Vom Höchstgericht aufs Filmset

Rollkragen im Sommer: Bei Werbung für Waschmittel kam Schmickl ins Schwitzen.
Norbert Schmickl, Budgetchef am Verwaltungsgerichtshof, zieht es in der Freizeit vor die Kamera.

Norbert Schmickl ließ sich schon im Bordell filmen. Im Hochsommer schlüpfte er freiwillig ins Wintergewand. Und in einem Rettungswagen tat er zuletzt so, als wäre er Notarzt. Konsequenzen hatte das für den Budgetchef des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) aber keine. Denn der 49-jährige Ministerialrat frönt nur seinem Hobby – oder besser gesagt: seinem Nebenjob. Schmickls große Leidenschaft ist das Filmbusiness.

Die ersten Schritte machte er ab 2006 als Komparse in Werbefilmen. Für 100 bis 350 Euro pro Dreh. In einem Imagevideo für den Flughafen Schwechat war er der Mann mit Anzug im Aufzug („den kann ich als Beamter glaubwürdig darstellen“, sagt er), für Drautaler Käse spielte er den Familienvater am Frühstückstisch und für XXX-Lutz durchstreifte er als Kunde die Küchenabteilung, während Wiener Philharmoniker in den Kästen musizierten.

Und Action!

Vom Höchstgericht aufs Filmset

Mit TV-Köchin Sarah Wiener machte der Beamte Werbung für die OMV-Märkte.

An der Filmwelt fasziniert ihn die Abwechslung – „das ist komplett konträr zu meinem Bürojob“, sagt er. Die Funktion als Bereichsleiter für Controlling, Wirtschaft und Budget am VwGH sei zwar auch „sehr spannend“. Aber so eine Filmproduktion ist halt doch was anderes. Die Action am Set, die unterschiedlichen Charaktere, die Maske, die betriebsame Hektik, das Improvisationstalent. „Die Techniker laufen da ja mit Gürteln herum – da ist so viel Werkzeug drauf wie in meiner halben Garage.“ Dank Gleitzeit ist er flexibel genug, um auch kurzfristig zu Castings gehen zu können.

Welcher Aufwand beim Film oft betrieben wird, erfuhr Schmickl unter anderem am Beispiel einer Waschmittelwerbung. Dafür wurde in einer Wiener Lagerhalle ein ganzer Fake-Supermarkt eingerichtet – die Regale voller „Palmex“. Da der Werbespot im Winter über die Bildschirme flimmern sollte, war der Dreh im Hochsommer angesetzt, erinnert sich Schmickl. „Und wir mussten den ganzen Tag in der größten Hitze mit Mantel, Rollkragenpullover, Schal und Handschuhen mit dem Einkaufswagen herumfahren. Ich hab’ derartig geschwitzt, dass ich permanent mit dem Föhn getrocknet werden musste.“

Ein bisschen mehr schauspielern durfte der Beamte auch in einem Imagefilm, der anlässlich der Viva-Markt-Eröffnung auf OMV-Tankstellen gedreht wurde. An der Seite von TV-Köchin Sarah Wiener mimte er den örtlichen Filialleiter. Und auch die Wertgutscheine für besagte Märkte ziert zum Teil Schmickls Konterfei.

Davon abgesehen war er in Werbespots für Billa, Neuroth und Mömax zu sehen. Doch die Komparserie ist Geschichte. „Mit öfteren Engagements wird man wählerischer“, erzählt der Niederösterreicher aus Regelsbrunn im Bezirk Bruck/Leitha.

Vom Höchstgericht aufs Filmset

Unter der Regie von David Schalko (re.) mimte der Ministerialrat einen Notarzt

Oscar-nominiert

Also bewarb sich der bei drei Modelagenturen gelistete Statist für erste kleine Nebenrollen – und wurde just für einen Spielfilm engagiert, der später für den Oscar nominiert wurde. In Götz Spielmanns „Revanche“ mit Johannes Krisch, Ursula Strauss und Andreas Lust in den Hauptrollen war er der Geschäftsmann im Bordell. Text aufzusagen hatte er da zwar nicht, aber das tat der Begeisterung keinen Abbruch.

„Bei solchen Dreharbeiten ist Geduld gefragt, wenn die einzelnen Szenen immer und immer wieder aus verschiedenen Perspektiven gedreht werden“, schildert Schmickl. Davon abgesehen komme man mit den professionellen Schauspielern in Kontakt – und könne sich für weitere Projekte ins Gespräch bringen. „Weil in der Filmwelt lebt man von der Eigeninitiative“, sagt er.

Bei einem weiteren Auftritt in einem ominösen US-amerikanischen Dinosaurier-Film, der in Traismauer gedreht, aber nie veröffentlicht wurde, floh Schmickl als Teil einer hysterischen Masse vor einem T-Rex. Bevor er zuletzt für die TV-Miniserie „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ von Starregisseur David Schalko gecastet wurde.

Wenn die Episoden Anfang 2019 auf Sendung gehen, werden die Zuschauer auch einen Notarzt sehen, der Hauptdarsteller Lars Eidinger im Rettungswagen stabilisiert und künstlich beatmet. Die Rolle ist Schmickl auf den Leib geschneidert. Als Bezirksstellenleiter beim Roten Kreuz Bruck/Leitha beherrscht er jeden Handgriff aus dem Effeff.

Sein Auftritt mag kurz sein, doch die drei Stunden gemeinsam mit Schauspielerkollegen, Kameramann, Licht- und Tontechnikern zu siebent in einem Rettungsauto gehören zu den bisherigen Highlights seiner Filmkarriere. Da die Szene in der Nacht spielt, aber am helllichten Tag gedreht werden musste, war der Wagen komplett abgedunkelt, erzählt Schmickl.

Vom Höchstgericht aufs Filmset

Ein Erinnerungsfoto für daheim: In der Maske zu sitzen, wird nie zur Gewohnheit

Bekannt, erkannt

Mit dem kleinen bisschen Ruhm komme auch das Immer-öfter-erkannt-Werden. Seine Freunde und Bekannten seien interessiert bis neugierig, sagt der Niederösterreicher. „Aber darum geht es mir nicht. Für mich zählt nur die Freude an der Abwechslung.“

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