Verwaltungsgerichtshof hat entschieden: A22-Ausbau bleibt ungeprüft

Der A22-Ausbau spielt in dem Konzept, das auf 10 bis 15 Jahre ausgelegt ist, kein Rolle.
Zusammenfassung
- Verwaltungsgerichtshof entscheidet gegen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für A22-Ausbau nach acht Jahren Rechtsstreit.
- Hauptargument: Ausbau ist kein Neubau, und ästhetische Beeinträchtigungen reichen nicht für eine UVP.
- Asfinag plant weitere Schritte im Bauprogramm, während Stadt und Bürger weiter Einfluss auf das Projekt nehmen wollen.
Es ist ein Kampf, der acht Jahre angedauert hat. Und der nun in einem entscheidenden Satz gegipfelt ist: „Die Revision wird als unbegründet abgewiesen“, heißt es in einer Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs. Für Stockerau bedeutet das: Es wird keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für den A22-Ausbau geben. Ein Ziel, das sowohl die Stadtgemeinde als auch engagierte Bürger jahrelang über den Rechtsweg verfolgten.
Die Vorgeschichte: Schon seit 2009 hegt die Asfinag Pläne, die Donauufer-Autobahn A22 auszubauen. Denn eines war schon damals klar: Weniger wird der Verkehr auf der Strecke, die das Weinviertel mit dem Norden von Wien verbindet, nicht. Deshalb sollten aus vier Spuren insgesamt sechs werden, also eine Spur mehr je Fahrtrichtung.
Drei Rechtsgänge
Wofür auch viele Fakten sprechen: Bei Stockerau laufen insgesamt vier hochrangige Straßen – A22, S3, S5 und B4 – zusammen. Unfälle sind auf diesem Teilstück also vorprogrammiert. Außerdem verläuft die A22 bis Stockerau-Ost bereits sechsspurig; ein Ausbau ist also nur die logische Konsequenz.
Dass die A22 ausgebaut werden muss, stand aber auch nie zur Debatte. Stadtgemeinde und Bürger sahen das Projekt ebenso als notwendig wie die Asfinag, die das Vorhaben – nach einer Zwangspause durch die Finanzkrise – 2016 wieder aufgriff und umplante. Woran sich jedoch von Anfang an die Geister schieden, waren die Schutzmaßnahmen, die die Asfinag für das Ausbauprojekt plante.
Denn Stockerau – und damit die A22 – hat eine besondere Lage: Auf der einen Seite der Autobahn liegt das Stadtgebiet, und zwar in unmittelbarer Nähe der Fahrbahn. Auf der anderen Seite erstreckt sich die Stockerauer Au, die ein Natura-2000-Gebiet und damit sogar europarechtlich geschützt ist. Wo, wenn nicht dort, bräuchte es also eine Umweltverträglichkeitsprüfung? Das sagten sich zumindest die Stockerauer.
Enttäuschung
2017 wurde die Bürgerinitiative „Tunnel und Grüner Übergang“ gegründet, die sich zunächst für eine Eintunnelung der Fahrbahnen einsetzte. In den nächsten Jahren wurde sie jedoch – gemeinsam mit der Stadtgemeinde und durch eine akribische Einarbeitung in das komplexe Thema – zu Vorreitern im Kampf für eine UVP. Denn um nichts anderes ging es in dem Rechtsstreit, der in den vergangenen acht Jahren drei Rechtsgänge erforderte und nun vom Verwaltungsgerichtshof beendet wurde.
„Diese Entscheidung hat sich schon abgezeichnet. Dennoch ist sie für uns ernüchternd, und ja, auch enttäuschend“, gibt ÖVP-Bürgermeisterin Andrea Völkl unumwunden zu. Entscheidend sei in dem Verfahren gewesen, dass die Asfinag ihre Pläne geändert und das Naturschutzgebiet Au unberührt gelassen hat. Seitens der Stadtgemeinde sei viel Geld in den Rechtsstreit um eine UVP geflossen. „Wir haben versucht, alles für die Bewohner herauszuholen“, sagt Völkl.
„Diese Entscheidung hat sich schon abgezeichnet. Dennoch ist sie für uns ernüchternd, und ja, auch enttäuschend.“
ÖVP-Bürgermeisterin
Auch die Bürgerinitiative hat viel Geld in die Sache gesteckt, durch eine Vereinsgründung wurde sie durch Spenden unterstützt. Aussichtslos sei der Kampf aber keinesfalls gewesen, wie Martin Fischer, Anwalt der Bürgerinitiative, sagt. „Das Bundesverwaltungsgericht hat einer UVP im Laufe des Verfahrens zweimal zugestimmt“, erinnert er. Beide Entscheidungen wurden seitens der Asfinag mit Revisionen bekämpft. Dass der Verwaltungsgerichtshof jetzt gegen eine UVP entschieden hat, ist rechtskräftig – und damit zu akzeptieren, so Fischer.
„Die Planungen müssen im Zuge der Erstellung des kommenden Bauprogramms evaluiert werden.“
Asfinag
Entscheidend waren für den Verwaltungsgerichtshof vor allem zwei Faktoren: Der Ausbau könne nicht als Neubau bewertet werden, was eine UVP vorausgesetzt hätte. Außerdem war das Landschafts- bzw. Ortsbild ein Streitpunkt; vereinfacht gesagt, würden ästhetische Beeinträchtigungen als Argument nicht ausreichen, erst eine gesundheitliche Beeinträchtigung hätte eine UVP notwendig gemacht. Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte damit die letzte Entscheidung in der Causa, die am 14. Juni 2024 gefällt wurde.
Sanierung statt Ausbau
Für die Asfinag beginnen mit dieser Rechtssprechung erst die eigentlichen Planungen. „Im aktuellen Bauprogramm ist das Projekt nicht enthalten, die weiteren Planungen rund um das Vorhaben müssen nun im Zuge der Erstellung des kommenden Bauprogramms evaluiert werden“, so Sprecher Walter Mocnik.
Die Fahrbahn sei mittlerweile aber in einem so schlechten Zustand, dass im Vorjahr mit einem Sanierungsprojekt auf der A22 begonnen wurde. Dieses ging mit dem gestrigen Dienstag in die finale Phase.
So einfach aufgeben werden die Stockerauer aber nicht; sowohl die Stadt als auch die Bürger wollen bei der Ausgestaltung des Ausbaus mitreden. Eine Möglichkeit dafür bieten die materienrechtlichen Verfahren. Und auch die Forderung nach einer Temporeduktion auf der A22 bleibt aufrecht: „Der Teilbereich ist wie eine Stadtautobahn. Damit ließe sich rasch eine Lärmreduktion erzielen“, argumentiert Fischer.
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