nicht einzusehen, dass Pferdehaltung anders gesehen wird als die Haltung von Rindern, Schafen oder Lamas", sagt er. Die Arbeit sei dieselbe. "Ob da jetzt Pferde auf der Weide stehen oder Kühe, macht für den Bauern keinen Unterschied."

Der OEPS rechnet damit, dass die Pferdehaltung durch die Mehrbelastung zurückgehen wird. Schon jetzt sei ihm zugetragen worden, dass einige Halter ihre alten Pferde einschläfern lassen. "Wenn man sie nicht mehr reiten kann, werden sie manchen zum Herumstehen alleine zu teuer." Daher müsse auch der Tierschutz daran interessiert sein, die Pferdehaltung nicht zusätzlich zu belasten, sagt er. Der OEPS will jedenfalls mit am Verhandlungstisch sitzen und die Interessen ihrer 50.000 Mitglieder vertreten.

Pensionspferdehaltung solle als landwirtschaftliche, nicht als gewerbliche Tätigkeit anerkannt werden. Das sei gewährleistet, erklärt Dautzenberg, wenn der Bauer in der Lage ist, den Futterbedarf selbst herzustellen. Die Haltung solle flächengebunden und ökologisch verträglich sein. So könne man in Deutschland aufgrund der Nitratwerte pro Hektar drei Pferde halten.

Vom Luxus- zum Nutztier

Viel Pferd für wenig Geld

OEPS-Präsidentin Max-Theurer ist es wichtig, dass der Pferdesport für den Mittelstand leistbar bleibt. "Ein Pferd ist ein Lebewesen, das für Kinder einen ganz hohen erzieherischen Wert hat. Als Hobby ist es Ausgleich und Naturerlebnis. Und das kann man sich auch mit wenig Geld leisten." Als Beispiel nennt sie das Modell Reitbeteiligungen: "Jemand kauft sich ein Pferd und nimmt einen Teilhaber dazu, der monatlich dafür einen gewissen Betrag bezahlt. So teilt man sich Aufwand und Kosten."

Dass dem Pferd das Image des Luxusgutes anhaftet, ist für Max-Theurer ein Kommunikationsproblem. "Öffentlich wahrgenommen wird, wenn überhaupt, der Profisport. Das ist unser Aushängeschild, aber eigentlich nur die Spitze des Eisbergs."

Häufig werde vergessen, welche Bedeutung das Pferd auch in anderen Bereichen hat. Die jährlich erwirtschaftete Summe von 2,1 Milliarden Euro wird in einer Studie von PferdAustria zwar direkt der Tourismus- und Freizeitwirtschaft zugerechnet. Nimmt man alle Berufsgruppen rund um das Pferd dazu – darunter Tierarzt, Hufschmied und Sattler – hängen davon rund 24.000 Arbeitsplätze ab. "Das muss in Zukunft mehr kommuniziert werden. Sonst heißt es nur, die Reichen mit ihren Pferden, die sollen zahlen", sagt OEPS-Vize Dautzenberg halb im Scherz.

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