Versuchter Mord an Schwester: 29-Jähriger schuldig gesprochen

Eine Aufnahme vom Kremser Schwurgerichtssaal von außen.
Der Angeklagte hatte seine Schwester auf offener Straße in Krems attackiert. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Am Landesgericht Krems sah sich ein bereits mehrfach vorbestrafte Mann am Mittwoch mit einer Anklage wegen versuchten Mordes konfrontiert. Darüber hinaus wurden dem 29-Jährigen im Schwurgerichtssaal die Delikte der gefährlichen Drohung und der Körperverletzung zur Last gelegt. Grund dafür war ein Vorfall am 14. April.

An diesem Tag geriet der Angeklagte zunächst mit seiner Frau und seiner Schwester aneinander, bevor es abends zu einem weiteren Zusammentreffen der Geschwister kam. Ein erneutes Streitgespräch eskalierte. Wie das Opfer und mehrere Zeugen bereits am ersten Verhandlungstag Anfang August aussagten, ging der 29-Jährige auf seine Schwester los.

Er soll sie unter anderem zu Boden gestoßen, an den Haaren gezogen, mit dem Tod bedroht und ihren Hinterkopf wiederholt auf den Asphalt geschlagen haben. Einige Anwesende versuchten, dazwischenzugehen – ein Mann wurde dabei selbst von einem Faustschlag des Angeklagten getroffen. Schließlich gelang es, die Geschwister zu trennen. Das Opfer erlitt leichte Verletzungen.

Persönlichkeitsstörung

Der Fall kam erstmals am 5. August vor Gericht und wurde damals vertagt, um ein Gutachten zur Zurechnungsfähigkeit des Mannes einzuholen. Die Ergebnisse präsentierte der Sachverständiger nun am zweiten Prozesstag. 

Der Gerichtspsychiater schilderte, dass der Angeklagte unter prekären familiären Verhältnissen aufwuchs und ab seinem achten Lebensjahr in einem Heim lebte. Eine abgeschlossene Ausbildung hat er nicht; Arbeitsverhältnisse hielten meist nicht länger als ein Jahr. Hinzu kommt ein exzessiver Alkoholkonsum.

Der Psychiater stellte fest, dass die Delikte des Mannes zunehmen und eine Eskalationstendenz bestehe. Es liege nicht nur ein Suchtproblem, sondern ein tieferliegendes Persönlichkeitsproblem vor. Zwar sei bei den durchgeführten Taten ein freier Wille gegeben gewesen, gleichzeitig sei die Steuerungsfähigkeit eingeschränkt. Der Sachverständige riet daher zur Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum.

Der 29-Jährige selbst bekannte sich hinsichtlich der Körperverletzung teilweise schuldig. Die übrigen Anklagepunkte wies die Verteidigung zurück. Sein Anwalt bezeichnete den Vorwurf des versuchten Mordes als „inhaltlich nicht haltbar“. Dass sein Mandant der Schwester mit dem Tod gedroht habe, habe niemand außer der Schwester selbst ausgesagt. „Eigentlich war das eine etwas brutale Rauferei“, so die Verteidigung.

15 Jahre Haft

Die Staatsanwältin wies hingegen darauf hin, dass der leichte Grad der Verletzungen nicht auf den Angeklagten, sondern auf das Eingreifen eines Zeugen zurückzuführen sei. Der Mann hatte verhinderte, dass die Schläge und Tritte mit voller Kraft ausgeführt werden konnten. Ihrer Ansicht nach galt es die Frage zu berücksichtigen: "Was wäre passiert, hätte niemand eingegriffen?" 

Die Anwältin der Schwester ergänzte, dass der Vorfall weiterhin "massive Auswirkungen auf das Leben des Opfers" habe. Sie forderte 10.000 Schmerzensgeld und umfassendes Kontaktverbot, sollte der Angeklagte nicht inhaftiert werden.

Nach ein paar Stunden Bedenkzeit wurde der 29-Jährige seitens der Geschworenen einstimmig des versuchten Mordes für schuldig befunden. Vom Gericht wurden 15 Jahre Haft und die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum angeordnet. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. 

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